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Die Macht Der Könige

Titel: Die Macht Der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Vorfall fand man nie heraus, wer Rorem aus welchem Grund getötet hatte.
    Das Problem bestand darin, daß Rounsnouf, der Komiker der Truppe, der einzige verfügbare Darsteller für diese Rolle war, und Rounsnouf hatte das Wilde Einhorn entdeckt.
    Natürlich hatte jede Stadt ihre schäbigen Kaschemmen, aber das Wilde Einhorn war etwas Besonderes!
    »Meister Feltheryn, ich habe noch nie so viele großartige Charakterstudien machen können! Der Laden ist eine Schatzkammer! Ich könnte dort leben, jede kleine Bewegung der Gäste in mich aufsaugen, die besonderen Akzente und Nuancen ihrer Sprache! Da gibt es einen dunkelhaarigen Jungen, ein großer Angeber mit einer Unzahl von Messern bestückt, der trotzdem eine wunderbare Verletzbarkeit besitzt. Ich würde ihm nicht eine Handbreit über den Weg trauen, und trotzdem habe ich ihn ins Herz geschlossen. Da war eine junge Frau, eindeutig von höchster Geburt und doch wie ein Gladiator ausgebildet! Kannst du dir das vorstellen? Ich habe es gewagt, sie anzusprechen, und sie hat mir erzählt, daß sie aus freiem Willen zu kämpfen gelernt hat! Wie faszinierend! Oh, wie sehr ich mir wünsche, daß du mich dorthin begleitest!«
    Es waren nicht der Wein oder das Dunkelbier, die Feltheryn Böses ahnen ließen, es waren die verführerischen Beobachtungsmöglichkeiten, die die Taverne bot. Während alle Schauspieler viel Zeit damit verbrachten, die unterschiedlichen Charaktermerkmale ihrer Mitmenschen zu studieren, war es bei Rounsnouf wie eine Gier, die andere Menschen auffraß. Er benutzte alle Beobachtungen, die er gemacht hatte, bei seiner brillanten Arbeit auf der Bühne, aber wenn man ihn hinter der Bühne oder abseits des Theaters traf, war es immer beunruhigend. Glisselrand sagte, daß sie ihn nur äußerst ungern allein mit Lempchin zurückließ, nicht weil sie fürchtete, der Komiker könnte es mit dem Jungen treiben, sondern weil sie sich fragte, ob sie Lempchin nicht irgendwann einmal im Schmortopf vorfinden würde, wenn sie wieder nach Hause kam.
    »Wie kommst du mit deiner Rolle voran?« erkundigte sich Feltheryn, wobei er sich nicht so sehr auf die Antwort eines Betrunkenen verließ, sondern vielmehr darauf vertraute, daß der Wein die Wahrheit ans Licht bringen würde.
    »Bis zur Eröffnung werde ich sie gelernt haben«, versicherte Rounsnouf. »Keine Angst! Es ist schließlich nur eine kleine Rolle.«
    »Ja«, sagte Feltheryn, »aber es ist eine wichtige Rolle, und es ist keine Komödie, sondern eine Tragödie. Vielleicht sollte ich dich daran erinnern, daß du sie bereits gespielt und damit nicht gerade eine Glanzleistung vollbracht hast. Ich wäre dir dankbar, wenn du bis zu unserer Eröffnung auf deine Beobachtungen verzichten und dich auf die Arbeit konzentrieren könntest. Das Wilde Einhorn wird nicht annähernd so schnell wie unser Stück verschwinden.«
    Rounsnouf setzte sich auf den Boden. Er schloß die viel zu dicht zusammenstehenden Augen und gähnte. Dann kratzte er sich den Kugelbauch unter der buntscheckigen Tunika.
    »Ich nehme an, du hast recht«, stimmte er entschieden zu bereitwillig zu. »Ich möchte in der Lage sein, Rorems Todesmonolog zu rezitieren, ohne dabei in Gelächter auszubrechen. O du, dessen Blut in meinen Adern fließt, viel näher mir noch als jeder Bruder. Du, dessen Blut ich wählte gegen den Ruf der Natur...«
    Er prustete los, kippte nach hinten, und seine Beine hoben sich, so daß die für seinen Körper viel zu kleinen Füße in der Luft herumwackelten.
    »Das hört sich an, als müßte er dringend aufs Klo!«
    Feltheryn unterdrückte ein Lachen. Wenn man die Passage aus dem Zusammenhang gerissen hörte, hatte der kleine Komiker recht.
    »Komm, Rounsnouf«, sagte er, streckte dem kleinen Mann die Hand entgegen und half ihm auf. »Ich glaube, wir sollten jetzt besser ins Bett gehen, bevor wir das ganze Haus aufwecken.«
    »Laß mich mal sehen.«, sagte der Komiker, als er wieder auf den Füßen stand und sich schüttelte. »So ist der Junge gegangen.«
    Und er stieg ohne jede Hilfe die Treppen empor, glitt geschmeidig wie der dunkle Meisterdieb Freistatts dahin.
    Feltheryn setzte sich und dachte nach. Rounsnouf hatte sich schon zweimal derartig in seine Studien vertieft, daß er die Aufführungen völlig versäumt hatte. Das durfte ihm nicht wieder passieren, zumindest nicht in diesem frühen Stadium. Man konnte ihn aber auch nicht im Theater einsperren oder ihn unter Druck setzen. Denn dann schmollte er nur und lieferte eine

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