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Die Macht des Amuletts

Die Macht des Amuletts

Titel: Die Macht des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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wird gut fürs Geschäft sein«, sagte Katie nachdenklich.
    »Das glaube ich auch. Aber es ist trotzdem lästig. Es wird jeden Spinner in der Gegend anlocken. Als wären die meisten von ihnen nicht sowieso schon da.«
    Sandy kicherte. Katie drehte eine orange Locke zwischen den Fingern und machte ein unschuldiges Gesicht. Als Sandy das Baby ins Bett brachte, verdichtete sich die Dämmerung, Motten prasselten und schwirrten über die warmen Türmchen. Mr Carter stellte die Teller auf ein Tablett und trug sie hinunter. Katie kam und lehnte sich neben Mick an ein Geländer, das aussah, als würde es unter ihr zerbröseln.
    »Ist das sicher?« Er betrachtete es. »Wahrscheinlich.«»Ich frage nur, weil ich noch nie zuvor auf einem Dach Tee getrunken habe.«
    Mick grinste. »Und du hast gedacht, deine Familie sei sonderbar.«
    »Es muss fantastisch sein, hier zu wohnen.« Sie schaute über das Geländer. »Diese vielen Räume und Speicher. Diese vielen Wälder.«
    »Diese vielen Touristen. Und es ist meilenweit von allem entfernt. Kein Mensch in meinem Alter. Keine Musik, keine Möglichkeit, zu Konzerten zu kommen. So toll ist es wirklich nicht.«
    Sie runzelte die Stirn und trat gegen den Stein. »Versuch mal in einem voll gestopften Haus in einer Sozialwohnungssiedlung zu wohnen wie manche Leute. Du weißt nicht, wovon du redest, Mick.«
    Weit unter ihnen war der gepflegte Rasen jetzt düster, er verblasste zu grauen Schattierungen, der ferne See schimmerte unterm Mond. Alle Wälder der umliegenden Landschaft flüsterten in schwarzen, rauschenden Flächen und hinter ihnen erstreckten sich meilenweit die Getreidefelder, jetzt stumpf und dunkel, im Tageslicht aber ein Meer goldener wogender Ernte mit dem Haus wie eine verankerte große Arche in der Mitte. Vom Jahrmarktfeld hinter der Giebelecke wehte schwach Musik herüber; die Klage der Pfeifen aus Northumbria klang geisterhaft und dünn, als würden die Stimmen verirrter Geister weinend flehen, wieder in der Welt aufgenommen zu werden. »Was ist das?«, fragte Katie.
    Sie deutete hinunter auf den östlichen Rasen und den Kräutergarten. »Was?« »Das. Dort, Mick.«Er sah sie. Kleine blaue Lichter. Sie hüpften seltsam zwischen den Büschen.
    »Leute mit Taschenlampen«, murmelte er. »Das glaube ich nicht.« Fasziniert schob sie sich am Geländer entlang.
    Mick fröstelte. Gestern Nacht war es etwa um diese Zeit gewesen, in der Dämmerung, als sich der Wald veränderte. »Komm und sieh dir das an.« Er rückte ihr zögernd nach.
    Die Lichter knackten, während sie sich merkwürdig bewegten, schwebten, plötzlich verschwanden und weiter weg wieder auftauchten. Man konnte kaum sehen, wo sie waren; manchmal wirkten sie wie Kugeln, dann wie punktförmige blaue Flammen.
    Katie fasste ihn am Arm. »Komm, wir gehen hinunter.« Einen Augenblick zögerte er. Dann sagte er: »Gut. Hier entlang. «
    Im Zwielicht rannten sie über das Dach zu einer kleinen Tür in einem Türmchen. Mick riss sie auf und sie polterten eine enge Wendeltreppe hinunter in die Dunkelheit, Stockwerk um Stockwerk. Unten war ein Korridor mit alter brauner Eichentäfelung an den Wänden. Katie holte Mick ein und flüsterte: »Was ist mit der Alarmanlage? Lösen wir sie nicht aus ? «
    Er bog um eine Ecke. »Sag es nicht weiter, aber sie reicht nicht sehr weit.«
    Sie rannten durch eine Reihe dämmriger Spülküchen, Speise- und Vorratskammern, durch die Dienstbotenhalle, wo das blasse Mondlicht hohe Bogenfenster beleuchtete, und dann durch einen dunklen Gang unter Reihen von Klingeln, die mit den Namen von Räumen bezeichnet waren. Katie schaute fasziniert hinauf. Doch Mick entriegelte schon die Hintertür; sobald sie durchgeschlüpft waren, schlug er sie zu und drückte ein paar Knöpfe auf einer Tafel an der Seite.
    Sie rannten um das Haus über den Rasen. »Dort!« Verwundert blieb Katie stehen. Die blauen Lichter schwebten allein in der Dunkelheit. Eine unheimliche Düsternis umgab sie, während sie hoch über den Boden stiegen und dann ins Gras sanken, sich vereinten und trennten, ein zielloser Schwärm ohne Gesetzmäßigkeit. Plötzlich entmutigt trat Katie zurück. »Ich glaube, wir sollten ihnen nicht zu nahe kommen.« Mick, eine dunkle Gestalt neben ihr, nickte. Die Lichter zischten. Sie ließen sich unmöglich zählen, sie blinkten, wurden stärker und schwächer, manchmal wie Flammen, dann wie Sterne oder Blasen. »Ich glaube, sie können uns spüren«, murmelte Katie. »Sei nicht albern.«

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