Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
Vom Netzwerk:
die New York Times, waren schon da. Clark ging ins Haus zurück, legte die Zeitungen auf den Tisch und bestrich die eine Hälfte des Muffins mit Himbeermarmelade und die andere mit Erdnussbutter. Es war jeden Sonntag das Gleiche: zuerst kam ein Glas Orangensaft und ein Muffin und danach Kaffee und die Zeitungen. Rituale waren wirklich eine gute Sache.
    Ehefrau Nummer drei nahm an diesem Ritual niemals teil, weil sie sonntags nie vor zehn Uhr aufstand. An diesem Tag würde sie sich wahrscheinlich nicht einmal vor Mittag blicken lassen, weil sie am Abend zuvor etwas zu viel Wein getrunken hatte – und zwar nicht ein Gläschen, sondern eine ganze Flasche zu viel. Er würde demnächst einmal mit ihr reden müssen, damit sie nicht mehr so viel trank. In einem Jahr würde der Präsidentschaftswahlkampf bereits in vollem Gang sein – und es ging einfach nicht an, dass sie betrunken herumtorkelte und sich zum Narren machte. Er biss von seinem Erdnussbutter-Muffin ab und fragte sich, was er sich nur dabei gedacht hatte, sie zu heiraten. Leider kannte er die Antwort nur zu gut. Sie war eben sehr attraktiv, und in der Politik konnte es nie schaden, wenn man eine gut aussehende Lady an seiner Seite hatte. Wenn es jedoch mit dem Alkoholkonsum nicht besser wurde, dann würde er sich etwas einfallen lassen müssen. Er stellte sich einmal mehr vor, wie es wäre, wenn sie einen kleinen Unfall hätte. Vielleicht würde ihm das sogar zusätzliche Stimmen bringen, weil ihn viele bedauern würden. Nein, dachte Clark schließlich, so verlockend die Idee auch war – er hätte auf diese Weise auch leicht ins Zwielicht geraten können.
    Er beendete sein Frühstück und zog sich mit dem Kaffee und den Zeitungen in sein Arbeitszimmer zurück. Das Arbeitszimmer lag im Südflügel und war im Stil seines Heimatstaats eingerichtet. Der Raum war voll mit kostbaren Stücken der Westernkunst, allen voran eine 1886er-Winchester, die über dem Kaminsims hing. Jedes Mal, wenn Clark die Waffe betrachtete, wurde er an Peter Cameron erinnert, den Mann, den er angeheuert hatte, um Mitch Rapp zu beseitigen. Cameron hatte die Waffe jedes Mal, wenn er in Clarks Arbeitszimmer kam, ausgiebig bewundert. An der gegenüberliegenden Wand stand ein verglastes Bücherregal mit sämtlichen Erstausgaben der Werke von Ernest Hemingway, vom Meister selbst signiert.
    Clark war an diesem Morgen ungewöhnlich aufgeregt – und das lag daran, dass Albert Rudin in einer Livesendung im Fernsehen in Erscheinung trat. Clark vergewisserte sich noch einmal, dass eine leere Kassette im Videorekorder war, und setzte sich dann in seinen alten Ledersessel. Er schaltete den Fernseher ein und überflog bis zum Beginn der Sendung noch schnell die New York Times.
    Als die Titelmusik der Sendung einsetzte, legte Clark die Zeitung beiseite und drückte auf die Aufnahmetaste. Er setzte sich wieder und grinste, als Tim Russert die Themen der einstündigen Sendung ankündigte. Zuerst würden Chairman Rudin, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, und der Abgeordnete Zebarth, der rangälteste Vertreter der Republikaner im Ausschuss, in Erscheinung treten. Beide Männer waren schon einiges über sechzig Jahre alt und über dreißig Jahre als Abgeordnete in Washington.
    Russert stellte zunächst seine Gäste vor. »Meine Herren«, begann er, »das ist eine wirklich historische Woche in Washington. Zum ersten Mal in der über fünfzigjährigen Geschichte der Central Intelligence Agency wurde eine Frau als neuer Direktor nominiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?«
    Der Abgeordnete Zebarth antwortete als Erster. »Dr. Kennedy ist sehr qualifiziert für dieses Amt. Sie hat als Leiterin der Antiterrorzentrale ausgezeichnete Arbeit geleistet, und sie weiß, worauf es in Langley ankommt. Ich finde, der Präsident hat eine gute Wahl getroffen, und ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit Dr. Kennedy in den kommenden Jahren.«
    Russert wandte sich Albert Rudin zu. Er hatte ein Lächeln auf den Lippen, weil er, wie fast immer, schon vorher wusste, was sein Gegenüber ihm antworten würde. »Es ist bemerkenswert, dass Ihr republikanischer Kollege die Entscheidung des Präsidenten dermaßen unterstützt. Wie stehen Sie dazu?«, fragte Russert, wohl wissend, dass Rudin vehement dagegen war.
    Rudin machte ein Gesicht, als hätte er gerade in eine saure Zitrone gebissen. »Ich habe kein Problem damit, dass eine Frau die CIA leitet. Im Gegenteil – wenn man bedenkt, was uns die

Weitere Kostenlose Bücher