Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
Kreuz aus zwei Zylindern, das von einer Hofstädter-Figur gekrönt wurde – dem Zentralturm dort.« Er zeigte auf ihn. Der Mond zog gerade hinter dem Turm vorbei. Die oberen Galerien und einige Sektionen der gekreuzten Zylinder waren kollabiert, was den Turm um so mehr zur Geltung brachte. »Sind alle Städte so gestorben, als Ganzes?«
    »Nicht, daß ich wüßte«, antwortete Kahn.
    »Die meisten haben sich zerlegt und sind abgewandert«, sagte Jeshua. »So sind sie dann auch gestorben, fragmentiert. Nur wenige Städte sterben als Einheit. Mandala zum Beispiel. Die Stadt hat einfach den Dienst quittiert, zunächst jeweils einige Sektionen simultan, und schließlich alles… außer Thinner und mir.«
    »Ursprünglich sollten die Teile sich nur dann selbständig machen, wenn die Stadt sich rekonfigurierte. Das war neu – Mauern, die sich autonom bewegten. Wir konnten es tun, also taten wir es.« Er lachte hysterisch.
    »Du hast eine Hof… Hofstadt-Figur erwähnt?« Arthur runzelte die Stirn. »Ich weiß, was ein Zylinder ist, ein Brunnen ist nämlich der Querschnitt eines Zylinders, aber…«
    »Der Turm war ein Hologramm, das aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln drei verschiedene Darstellungen zeigte. Der Turm von Bruderschaft präsentierte Porträts von Christus, Thomas von Aquin und George Pearson.«
    »Wer waren Pearson… und von Aquin?« fragte Arthur.
    »Von Aquin war ein Philosoph auf der alten Erde. Pearson war derjenige, welcher den Erwerb von Gott-der- Schlachtenlenker arrangiert hatte. Kahn erinnerte sich an die heftigen Auseinandersetzungen, die zwischen ihnen stattgefunden hatten. Pearson hatte sich selbst zum Oberhirten aller Juden, Christen und Moslems von Gott-der- Schlachtenlenker ernannt; zu der Zeit, als Kahn sich in den Block hatte laden lassen, hatte Pearson sich als Eremit in die von asiatischen Juden bewohnte Stadt Thule zurückgezogen.«
    »Wen können wir aus dieser Perspektive sehen?« fragte Arthur. Kahn drehte sich um und schaute in die angegebene Richtung.
    »Das ist Pearson«, erklärte er. »Auf seine Art ist er für die jetzige Situation genauso verantwortlich wie ich.«
    Einen Augenblick war Arthur verwirrt. Das war mehr als nur eine Besichtigungstour – es war, als ob er, für eine Sekunde, tatsächlich zu intensiv in den Spiegel geschaut hätte – in den Spiegel der Geschichte von Gott-der- Schlachtenlenker, und darin ein runzliges, monumentales Gesicht gesehen hätte, in dessen Augen sich das Mondlicht spiegelte und das ihn gütig anlächelte.
     
    Sie waren keinen Kilometer mehr von der Grenze entfernt. Sie wanderten nicht direkt auf der Straße, sondern folgten ihr in einem gewissen Abstand, als sie auf das Lager stießen. Ein Mann in brauner Baumwollhose und ärmellosem Hemd, der einen breitkrempigen runden Hut trug, erteilte in einem melodischen Tenor Anweisungen. Vier weitere Personen – eine etwa gleichaltrige Frau, zwei halbwüchsige Jungen sowie ein junges Mädchen – bauten ein großes Zelt ab und verluden es auf einen Lkw.
    Arthur, Jeshua und Kahn sahen aus der Deckung eines verdorrten Busches zu.
    »Sie sind von Ibreem«, flüsterte Arthur. »Hört sich so an, als ob ihr Visum abläuft, und daher wollen sie diese Nacht die Grenze überschreiten.«
    Der Mann erwähnte Wiederauferstehung.
    »Man könnte glauben, sie seien dort zu Hause«, meldete Arthur. »Ich habe von einer Enklave gehört, die von der Stadt umschlossen wird. Vielleicht ist es das, was er meint.«
    »Er scheint ein Lehrer zu sein«, vermutete Jeshua. »Die Ibreemiten haben eine andere Einstellung zu den Städten als die Gründer. Sie versuchen, mit ihnen zu koexistieren – und nicht, sie zu vernichten. Sie sind ein Syndine-Staat.«
    »Und weiter?« fragte Kahn.
    »Vielleicht können wir bei ihnen mitfahren. Jeshua sollte den Kopf am besten verstecken – wir wollen ihnen schließlich keinen Schrecken einjagen. Wir hätten auf der Ladefläche des Lkw sicher Platz.«
    Kahn war einverstanden. Sie traten nach vorne in das Licht der Lampe. Das Mädchen erschrak und ließ ihr Bündel metallener Zeltstangen auf den Boden fallen, daß es laut klapperte.
    »Erzähl ihnen nicht gleich die ganze Geschichte«, ermahnte Arthur ihn. »Ich weiß noch immer nicht genau, woran ich mit dir bin – also halte dich zurück oder sage überhaupt nichts. Wir sind nur Reisende, Pilger.«
    Der Mann stand zwischen ihnen und dem Lager und hatte die Arme in einer Geste ausgestreckt, die man als Begrüßung hätte

Weitere Kostenlose Bücher