Die Macht des Zweifels
nicht der Mann war, der Ihren Sohn miÃbraucht hatte. Was haben sie da empfunden?«
»Ich wollte dafür ins Gefängnis.«
»Ist das immer noch so?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ich habe die Tat begangen, um meinen Sohn zu schützen. Aber wie kann ich ihn schützen, wenn ich nicht bei ihm bin?«
Fisher blickt mich vielsagend an. »Werden Sie das Gesetz je wieder selbst in die Hand nehmen?«
Oh, ich weiÃ, was er jetzt von mir hören will.
»Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, daà ich das nie wieder tun würde ⦠aber das wäre nicht wahr. Ich habe gedacht, ich kenne das Leben. Aber gerade wenn man glaubt, man hätte das Leben fest im Griff, kann es einem entgleiten.« Ich blicke zu Boden. »Ich habe jemanden getötet.« Die Worte brennen mir auf der Zunge. »Einen unschuldigen Menschen. Das wird mich mein Leben lang belasten. Und wie jede Last wird auch diese immer schwerer und schwerer werden.« Mit Blick auf die Geschworenen wiederhole ich. »Ich würde Ihnen gern sagen, daà ich so etwas nie wieder tun werde, aber ich hätte ja auch nie gedacht, daà ich überhaupt imstande wäre, so etwas zu tun. Und das war falsch, wie ich jetzt weiÃ.«
Fisher wird mich dafür in der Luft zerreiÃen. Ich kann ihn durch meine Tränen hindurch kaum sehen. Aber mein Herz hämmert nicht mehr, und meine Seele ist ruhig.
Nur der Gnade Gottes verdanke ich es, daà nicht ich dort sitze , denkt Quentin. SchlieÃlich ist der Unterschied zwischen ihm und Nina Frost gar nicht so gewaltig. Mag sein, daà er nicht für seinen Sohn getötet hätte, aber er hat zweifellos seinen Einfluà spielen lassen, damit Gideons Verurteilung wegen Drogenbesitz sehr viel milder ausfiel. Ja, unter anderen Umständen hätte Quentin Nina Forst mögen können, wäre vielleicht sogar ganz gern mal mit ihr ein Bier trinken gegangen. Aber man muà nun mal die Suppe auslöffeln, die man sich eingebrockt hat ⦠und so sitzt Nina Frost jetzt im Zeugenstand, und Quentin steht zwei Meter von ihr entfernt, fest entschlossen, sie zu demontieren.
Er zieht die Augenbrauen hoch. »Sie sagen, daà Sie trotz Ihrer Erfahrung als Staatsanwältin mit Fällen von KindesmiÃbrauch am Morgen des dreiÃigsten Oktobers nicht die Absicht hatten, Pater Szyszynski zu töten?«
»Das ist richtig.«
»Und daà Sie zu dem Zeitpunkt, als Sie auf dem Weg zum Anklageeröffnungsverfahren waren, ab dem, wie Sie sagten, die ProzeÃuhr laufen würde, immer noch nicht den Plan gefaÃt hatten, Pater Szyszynski zu töten?«
»Ganz recht.«
»Aha.« Quentin geht vor dem Zeugenstand hin und her. »Ich vermute, die plötzliche Eingebung kam Ihnen auf dem Weg zu dem Waffengeschäft.«
»Nein.«
»Oder erst, als Moe Ihnen die halbautomatische Waffe verkaufte?«
»Nein.«
»Dann gehe ich wohl auch recht in der Annahme, daà Sie auch dann noch nicht vorhatten, Pater Szyszynski zu töten, als Sie wieder im Gerichtsgebäude waren und an dem Metalldetektor vorbeigingen.«
»Ja.«
»Mrs. Frost, als Sie in den Gerichtssaal gingen und sich einen Platz suchten, von dem aus Sie Glen Szyszynski am besten töten konnten, ohne andere zu gefährden ⦠auch in dem Augenblick war Ihnen nicht klar, daà Sie den Mann erschieÃen würden?«
Ihre Nasenflügel beben. »Nein, Mr. Brown, das war mir nicht klar.«
»Und als sie die Waffe aus Ihrer Handtasche zogen und sie Glen Szyszynski an die Schläfe drückten? Hatten Sie auch nicht vor, ihn zu töten?«
Ninas Lippen sind fest zusammengepreÃt. »Sie müssen die Frage beantworten«, sagt Richter Neal.
»Ich habe dem Gericht doch schon gesagt, daà ich in dem Augenblick überhaupt nichts gedacht habe.«
Quentin hat den ersten Treffer gelandet, das weià er. »Mrs. Frost, Sie haben in Ihren sieben Jahren bei der Staatsanwaltschaft über zweihundert Fälle von KindesmiÃbrauch bearbeitet, nicht wahr?«
»Ja.«
»Von diesen zweihundert Fällen kam es in zwanzig zu einem Proze�«
»Ja.«
»Und davon wiederum endeten zwölf mit einer Verurteilung.«
»Richtig.«
»Konnten die betroffenen Kinder in diesen zwölf Fällen vor Gericht aussagen?«
»Ja.«
»Doch in einigen dieser Prozesse gab es keine weiteren erhärtenden
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