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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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heraufrasen und neben dem Taxi anhalten sah. Gott sei Dank ist sie eine gute Autofahrerin , dachte er.
    Anna Rielly sprang mit unschuldiger Miene aus dem Wagen. »Tut mir Leid, dass ich zu spät komme, Liebling. Ich bin aufgehalten worden …«
    Rapp schüttelte nur lächelnd den Kopf. Ihre Entschuldigungen interessierten ihn nicht mehr allzu sehr, nachdem er schon so viele zu hören bekommen hatte. Dennoch konnte er ihr nicht wirklich böse sein; er freute sich einfach zu sehr auf sein neues Leben mit ihr.
     
    Die Maschine der American Airlines stand bereits auf dem Rollfeld des Baltimore International Airport. Sie warteten, bis fast alle Passagiere eingestiegen waren, ehe sie sich selbst anstellten. Es war dies eine von Rapps Regeln, an die er sich stets hielt. Nachdem er sein ganzes zukünftiges Leben mit Anna verbringen würde, beschloss er, ihr zu erklären, warum er es so machte. Sie flogen erster Klasse; wenn sie gleich eingestiegen wären, als die Passagiere der ersten Klasse die Gelegenheit dazu bekamen, hätten ihnen die übrigen 250 Fluggäste bequem dabei zusehen können. Deshalb hatte Mitch es sich angewöhnt, immer ganz zuletzt einzusteigen, weil man auf diese Weise die geringste Aufmerksamkeit auf sich zog. Und für ihn war es nun einmal von großer Bedeutung, möglichst unauffällig zu bleiben.
    Anna Rielly hatte seine Erklärung kommentarlos akzeptiert. Sie saßen noch an der Bar und tranken ein Bier, während sich die übrigen Passagiere in die Schlange einreihten. Anna wusste mittlerweile, dass Mitch bei fast allem, was er tat, auch auf kleinste Details achtete. Sie fand es zum Beispiel etwas befremdlich, dass er nie in der Mitte eines Raums sitzen konnte. Er achtete immer darauf, dass er eine Wand im Rücken hatte. Und wenn sie ein Restaurant betraten, war sein erster Weg stets der zur Toilette. Anna war das zuerst gar nicht aufgefallen, bis die O’Rourkes, mit denen sie befreundet war, sie einmal darauf aufmerksam machten. Anna fragte Mitch danach, worauf er nach einigem Zögern zugab, dass das zu seinen üblichen Vorsichtsmaßnahmen gehörte; es war für ihn »Standard Operating Procedure«, oder S.O.P., wie er sich auszudrücken pflegte. Es konnte nie schaden, wenn man wusste, wie die Toiletten und die Notausgänge angelegt waren, um gewisse Möglichkeiten zu haben, falls es nötig sein sollte.
    Dann war da noch die Sache mit der Waffe. Zuerst hatte es sie nicht allzu sehr gestört; immerhin waren Annas Vater und zwei ihrer Brüder Polizisten. Der Anblick einer Pistole war in ihrem Elternhaus stets etwas Normales gewesen – ja, sie besaß sogar selbst einen Revolver vom Kaliber .38. Sie hatte ihn für gewöhnlich sicher verwahrt, doch sie durfte ihn auch bei sich tragen, wenn sie es wollte. Normalerweise tat sie das nur, wenn sie merkwürdige Briefe oder Anrufe von einem Zuschauer bekam. Mitch jedoch würde nie ohne Waffe aus dem Haus gehen. Selbst wenn er den Rasen mähte, hatte er eine Pistole im Bund seiner Shorts stecken. Wenn sie mit dem Boot hinausfuhren, hatte er immer eine Waffe im Handschuhfach. Er hatte immer mindestens drei Pistolen irgendwo im Haus verwahrt.
    Sie hatte ihn einmal darauf angesprochen und angedeutet, dass er vielleicht ein wenig übervorsichtig war. Er hatte erwidert, dass er nur deshalb noch am Leben sei, weil er so vorsichtig war. Und er fügte hinzu, dass sie bestimmt nichts dagegen haben würde, dass er immer bewaffnet war, wenn einmal irgendjemand aus seiner gar nicht so fernen Vergangenheit auftauchen sollte. An diesem Punkt hatte sie ihm die hypothetische Frage gestellt, wie er es halten würde, wenn sie verheiratet wären und Kinder hätten. Er überlegte einen Augenblick und antwortete schließlich, dass sich dann einiges würde ändern müssen. Damals war sie mit dieser Antwort zufrieden gewesen.
    Anna nahm einen Schluck von ihrem Bier und sah Mitch an. Sie beugte sich zu ihm hinüber und fragte im Flüsterton: »Du hast doch nicht etwa eine Waffe bei dir, oder?«
    »Nein«, antwortete Rapp, »mein Charme ist meine einzige Waffe.«
    Anna lachte und schnurrte wie eine Katze.
    Seine Antwort verursachte Rapp leichte Gewissensbisse. Aber andererseits hatte sie ja nicht gefragt, ob er eine Waffe mitnehme, sondern ob er sie bei sich habe, und er hatte die Pistole ja tatsächlich nicht bei sich. Sie war vielmehr in ein halbes Dutzend Teile zerlegt irgendwo im Inneren des Jumbojets.
    Als nur noch wenige Leute in der Schlange standen, nahmen sie ihre Taschen und

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