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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Hüttenboden herauskriechen konnte. Nettie gab ihnen zu essen und richtete ein Bett her, und kurz vor Tagesanbruch waren sie schon auf dem Weg nach Richmond. Da es keine Beschreibung von der schwangeren Frau gab, konnte sie als Michaels Haushälterin durchgehen und neben ihm sitzen. Ihr Mann dagegen musste zusammengekauert unter einer Decke hinter dem Sitz ausharren. Aber immer noch besser, als den ganzen Weg zu laufen.
    John wünschte den beiden alles Gute und drückte der Frau noch ein paar Geldscheine in die Hand.
    »Vielen Dank, Sir.« Sie ergriff seinen Arm und drückte ihn an ihr Herz. »Gott beschütze Sie und Ihre Familie.«
    »Und Sie auch, Madam«, erwiderte er. Dann schüttelte er Michael die Hand. »Ich komme vorbei, sobald ich das nächste Mal in Richmond bin.«
    Samstag, 24. März 1838
Charmantes
    Charmaine seufzte erleichtert, als sie zusammen mit Mercedes Maddy Thompsons Cottage verließ. Vor zwei Wochen hatte sie sich noch den Kopf zerbrochen, was sie zum Ball tragen sollte, damit sich jedermann nach ihr umdrehte. Doch die Kleider in Maddys Laden waren alles andere als elegant. Vermutlich würden die vornehmen Ladys Roben aus London oder Paris tragen, hatte Paul gesagt und darauf bestanden, dass Charmaine sich auf seine Kosten ein entsprechendes Kleid besorgte. Zum Glück hatte Mercedes die rettende Idee. In den Heften auf Maddys Ladentheke waren zahllose modische Kleider abgebildet, sodass Charmaine nur noch unter den feinsten Stoffen wählen musste und Maddy, die früher als Näherin für einen Couturier in Charleston gearbeitet hatte, den Rest erledigen konnte. An den letzten beiden Samstagen hatte Charmaine wie eine Statue auf einem Hocker in Maddys Wohnzimmer gestanden und miterlebt, wie das Kleid allmählich Gestalt annahm. Noch eine letzte Anprobe, und es war fertig.
    Die jungen Frauen überquerten die Straße, um zum Mietstall zu gelangen, wo sie ihre Pferde untergestellt hatten. Dabei entdeckten sie im Fenster der Bar ein großes Schild: IN DIESER WOCHE KEINE ZIMMER FÜR MATROSEN . Und darunter: Ersatzquartiere im Laden erfragen. Die einflussreichsten Gäste wohnten ohnehin in den Herrenhäusern auf Charmantes und Espoir, doch Frederic zahlte gut, damit Dulcie die Übrigen beherbergte. Anfang der Woche hatte man den Saloon geschrubbt und die Fensterläden gestrichen, und heute war der erste Stock an der Reihe. Alle Fenster standen weit offen, und im Hof waren sechs Frauen damit beschäftigt, die Laken zu waschen und zu bleichen. Überall wurde gewerkelt, und die ganze Stadt war auf den Beinen, um sich auf das Ereignis vorzubereiten.
    Auf dem Rückweg zum Herrenhaus konnte Charmaine ihre Aufregung nicht länger bezähmen. »Ich danke Ihnen für alles und wünschte nur, Sie könnten auch dabei sein.«
    Aber Mercedes wehrte ab. »Machen Sie sich um mich keine Gedanken. Sie werden sich einfach für uns beide amüsieren. Erst recht an Pauls Arm! Ich kann es noch immer nicht glauben. Eigentlich hätte ich erwartet, dass er Mrs London bittet. Letztes Jahr hat sie seinen Bruder nicht aus den Augen gelassen und hätte für diese Ehre sicher gemordet!«
    Charmaine strahlte. Der Tag gefiel ihr immer besser.
    Ihr Lächeln machte Mercedes neugierig. »Warum hat Paul gerade Sie gefragt?«
    »Wir sind uns während der letzten fünf Monate ein ganzes Stück nähergekommen.«
    »Näher?«
    »Keine Sorge. Paul ist nur ein Freund. Ein guter Freund.«
    »Nur ein Freund?« Mercedes sah Charmaine zweifelnd an. »Wissen Sie eigentlich, wie viele Mädchen Arm oder Bein opfern würden, um an Ihrer Stelle zu sein? Wie neidisch sie alle sind? Und Sie wollen mir weismachen, dass Paul und Sie nur gute Freunde sind? Mögen Sie ihn denn kein bisschen? Wenn er mich gefragt hätte, wäre ich bestimmt tot umgefallen oder wenigstens knallrot geworden!«
    Charmaine lächelte, da sie sich an die ersten Tage auf Charmantes erinnerte, als sie ständig errötet war. Inzwischen hatte sie gelernt, sich nicht mehr aus der Ruhe bringen zu lassen, und fragte sich manchmal, was sich verändert hatte.
    Mercedes beugte sich nach vorn. »Nun?«
    »Was ›nun‹?«
    »Also gut … Sind Sie in ihn verliebt? Interessiert er sich für Sie?«
    » Interessiert «, murmelte Charmaine. Sie sollten wissen, dass Paul nur ein Ziel hat … dass ihn nur eines interessiert … Warum fiel ihr das gerade jetzt ein? Sie lächelte. »Ja, er interessiert sich für mich.«
    »Worauf warten Sie dann noch?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Schnappen Sie ihn sich!

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