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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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»Was genau möchten Sie denn wissen, Auntie?«
    »Es geht nicht darum, was ich wissen möchte, sondern was dein Vater gern erfahren würde.«
    Nervös wanderten Frederics Blicke zu Agatha.
    Diese wandte sich an Westphal. »Na los, Stephen, warum erzählen Sie John nicht, was Sie über seine Geschäfte in New York erfahren haben?«
    Westphal schnappte nach Luft. Eigentlich wollte Agatha die Neuigkeiten enthüllen, die er gesammelt hatte. Aber nun ruhte Frederics Blick auf ihm. Und diesen Blick kannte er nur zu gut. Ausflüchte gab es keine, denn Frederic würde nicht eher ruhen, bis er alles wusste. John sah ihn ebenfalls herausfordernd an, und Stephen wand sich verlegen, weil er es mit keinem der beiden Männer verderben wollte. »Vielleicht sollten wir das lieber ein andermal besprechen …«, stieß er hervor.
    »O nein, das besprechen wir hier und jetzt.« Frederic überlegte kurz, Anne aus dem Zimmer zu schicken. Doch wozu? Ebenso gut konnte sie ihrem Vater oder Agatha die Geschichte entlocken, wenn sie sie nicht schon längst kannte.
    Westphal räusperte sich. »Meine Bankfreunde haben einiges verlauten lassen …«
    »Weiter«, drängte Frederic.
    »Sie haben mitgeteilt, dass John Duvoisin im Norden in Kanal- und Eisenbahnprojekte investiert hat, und zwar mit Duvoisin-Vermögen von der Bank of Virginia.«
    Erstaunt sah Paul seinen Bruder an. Westphal zögerte wieder.
    Aber Frederic gab nicht nach. »Und?«
    Westphal räusperte sich noch einmal. »Ich weiß außerdem aus sicherer Quelle, dass John sich für die Sklavenbefreiung einsetzt. Er hat Verbindungen zur Underground Railroad … und unterstützt die Sache auch finanziell.«
    »Underground Railroad?«, fragte Frederic, dem der Begriff nicht geläufig war.
    »Dies ist kein offizieller Begriff, sondern bezeichnet eine Untergrundbewegung, über die im Süden viel getuschelt wird.«
    »Worum genau geht es dabei?«
    »Um eine Vereinigung von Menschen aus dem Süden und dem Norden, die entlaufenen Sklaven Hilfe gewähren. Man munkelt, dass John dazugehört … und die Schiffe der Duvoisins nutzt, um Sklaven aus Richmond nach New York zu transportieren.«
    Frederic fixierte seinen Sohn. »Ist das wahr, John?« Erinnerungen an die ersten Tage seiner Ehe mit Colette stiegen in ihm auf. Plötzlich war sie hier mitten unter ihnen, und er konnte sie an seiner Seite spüren.
    »Spionierst du mir jetzt nach, Vater?«, fragte John leicht belustigt, doch sein Gesicht blieb ernst. »Hast du mich deshalb eingeladen? Ich bin noch keine fünf Minuten hier, und schon werde ich verhört. Warum diese Inquisition?«
    »Stimmt es, dass du die Konten bei der Bank of Virginia aufgelöst hast?«
    »Das ist richtig. Aber hat dein genialer Mr Westphal dir auch von der Bankenpanik im vergangenen Jahr berichtet? Dass Hunderte Farmer beim Zusammenbruch der Bank of the United States alles verloren haben? Nur du nicht, Vater. Und warum? Allein wegen der Investitionen im Norden, die ich vor der Krise in deinem Namen getätigt habe. Dein Mr Westphal hat nicht einmal begriffen, dass du dadurch reicher geworden bist. Er ist so damit beschäftigt, mich herabzusetzen, dass er nicht über seine Nasenspitze hinaussehen kann!«
    »Seit wann investieren die Duvoisins in Eisenbahnlinien und Kanalprojekte?«, fragte Frederic.
    »Ich war der Meinung, dass ich die Verantwortung auf dem Festland trage, oder nicht? Geschäft ist Geschäft, Vater. Was macht es da aus, ob du in Schiffe, Eisenbahnen oder Kanäle investierst? Sobald ich sichere Beteiligungen entdeckt habe, habe ich investiert … Übrigens auch mit meinem eigenen Geld.«
    »Und warum hast du nicht im Süden investiert, wo wir unsere Wurzeln haben?«
    »So, wie der Süden sich heute präsentiert, hat er keine Zukunft mehr. Wenn es nach mir ginge, würde ich alle deine Beteiligungen in den Norden verlegen.«
    »Was hat es mit dieser Underground Railroad auf sich?«
    »Die unterstütze ich«, erklärte John schlicht, »und zwar ausschließlich mit meinem Geld.«
    Frederic seufzte. Vor zehn Jahren hatte er genau dieselbe Diskussion mit Colette geführt.
    »Und benutzt du meine Schiffe zum Transport der Sklaven?«
    »Hin und wieder.«
    Frederics Zorn wuchs. »Wenn das ruchbar wird, schadet es meinen Investitionen und Geschäftsverbindungen in Virginia. Flüchtigen Sklaven zu helfen ist gegen das Gesetz! Stell dir nur vor, was passiert, wenn die Behörden herausbekommen, dass du sie hintergehst!«
    Agatha lächelte verzückt. Endlich kam man zum

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