Die Macht
plumpes Manöver ist!«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Albert, aber Sie müssen auf jeden Fall warten, bis die Bomben fallen, bevor Sie auch nur ein Wort darüber sagen.«
44
Bagdad, Montagnacht
Rapp hatte sich entschlossen, den Kollegen vom Delta-Team eine Sache ans Herz zu legen. Er wusste, dass sie es als absolute Profis nicht so gern hatten, wenn ein Außenstehender daherkam und ihnen sagte, was sie zu tun hatten – deshalb hatte er seinen Rat sehr vorsichtig formuliert. »Tretet möglichst selbstbewusst und arrogant auf«, hatte er ihnen nahe gelegt, »und wenn sich euch jemand in den Weg stellt, dann droht damit, ihn zu erschießen.« Dies war die Art, wie Uday Hussein auftrat. Er hatte es von seinem Vater so gelernt, und der junge Uday übertraf den Diktator noch um einiges. Saddam war ein widerwärtiger Kerl, doch wenn er Gewalt anwendete, dann war darin wenigstens noch eine gewisse Logik zu erkennen. Er setzte sie ein, damit seine Untergebenen in ständiger Angst vor ihm lebten. Uday hingegen schien es Vergnügen zu bereiten, Menschen auf verschiedenste Weise zu quälen und zu töten.
Saddam tolerierte Udays Brutalität aus drei Gründen. Erstens war Saddam selbst auch kein Heiliger, zweitens war Uday sein Sohn, und drittens erfüllte Udays sadistisches Verhalten einen bestimmten Zweck; es bewirkte, dass auch Leute in hohen Ämtern in ständiger Furcht lebten. Die Botschaft war klar: Macht keinen Unsinn, sonst schicke ich euch Uday vorbei.
Die Geschichten waren im ganzen Irak und auch in westlichen Geheimdienstkreisen bekannt. 1995 flüchteten Saddams Schwiegersöhne Hussein Kamel und Saddam Kamel mit Saddams Töchtern nach Jordanien. Saddam konnte sie schließlich überreden, wieder nach Bagdad zurückzukehren. Er versicherte, dass er ihnen verziehen habe und dass sie schließlich eine Familie wären. Als sie zurückkamen, überredete Uday seinen Vater, dass man an den beiden ein Exempel statuieren müsse. Uday folterte sie stundenlang, tötete sie und brannte als sichtbares Zeichen für alle Iraker ihre Häuser nieder. All das tat er im Beisein seiner Schwestern, die jedoch am Leben gelassen wurden.
Dann gab es die Geschichte von einem Freund, der es gewagt hatte, Saddams Sohn zu kritisieren. Uday ließ ihm die Genitalien mit einer Schnur abbinden und flößte ihm drei Flaschen Gin ein. Der Mann starb einen qualvollen Tod. Ein Jahr davor hatte sein Vater einen seiner engsten Berater zu Uday geschickt, um mit ihm über bestimmte Staatsangelegenheiten zu sprechen. Uday fand, dass ihn der Mann ein wenig herablassend behandelte, und so ließ er ihm die Hoden abschneiden und verfütterte sie an seine Hunde. Er ließ ihn jedoch am Leben – als Mahnung an alle, dass man Uday mit größtem Respekt zu behandeln habe. Rapp hatte den Delta-Jungs all diese und noch einige andere Geschichten erzählt, damit sie verstanden, wie groß die Angst der Iraker vor diesem Mann war. Und genau diese Angst würden sie sich zunutze machen, um in die Anlage zu gelangen.
Die drei Limousinen kamen auf der modernen sechsspurigen Autobahn rasch voran. Jetzt, um kurz vor 23.00 Uhr, gab es kaum noch Verkehr. Die wenigen Autos, die ihnen begegneten, wichen schnell zur Seite, wenn sie den Konvoi der drei Mercedes mit 120 km/h vorbeiziehen sahen. Als sie den Stadtrand erreichten, fuhren sie auf die Abu-Ghurayb-Schnellstraße auf, eine weitere sechsspurige Durchgangsstraße, die mitten ins Herz von Bagdad und in die Höhle des Löwen führte. Zur Linken sahen sie die große Abu-Ghurayb-Munitionsfabrik und zur Rechten die Hauptkaserne der Republikanischen Garde. Hier standen über zehntausend Mann bereit, um jede Revolte niederzuschlagen, die gegen Saddam angezettelt werden könnte.
Plötzlich bemerkte Rapp, dass der erste der drei Wagen ein wenig langsamer wurde. Da sah er, dass vor ihnen auf der mittleren Spur ein Polizeistreifenwagen fuhr. Rasch wandte er sich über Funk an den Fahrer des ersten Mercedes. »Nicht langsamer werden. Es gibt keinen Polizisten im Land, der es wagen würde, einen solchen Konvoi aufzuhalten. Fahr einfach in vollem Tempo an ihm vorbei.«
Die drei Mercedes waren mit dunkel getönten Scheiben ausgestattet, sodass man unmöglich ins Innere sehen konnte. Als sie den Streifenwagen überholten, blickte Rapp zu dem Polizisten hinüber. Wie er sich gedacht hatte, wagte der Mann die vorbeibrausenden Luxuslimousinen nicht einmal anzusehen.
Die Computerkarte im Wagen war eine große Hilfe. Dank des
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