Die Macht
Sie in diesem Zusammenhang von Mord sprechen«, knurrte Rudin.
Clark sah, dass Rudin im Fernsehen keine besonders gute Figur machte. Nun, dafür würde der Senator selbst umso besser zur Geltung kommen, wenn er morgen beginnen würde, Irene Kennedy vor einem riesigen Fernsehpublikum über die Anschuldigungen zu befragen.
»Sagen Sie, Abgeordneter Zebarth, haben Sie jemals von einer Organisation gehört, die sich Orion-Team nennt?«
Zebarth erschrak, als er diese Frage hörte, gab jedoch keine Antwort.
»Es ist eine geheime Organisation«, sprach Rudin weiter, »die von Thomas Stansfield gegründet wurde und für deren Leitung niemand anders als Dr. Irene Kennedy zuständig war. Eine Organisation, die in den vergangenen zehn Jahren einen Krieg im Nahen und Mittleren Osten geführt hat, der völlig im Verborgenen ablief und von dem kein einziger Kongressabgeordneter je etwas erfuhr.«
»Und wie haben Sie von dieser geheimen Organisation erfahren?«, fragte Zebarth äußerlich ruhig, während bei ihm sämtliche Alarmglocken läuteten. Er wusste sehr wohl vom Orion-Team. Er war einer aus jener kleinen Gruppe von Abgeordneten und Senatoren, die einst Thomas Stansfield aufgefordert hatten, den Kampf gegen den Terrorismus zu intensivieren.
»Nachdem sich mein eigener Ausschuss geweigert hat, eine Untersuchung gegen die CIA einzuleiten, und auch Präsident Hayes immer wieder versucht hat, mich zum Schweigen zu bringen, habe ich selbst Nachforschungen angestellt. Ich fand schließlich eine hochrangige Persönlichkeit in der Central Intelligence Agency, die bereit war, mit mir über diese Dinge zu sprechen. Mein Gewährsmann ist genauso beunruhigt wie ich über den Amtsmissbrauch, den Thomas Stansfield und Irene Kennedy begangen haben.«
Zebarth kam zu dem Schluss, dass Rudin absolut nichts ausrichten konnte, wenn er nur diese eine Information besaß. Er war überzeugt, dass sein Kollege nur bluffte und in Wirklichkeit nichts Nennenswertes in der Hand hatte. »Wenn Sie irgendeinen Beweis haben, dann würde ich ihn gern sehen«, forderte er Rudin auf und zeigte auf die Akte.
Rudin kam der Aufforderung mit Vergnügen nach. Er schlug die Akte auf und verkündete: »Ich habe hier die Namen und Daten von Personen, die von dieser Organisation ermordet wurden. Ich habe den Beweis, dass Angehörige der U.S. Special Forces an solchen Aktionen beteiligt waren, und ich habe vor allem das hier.« Rudin zog eine Schwarz-Weiß-Fotografie hervor. »Der Mann heißt Mitch Rapp. Er ist amerikanischer Staatsbürger und wurde von der CIA für ganz bestimmte Operationen ausgebildet. In den vergangenen zehn Jahren war er immer wieder für das Orion-Team aktiv und hat über zwanzig Privatpersonen in verschiedenen Ländern im Nahen und Mittleren Osten getötet. Der Mann ist ein Mörder, ein Verbrecher, der für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden sollte – genauso wie Irene Kennedy und alle anderen, die mit diesen verwerflichen Aktivitäten zu tun haben.« Rudin hielt kurz inne, um noch etwas aus der Akte hervorzuziehen. »Ich habe hier die Aufzeichnungen über Kontobewegungen, die deutlich zeigen, wie Gelder aus Programmen, die vom Kongress bewilligt wurden, abgezweigt wurden und ins Orion-Team geflossen sind.« Rudin zeigte vorwurfsvoll auf Zebarth und sagte: »Es gibt viel zu viele Politiker hier in der Stadt, die einfach nicht ihre Arbeit machen.« Er wandte sich Tim Russert zu und fügte mit stahlhartem Blick hinzu: »Aber ich kann Ihnen versprechen, dass damit bald Schluss sein wird!«
Russert war völlig entgeistert. »Das sind sehr ernste Anschuldigungen, Herr Abgeordneter«, brachte er schließlich hervor.
»Ja, das sind sie in der Tat.«
»Werden Sie Anhörungen abhalten oder die Sache dem Justizministerium übergeben?«
Rudin blickte kurz zu Zebarth hinüber und wandte sich dann wieder dem Moderator zu. »Nachdem sich mein eigener Ausschuss weigert, der Sache nachzugehen, und nachdem Irene Kennedy morgen vor dem Geheimdienstausschuss im Senat erscheinen wird, werde ich das Beweismaterial an Senator Clark übergeben. Vielleicht schafft es ja doch noch jemand, sie zu klaren Antworten zu zwingen.«
Clark, der das alles gespannt am Fernsehschirm verfolgte, hatte sich mittlerweile von seinem Platz erhoben. Er war hocherfreut; Rudin hatte ihm soeben alles geliefert, was er für seinen Plan brauchte. Morgen um ein Uhr würde Clark eine der dramatischsten und spektakulärsten Anhörungen beginnen, die Amerika je gesehen
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