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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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würde. Er war ein alter Mann, der von der Sonne ausgedörrt wurde und seiner Tochter nichts bieten konnte. Es wäre am besten, wenn sie ging.
    Aber der Verrat war real und schmerzte ihn doch. Es war eine harte Zeit, die den Menschen sehr viel abverlangte. Bald, so überlegte er, würde er entweder sterben oder weggehen, wobei er aber bezweifelte, daß er im Alter von fünfundfünfzig Jahren schon reif zum Sterben war.
    Im Augenblick jedoch hatte er nur das Verlangen, auf der Veranda zu sitzen und sich zu fragen, wie lange es noch dauerte, bis Gott-der- Schlachtenlenker zu einer toten Wüstenwelt wurde.
    Das Gewitter zog näher. Die Blitze standen schon beinahe über dem Haus, noch lautlos, aber hell genug, um die Bäume, den Gartenzaun und die Straße mit der Helligkeit zweier Vollmonde auszuleuchten.
    Sie standen auf der Straße, diesmal zu zweit. Der eine, der sich Kahn nannte und der große Bursche mit dem Kopf unter dem Arm. Arthur war zu müde, um Verwunderung zu empfinden.
    »Kommt schon«, rief er in die heiße Dunkelheit. »Ich fühle mich selbst schon zur einen Hälfte wie ein Verrückter und zur anderen wie ein Geist. Kommt!« Er winkte sie zu sich herüber.
    Als sie noch etwa fünf Meter von der Veranda entfernt waren, wurden sie vom trüben Schein der hinter dem Fenster stehenden Petroleumlampe erfaßt. Der große Mann war in der Tat furchteinflößend, wirkte eher wie der Leichnam eines Riesen als ein Mensch und trug denselben Kopf bei sich, den Arthur zuvor bereits gesehen hatte. Kahn hatte sich, außer der Tatsache, daß er schmutzig war, im Laufe der zwei Tage nicht verändert.
    »Wir brauchen deine Hilfe«, sagte Kahn und trat näher. »Wo ist deine Tochter?«
    »In der Stadt.«
    »Jemand muß uns sagen, auf welchem Weg wir nach Wiederauferstehung gelangen können. Das hier ist Jeshua.« Er deutete auf ihn, und der Riese nickte Arthur zu.
    »Wollt ihr mir denn nicht den Kopf vorstellen?«
    »Mein Name ist Thinner«, sagte dieser. Arthur versteifte sich und zog sich auf die nächsthöhere Treppenstufe zurück.
    »Wenn ich nach Wiederauferstehung gelange, kann ich zumindest versuchen, die Dinge wieder ins Lot zu bringen«, sagte Kahn. »Angesichts der Probleme, vor denen du stehst, wirst du die Dringlichkeit der Angelegenheit sicher begreifen.«
    »Meine Probleme gehen nur mich etwas an. Sie beschäftigen mich schon seit langem, und ich glaube nicht, daß du sie lösen kannst. Haben sie dich ins Gefängnis gesteckt?«
    Kahn nickte. »Ich habe Jeshua und Thinner dort getroffen.«
    »Sie sind Stadt-Teile, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Und du bist keins.«
    »Er ist der Architekt«, erläuterte Jeshua.
    »Das habe ich auch schon gehört. Ihr müßt nach Ibreem gehen, um die Polis zu finden. Ibreem liegt hinter der Grenze, im Westen, vielleicht fünfzig, sechzig Kilometer entfernt. Orientiert euch einfach nach Westen.«
    »Ich schätze, wir benötigen präzisere Angaben. Straßen… Landmarken…«
    »Ich bin noch nie dort gewesen«, sagte Arthur. »Ich habe nur Berichte gehört. Oh, an der Grenze bin ich aber schon gewesen. Alle Straßen führen nach Westen. Wie bist du ihnen überhaupt entkommen?«
    »Mit Jeshuas Hilfe«, entgegnete Kahn. »Einfach nach Westen, ja?« Er zeigte in die entsprechende Richtung.
    »Nein, eher diese Richtung«, korrigierte Arthur ihn.
    »Wir haben jetzt überwiegend Westwind. Früher kam er von Osten.«
    »Danke für deine Gastfreundschaft und dafür, daß du versucht hast, mir zu helfen«, sagte Kahn. »Ich werde dir diese Gefälligkeit nicht vergessen.«
    Arthur wandte den Blick ab. »Dafür habe ich die Quittung bereits erhalten. Aber ich weiß das trotzdem zu würdigen.«
    Das riesige Stadt-Teil hatte ihn unverwandt mit hochgezogener Braue gemustert, als ob er in Gedanken versunken wäre. »Ist dein Name Daniel?« fragte Jeshua, als Kahn gerade gehen wollte.
    »So ist es. Arthur Sam Daniel.«
    Jeshua lächelte. »Ich kannte deinen – Urgroßvater, oder war es der Ururgroßvater? Ein Mann namens Sam Daniel der Katholik.«
    »Ich habe von ihm gehört«, sagte Arthur. »Er gilt als der große Mann unserer Familie. Aber das ist vielleicht hundert Jahre her.«
    »Das Zeitalter der Wunder steht bevor«, verkündete Jeshua. »Dein Vorfahr war ein ehrenwerter Mann, und eines Tages würde ich gerne erfahren, wie es ihm ergangen ist.«
    Sie verschwanden in der Dunkelheit, bis sie nur noch vom diffusen Sternenlicht beschienen wurden. Arthur schlotterte auf der Veranda, als ob er

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