Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky
Stirn, als ich mich an die Kopfschmerzen erinnerte, die ich allein schon von dem telepathischen ›Ortsgespräch‹ bekommen hatte. Und ich durfte O’Halloran nicht vergessen. Würde er seine Abschirmung auch jetzt noch aufrechterhalten, wo wir außer Reichweite waren? Er wusste, dass ich nur über bescheidene Savant-Kräfte verfügte, rechnete also vermutlich nicht damit, dass ich mich an ein solch ehrgeiziges Vorhaben wagte, aber falls er auf Nummer sicher ging und meine ungeschickten Versuche aufflogen, wäre er stinksauer und würde mich bestrafen.
Feuerwerksraketen stiegen in der Ferne in den Himmel, bestimmt waren sie Teil des Unterhaltungsprogramms eines der anderen Kasino-Hotels. Mein Hotel hieß ›The Fortune Teller‹: Ich konnte das Spiegelbild der rotierenden Kristallkugel auf dem Dach in den Fenstern des Gebäudes gegenüber sehen. Das Hotel war erst in Teilen fertig gestellt. T-förmige Kräne wachten über die Konstruktion - über die Büros, Apartments und Einkaufspassagen, die auf das Ende der Rezession warteten, damit ihre Eisenträger-Skelette endlich ein ansehnlicheres Outfit bekamen. Auf dem Gelände zu meiner Rechten lag Bauschutt herum, der von Unkraut bewuchert war, ein Hinweis darauf, wie lange das Bauvorhaben bereits stockte - etwas, was der Hoteleigentümer, in Anbetracht des Namens ironischerweise, nicht vorhergesehen hatte. Den Tipp eines Savants hätte er vielleicht gut gebrauchen können.
Ich schlang die Arme um den Körper. Ich vermisste Zed mit einer Heftigkeit, die mich überraschte. Im Gegensatz zu meinem Freund wusste ich nicht, was die Zukunft bereithielt. Ich musste das Risiko eingehen, O’Halloran zu verärgern, aber ich konnte meine Erfolgschancen verbessern, indem ich mein Vorhaben auf eine Zeit verlegte, in der er schlief. Ich schaute auf meine Uhr: Es war Mitternacht. Ich würde bis zu den frühen Morgenstunden warten, bevor ich loslegte.
Ich wandte mich vom Fenster ab und betrachtete aufmerksam mein Zimmer auf der Suche nach irgendetwas, was hilfreich für mich sein könnte. Ich hatte meinen Skianzug bereits ausgezogen, da mir darin viel zu warm gewesen war. Ich hatte den Hotelbademantel übergeworfen, brauchte aber dringend etwas anderes zum Anziehen, da ich mich, lediglich mit Skiunterwäsche bekleidet, ein bisschen im Nachteil fühlte. Auf einem der Kissen lag säuberlich zusammengelegt ein Nachthemd. Ich schüttelte es auf: Es war mit dem Hotellogo versehen und sah aus wie eines der Mitbringsel, die man im Souvenirshop erstehen konnte. Ich fragte mich, ob vielleicht noch weitere davon vorhanden waren, und öffnete den Schrank, in dem ich einen Stapel T-Shirts und Shorts fand. Hieß das etwa, dass sie einen längeren Aufenthalt für mich geplant hatten?
Das war alles zu viel für mich. Ich fühlte mich verloren und völlig zerfahren. Die wunderbar gestochen scharfe Wahrnehmung, die ich mit Zed hatte, war dahin und ich verfiel wieder in meine alten, wirren Manga-Bilder, grob gezeichnet und in stumpfer Farbe. Erst jetzt, da wir Hunderte von Meilen voneinander getrennt waren, wurde mir bewusst, dass es für mich schon selbstverständlich gewesen war, ihn stets in meiner Nähe zu wissen. Auch wenn wir nicht viel Zeit zusammen verbrachten, so hatte ich dennoch immer die Gewissheit, dass er da war. Er erdete mich und nahm allem, was ich über die Savant-Welt erfuhr, den Schrecken. Jetzt waren meiner Angst und meinen wilden Mutmaßungen Tür und Tor geöffnet. Zed war mein Schutz gewesen und nicht die Abschirmungen, die ich versucht hatte, in meinem Kopf zu errichten.
Ohne dass ich mir dessen bewusst gewesen war, hatte er bereits die ganze Zeit als mein Seelenspiegel agiert, auch wenn ich ihn als solchen nicht anerkannt hatte. Jetzt war es zu spät, ihm das zu sagen.
Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht konnte ich ihn erreichen.
Erschöpfung überkam mich. Mir verschwamm die Sicht vor Augen, ich fing an zu taumeln und hielt mich an der Schranktür fest. Wenn ich genug Kraft für die Durchsetzung meines Plans haben wollte, brauchte ich ein bisschen Schlaf. Schon ein paar Stunden würden einen gewaltigen Unterschied machen. Schnell zog ich das Nachthemd an, stellte den Wecker neben mein Bett und schlüpfte zwischen die Satinlaken.
Die Neonlichter draußen blinkten noch immer, als ich drei Stunden später vom Schrillen des Weckers aus dem Schlaf gerissen wurde. Ein Polizeihubschrauber kreiste kurz über dem Gebäude, dann drehte er in Richtung Norden ab. Auf der
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