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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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vorzunehmen, die allein Heilung bringen konnte ...
    (»Die Veränderung bedeutet für alle Lebewesen, die ein Nervensystem besitzen, einen unvorstellbaren Schock«, hatte Dr. Kearnes gesagt. »Die Glücklichen – die Menschen mit dem starken Willen, die Entschlossenen, die Unbekümmerten und die vielen anderen, die jede Art von Gedankenarbeit schon immer als natürlich und angenehm empfunden haben – scheinen keine Schwächen davongetragen zu haben, obwohl ich vermute, daß wir gewisse Nachwirkungen bis an das Ende unserer Tage spüren werden. Aber die weniger Glücklichen leiden jetzt unter Neurosen, die in einzelnen Fällen sogar zu Psychosen geworden sind. Ihre Frau, Doktor Corinth – ich möchte Ihnen gegenüber völlig offen sein –, befindet sich gefährlich nahe an der Grenze zum Wahnsinn. Ihr früheres Leben, das stets ereignislos, bescheiden und behütet gewesen ist, hat sie nicht auf diese plötzliche radikale Veränderung ihrer selbst vorbereitet; und die Tatsache, daß sie sich weder um Kinder noch um das bloße Überleben zu sorgen braucht, hat unglücklicherweise bewirkt, daß sie sich ausschließlich mit sich selbst befaßt. Die früher möglichen Arten der Anpassung die verschiedenen Kompensationen, die schützende Vergeßlichkeit und die Selbsttäuschung, denen wir alle erlegen sind, nützen jetzt nichts mehr, und Ihre Frau hat es nicht verstanden, sich neue Auswege zu schaffen. Statt dessen hat sie immer wieder darüber nachgedacht, wodurch sich der Teufelskreis schließt. Aber ich glaube, daß ich ihr helfen kann; später, wenn wir größere Fortschritte gemacht haben, ist vielleicht eine völlige Heilung möglich ... Wie lange? Woher soll ich das wissen? Aber kaum länger als einige Jahre, wenn die Wissenschaft weiter so rasch voranschreitet; und in der Zwischenzeit muß Ihre Frau einsehen, daß man Glück und Ausgeglichenheit auch auf andere Weise kompensieren kann.«)
    »Nun, ich ...«
    Sheila sah plötzlich erschrocken zu ihm auf. »Oh, Pete, Liebling, Liebling, sei vorsichtig dort draußen! Komm zu mir zurück!«
    »Darauf kannst du dich verlassen«, antwortete er und biß sich auf die Unterlippe.
    (»Ja, es wäre nur gut für sie – glaube ich –, wenn Sie an der Expedition teilnehmen würden, Doktor Corinth. Die Sorgen um den abwesenden Mann sind besser als das Nachgrübeln über die Schatten, die sie im Augenblick vor allem beschäftigen. Auf diese Weise kommt wieder eine nach außen orientierte psychologische Zielsetzung zustande, die jedenfalls vorzuziehen ist. Ihre Frau ist von Natur aus keineswegs ein Mensch, der nach innen gekehrt leben kann ...«)
    Plötzlich dröhnte der Boden unter ihnen, als sei die Erde selbst vor Schreck zusammengezuckt. Über ihren Köpfen verschwand die Transatlantikrakete röhrend und feuerspeiend in der niedrigen Wolkendekke; in einer halben Stunde würde eine zweite aus Europa kommend hier landen. Corinth hatte nur Augen für Sheila. Mit fünf Worten und Augen und Händen und Lippen sagte er zu ihr: »Wenn ich wieder nach Hause komme – ich freue mich schon jetzt darauf, Liebling! –, möchte ich dich wieder so gesund und munter wie früher sehen. Vielleicht erfinde ich dann einen Roboter, der die Hausarbeit erledigt, damit du ganz für mich da bist. Ich möchte nicht, daß uns etwas davon abhält, nur füreinander dazusein.«
    Und in Wirklichkeit meinte er: Sei für mich da, Liebling, wie du es früher gewesen bist, denn ohne dich kann ich nicht leben. Laß alles so wie zuvor sein, laß uns wieder zueinander finden, sonst hat das Leben keinen Sinn mehr für mich.
    »Ich werde es versuchen, Pete«, flüsterte Sheila. Sie hob die Hand und berührte sein Gesicht. Lewis' Stimme drang laut durch das Schneetreiben und den Wind: »Alle Mann an Bord!«
    Corinth und Sheila ließen sich Zeit, und die anderen respektierten dieses Bedürfnis. Als der Physiker endlich hoch über dem Boden in der Luftschleuse des Raumschiffes stand, winkte Sheila noch einmal zu ihm hinauf. Aus dieser Höhe sah sie fast wie ein Kind aus.
     
    Die Sonne der Erde war jetzt wenig mehr als der hellste Stern in ihrem Kielwasser; sie ging fast in dem Meer aus anderen Lichtpunkten unter, das sich hier jenseits von Saturn erstreckte. Trotz der ständig wachsenden Entfernung hatten die Konstellationen sich nicht oder nur unwesentlich verändert. Die Milchstraße und die geheimnisvollen Spiralen anderer Sternensysteme leuchteten noch immer so weit entfernt wie vor Jahrtausenden, als die

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