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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gehen kann, ohne mich von Héctor zu verabschieden.
    Ich nehme mir die Jacke eines anderen Mädchens vom Haken – eine Jacke mit Kapuze – und schreibe Adelina eine kurze Nachricht:
Muss noch jemandem im Dorf Auf Wiedersehen sagen.
    Kalte Luft hüllt mich ein, als ich die schwere Doppeltür öffne. Sobald ich die Streifenwagen und Nachrichtenfahrzeuge auf der Calle Principal sehe, fühle ich mich besser. Bei so vielen Zeugen werden die Mogadori nicht wagen anzugreifen. Mit über den Kopf gezogener Kapuze laufe ich die Straße entlang. Die Tür zu Héctors Haus steht einen Spalt offen. Ich klopfe zögernd an den Türrahmen. »Héctor?«
    »Hallo?«, antwortet eine Frau.
    Dann wird die Tür von Héctors Mutter, Carlotta, geöffnet. Das schwarzgraue Haar ist sorgfältig frisiert, ihr Gesicht gerötet. Sie lächelt. Sie trägt ein hübsches rotes Kleid und eine blaue Schürze. Das ganze Haus riecht nach Kuchen.
    »Ist Héctor zu Hause, Señora Ricarda?«, frage ich.
    »Mein Engel«, sagt sie. »Mein Engel ist zurückgekommen.«
    Offenbar erinnert sie sich daran, was ich für sie getan und wie ich ihre Krankheit geheilt habe. Es ist mir unangenehm, wiesie mich ansieht, doch als sie sich herunterbeugt, um mich zu umarmen, kann ich mich nicht entziehen. »Mein Engel ist zurückgekommen«, sagt sie noch einmal.
    »Ich bin so froh, dass es Ihnen besser geht, Señora Ricarda.«
    Es ist überwältigend, wie die Tränen an ihren Wangen herunterlaufen. Auch meine Augen werden feucht. »Gern geschehen«, flüstere ich. Hinter Carlotta höre ich plötzliche eine Katze miauen, und als ich mich hinunterbeuge, kommt mir Erbe aus der Küche entgegengelaufen. Von seinem Bart tropft Milch. Schnurrend schleicht er um meine Beine, während ich sein dichtes Fell kraule.
    »Seit wann haben Sie eine Katze?«, frage ich.
    »Heute Morgen ist er an meine Tür gekommen. Er ist so süß. Ich habe ihn Feo getauft.«
    »Schön, dich zu sehen, Feo.«
    »Er ist ein lieber Kater«, sagt sie und stemmt die Hände in die Hüften. »Ganz schön hungrig, der Kleine.«
    »Wie schön, dass er zu Ihnen gekommen ist. Carlotta, es tut mir leid, aber ich muss bald wieder los. Ich würde gern mit Héctor sprechen. Ist er zu Hause?«
    »Er ist im Café«, antwortet sie. Die Enttäuschung über Héctors frühmorgendliche Zechtour steht mir anscheinend ins Gesicht geschrieben, denn Carlotta fügt hinzu: »Nur Kaffee. Er trinkt nur noch Kaffee.«
    Ich umarme sie zum Abschied und sie küsst mich auf die Wangen.
    Das Café ist gut besucht. Ich strecke die Hand nach dem Türgriff aus, doch in dem Augenblick, in dem ich die Tür öffnen will, erstarre ich mitten in der Bewegung. Héctor sitzt an einem kleinen Tisch, aber ich nehme ihn nur am Rande meines Gesichtsfelds wahr. Mein Blick klebt an der Person, die ihm gegenübersitzt. Es ist der Mogadori von gestern Abend. Zwar ister jetzt frisch rasiert und sein dunkles Haar hat eine kastanienbraune Farbe, aber es gibt keinen Zweifel. Er ist noch immer genauso groß, muskulös und breitschultrig wie vorher. Genauso grübelnd und düster, mit denselben buschigen Augenbrauen. Ich brauche keine Beschreibung des Mörders, um zu wissen, dass der Kerl ihr genau entspricht, ob er nun seine Haare gefärbt hat oder nicht. Mit oder ohne Schnauzbart.
    Ich lasse den Türgriff wieder los und weiche zurück.
Oh, Héctor,
denke ich.
Wie konntest du nur?
Meine Beine zittern und mein Herz rast. Während ich ihn weiter anstarre, dreht sich der Mogadori plötzlich zum Fenster und entdeckt mich. Mir wird eiskalt. Die Welt scheint stehen zu bleiben. Ich bin gefangen, an Ort und Stelle festgeklebt, kann keinen Muskel mehr rühren. Der Mogadori beobachtet mich, was Héctor veranlasst, sich ebenfalls umzudrehen. Als ich sein Gesicht sehe, komme ich wieder zur Besinnung.
    Rückwärts stolpere ich über die Straße, drehe mich um und renne weg. Nach ein paar Metern höre ich, wie sich die Cafétür öffnet, aber ich sehe mich nicht um. Wenn es der Mogadori ist, der mir folgt, dann will ich es nicht wissen.
    »Marina!«, ruft Héctor. »Marina!«
    ***
    Vier Polizisten bewachen mich. Mit den Fingerspitzen berühre ich die schweren Ketten. Wenn ich wollte, könnte ich sie sicher zerbrechen oder einfach Telekinese benutzen, um die Handschellen zu öffnen. Aber der Gedanke an Sarah dämpft meine Energie für ein solches Vorhaben.
Sie kann mich doch nicht wirklich verraten haben. Bitte lass es sie nicht gewesen sein.
    Die Fahrt dauert zwanzig Minuten.

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