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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zurück.«
    Augenblicke später erhebt sich der Anklagevertreter, um die Zeugin ins Kreuzverhör zu nehmen. »Kommt es Ihrer Erfahrung nach nicht öfters vor, daß Fünfjährige Ereignisse durcheinanderbringen, Doktor?«
    Â»Absolut. Deshalb gibt es ja Anhörungen zur Feststellung der Verhandlungsfähigkeit, Mr. Brown.«
    Richter Neal wirft ihm einen warnenden Blick zu. »Dr. Robichaud, bis es in Fällen dieser Art zum Prozeß kommt, können einige Monate und sogar Jahre vergehen, nicht wahr?«
    Â»Ja.«
    Â»Und der Entwicklungsunterschied zwischen einem fünfjährigen und einem siebenjährigen Kind ist beträchtlich, ist das richtig?«
    Â»Vollkommen richtig.«
    Â»Hatten Sie nicht schon mit Kindern zu tun, die zunächst prozeßuntauglich waren … jedoch ein oder zwei Jahre später in der Lage waren, vor Gericht auszusagen, ohne einen Rückfall zu erleiden?«
    Â»Ja.«
    Â»Ist es richtig, daß sie unmöglich vorhersagen können, ob Nathaniel in ein paar Jahren fähig gewesen wäre, ohne nennenswerten psychischen Schaden als Zeuge auszusagen?«
    Â»Das ist richtig.«
    Quentin Brown dreht sich zu mir um. »Als Staatsanwältin wird Mrs. Frost doch wohl gewußt haben, daß Nathaniels Erscheinen vor Gericht möglicherweise erst in einigen Jahren erforderlich gewesen wäre, meinen Sie nicht?«
    Â»Vermutlich.«
    Â»Und als Mutter eines Kindes in diesem Alter wird sie gewußt haben, welche Entwicklungssprünge in den nächsten Jahren möglich wären?«
    Â»Ja. Ich habe sogar versucht, Mrs. Frost davon zu überzeugen, daß es Nathaniel in etwa einem Jahr schon viel bessergehen könnte, als sie meint. Daß er vielleicht sogar imstande wäre, als Zeuge auszusagen.«
    Der Staatsanwalt nickt. »Aber leider hat die Angeklagte Pater Szyszynski erschossen, bevor wir das herausfinden konnten.«
    Brown zieht den letzten Satz zurück, ehe Fisher Einspruch erheben kann. Ich zupfe meinen Anwalt am Jackett. »Ich muß mit Ihnen reden.« Er starrt mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Ja«, sage ich. »Jetzt.«

    Ich weiß, was Quentin Brown denkt, weil ich schon viele Fälle aus seiner Perspektive betrachtet habe. Ich habe den Beweis erbracht, daß sie ihn ermordet hat. Ich habe meine Arbeit getan . Und selbst wenn ich inzwischen gelernt habe, mich nicht in das Leben anderer einzumischen, ist es doch meine Verantwortung, mich selbst zu retten. »Jetzt bin ich an der Reihe«, erkläre ich Fisher im Besprechungszimmer. »Rufen Sie mich in den Zeugenstand.«
    Fisher schüttelt den Kopf. »Sie wissen, was passiert, wenn ein Verteidiger übertreibt. Die Anklagevertretung muß schlüssige Beweise vorlegen, und ich muß versuchen, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen. Aber wenn ich zu dick auftrage, kann der Schuß nach hinten losgehen. Ein Zeuge der Verteidigung zuviel, und wir verlieren.«
    Â»Ich weiß, was Sie meinen. Aber Fisher, die Anklage hat doch schon bewiesen, daß ich Szyszynski ermordet habe. Und ich gehöre nicht zu Ihren üblichen Zeugen.« Ich atme tief durch. »Klar, es kommt vor, daß die Verteidigung einen Fall verliert, weil sie einen Zeugen zuviel aufmarschieren läßt. Aber es kommt auch schon mal vor, daß die Anklage verliert, weil die Geschworenen die Aussage des Angeklagten gehört haben. Die Geschworenen wissen, daß etwas Entsetzliches geschehen ist – und sie wollen erfahren, wieso, und zwar aus erster Hand.«
    Â»Nina, wenn ich meine Kreuzverhöre mache, können Sie doch kaum stillsitzen, weil Sie ständig Einspruch einlegen wollen. Ich kann Sie nicht als Zeugin aufrufen, weil Sie so eine verdammt gute Staatsanwältin sind.« Fisher nimmt mir gegenüber Platz und legt die Hände flach auf den Tisch. »Sie denken in Fakten. Aber nur, weil Sie den Geschworenen etwas erzählen, bedeutet das noch lange nicht, daß sie das als die einzige Wahrheit auffassen. Ich habe gute Arbeit geleistet, sie mögen mich, sie glauben mir. Wenn ich denen erkläre, daß Sie so von Emotionen überwältigt waren, daß Sie nicht mehr klar denken konnten, dann kaufen sie mir das ab. Aber alles, was aus Ihrem Mund kommt, könnten sie als Lüge auffassen.«
    Â»Nicht, wenn ich die Wahrheit sage.«
    Â»Daß Sie eigentlich den anderen erschießen

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