Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
Vom Netzwerk:
sich das Taxi seinem Haus näherte, das sie noch vor wenigen Tagen als ihr gemeinsames Heim betrachtet hatte, war sie plötzlich so aufgeregt wie einst vor ihrer ersten Livesendung. Einerseits hoffte sie, dass er nicht zu Hause war, doch andererseits wünschte sie sich, ihn wiederzusehen. Natürlich wäre es einfacher gewesen, ihre Sachen abzuholen und nicht mit ihm über alles zu sprechen – denn damit gab sie natürlich zu, wie wichtig er ihr immer noch war. Da war aber auch eine – wenn auch nicht ganz so starke – Stimme in ihr, die ihr sagte, dass sie überreagiert hatte. Diese Stimme versuchte ihr einzureden, dass sie Mitch vertrauen konnte und dass es eine Erklärung für das geben musste, was in Mailand geschehen war.
    Als das Taxi schließlich in die Zufahrt zum Haus einbog, sah Anna ihren Wagen neben der Garage stehen. Sie bezahlte für die Fahrt und stand im Regen, während der Fahrer ihre Reisetasche aus dem Kofferraum holte. Nach einem Augenblick des Zögerns ging sie mit der Reisetasche zu ihrem Wagen hinüber und verstaute sie im Kofferraum. Dann stellte sie sich unter den schmalen Dachvorsprung der Garage und spähte durch das kleine Fenster hinein. Mitchs Wagen war nicht da. Ihre Enttäuschung war immens; sie kam jedoch auf den Gedanken, dass sie hineingehen und nachsehen könnte, ob er ihr vielleicht eine Nachricht hinterlassen hatte.
    Anna sperrte die Haustür auf und tippte den Code für die Alarmanlage ein. Das Erste, was sie sah, war Mitchs großer schwarzer Koffer, den er in Mailand dabeigehabt hatte. Er lag geöffnet am Boden. Mitch war also zu Hause gewesen. Sie schloss die Haustür und ging in die Küche. Die Enttäuschung war groß, als sie nirgends eine Nachricht liegen sah – denn sie wusste, dass er sie am ehesten hier hinterlassen hätte. Als Nächstes sah sie nach dem Anrufbeantworter, wo ihr eine rote Null sofort sagte, dass sie auch hier nichts zu erwarten hatte. Einen kurzen Moment lang stieg Panik in ihr hoch.
    Anna nahm den Hörer ab und rief in ihrer Wohnung an, um den Anrufbeantworter abzuhören. Da war ein Anruf von ihrer Telefongesellschaft, die sie von einem bestimmten Angebot informierte, doch das war auch schon alles. Mit einem dicken Kloß in der Kehle rief sie in ihrem Büro an, wo sie fünf Nachrichten erhalten hatte, von denen jedoch ebenfalls keine von Mitch stammte. Sie knallte den Hörer auf die Gabel und stieg die Treppe hinauf. Die erste Träne lief ihr über die Wange, als sie das Schlafzimmer betrat – ihr gemeinsames Schlafzimmer.
    Das Bett war nicht gemacht. Sie versuchte sich zu erinnern, ob es so gewesen war, als sie in ihren Urlaub aufbrachen. Nein, sie erinnerte sich genau, dass das Bett damals gemacht war. Frustriert griff sie nach einem Kissen und schleuderte es an die Wand. Nicht einmal eine Nachricht hatte er hinterlassen. Es war schon schlimm genug gewesen, dass er ihr im Hotelzimmer in Mailand kein Wort hinterlassen hatte – aber das hier war durch nichts mehr zu entschuldigen. Sie hatte ihn doch falsch eingeschätzt. Die Tränen strömten ihr übers Gesicht, als sie ins Badezimmer eilte, um ihre Sachen zu packen. Wenn er nach allem, was sie miteinander erlebt hatten, so kalt und unpersönlich sein konnte, dann konnte sie das auch.
    Washington D.C., Sonntagmorgen
    Senator Clark saß in der Küche seines Hauses in Wesley Heights. Das große, im Château-Stil angelegte Anwesen war für den Senator wie ein Schloss, in dem er immer wieder Ruhe fand. Die Vorderseite des Hauses war vom Efeu zugewachsen, und die Haustür schien groß genug zu sein, dass man mit einem Kleinwagen durchfahren konnte. Aus dem Dach ragten vier Schornsteine empor. Das stattliche Haus stand auf einem wunderbar gelegenen, drei Morgen großen Stück Land und war von einem zweieinhalb Meter hohen schmiedeeisernen Zaun umgeben.
    Sonntags hatte die Haushaltshilfe frei, sodass Clark beim Frühstück allein war. Nachdem er ein englisches Muffin in den Toaster gesteckt hatte, schenkte er sich ein Glas frisch gepressten Orangensaft ein und trank mehrere Schlucke, bevor er hinausging, um die Zeitungen zu holen. In Hausschuhen und seinem seidenen Morgenmantel trotzte er der Novemberkälte und ging die fast sechzig Meter von der Haustür zu dem riesigen schmiedeeisernen Tor. Caesar und Brutus, die beiden Golden Retriever des Senators, begleiteten ihn auf seinem Spaziergang.
    Es versprach ein guter Morgen zu werden. Die beiden Zeitungen, die er regelmäßig las, die Washington Post und

Weitere Kostenlose Bücher