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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schützten die Ausgänge. Einige von ihnen hatten den unerwarteten Angreifer dicht unter der Decke noch nicht bemerkt.
    »Alle raus!«, befahl MacEwan und ließ den lauernden Drachen nicht aus den Augen. »Von uns kann es keiner mit ihm aufnehmen.« Er rief den Dieben zu, dass sie sich zum Haupteingang bewegen sollten, wenn ihnen das Leben lieb sei. »Lasst die Beute, wo sie ist. Und keine Tricks, sonst werfe ich euch dem Teufel da oben zum Fraß vor, verstanden?!«
    Die Männer tuschelten untereinander, berieten sich über das Angebot.
    Da stieß sich der Drache ab und schoss wie ein Pfeil nach unten, brach durch eine Vitrine und griff den darunter liegenden Dieb mit seinen langen Krallen. Er schlug mit den Flügeln und schwang sich zurück in die Höhe, zog den Mann mit. Der Mann schrie unentwegt. MacEwan hörte das Knirschen von Knochen, gleich danach schlug ein Körper auf dem Boden auf, und das Kreischen endete.
    Die nächste Fensterfront explodierte regelrecht, ein zweiter Drache, noch hässlicher und größer als zwei ausgewachsene Männer, brach über sie herein. Er schlitterte quer durch den Saal, griff mit beiden Hinterklauen nach den Dieben und schleuderte sie wie Puppen umher. Das Wesen besaß solche Kraft, dass es die Männer durch die Türen schmetterte und die davorstehenden Constables und Museumswärter wie Kegel umwarf.
    Der größere Drache krächzte und sperrte das schnabelartige Maul mit den spitzen Zähnen drohend auf, landete und entfaltete die Schwingen; seine Klauen troffen von Blut. Gleichzeitig drückte sich das kleinere Scheusal ab und stieß auf den nächsten Dieb nieder.
    MacEwans Befehle gingen in dem Durcheinander unter, das entsetzte Rufen seiner Leute, der Wärter und der Hand voll überlebender Verbrecher mischte sich mit den Stimmen der Drachen und erlaubte kein verständliches Wort mehr.
    Als sich der beängstigende Schädel mit den weißen Augen ihm zuwandte, die kurze Schnauze sich öffnete und ein warnendes Fauchen erklang, drehte MacEwan sich um und rannte. Der Teufel war hinter ihm her.

III.
     
    »Wenn Sie mich fragen, und das tun Sie ja, handelt es sich hei dem Officium um eine Organisation, die aus dem Schaden and e rer Nutzen zieht. Zu uns sind sie erst nach mehrmaligen Auffo r derungen gekommen, als der Drache drei Kühe und eine Herde Ziegen gefressen hatte, und dann wollten sie von unserem König auch noch eine Aufwandsentschädigung für die Reisekosten. Ich weiß doch genau, dass das Officium die Ungeheuer zersägt und die Stücke heimlich verkauft. Das nächste Mal rufe ich die Dr a chenjäger, das kann ich Ihnen sagen. Die finanzieren alles aus eigener Tasche.«
     
    Alois Draxelhuber , Bauer aus dem Bericht ›Das Officium – Die heimliche Macht‹
     
    In ›Kommunistische Wahrheit‹ vom 6. September 1924

11. Januar 1925, Dordogne, fünfzehn Kilometer westlich von Perigueux, Königreich Frankreich
     
    Vouivre gefiel die Umgebung nicht. Es war zu flach, keine echten Berge, in deren Schluchten oder engen Höhlen er notfalls für seinen langen, silbrigweißen Körper Schutz suchen konnte; stattdessen kroch er durch kahle Walnussbaumwälder und hinterließ für seinen Geschmack viel zu breite und einfach zu entdeckende Spuren im Schnee. Wenigstens tarnte ihn sein glitzerndes Schuppenkleid auf weite Entfernung.
    Doch er hatte es sich nicht nehmen lassen wollen, seine Heimat in den Westalpen zu verlassen und selbst auf die Suche zu gehen. Die Trüffeln, die echten schwarzen Trüffeln aus dem Perigord, hatten nach dem ersten Frost ihre volle Reife erlangt, und Vouivre wollte sie nicht fremden Gaumen überlassen, weder Menschen noch seinesgleichen. Schlimm genug, dass Gorynytsch ihn beraubt hatte. Noch ein Grund mehr, den Russen zu töten.
    Seine geschuppte Nase grub sich in den Schnee, die lange, gespaltene Zunge schnellte hervor und suchte nach dem typischen Aroma der Trüffelknolle. Nicht weit von ihm musste sich eine verbergen, er nahm den Geruch deutlich wahr.
    Ein Windstoß brachte die Äste um ihn herum zum Wanken, Schnee rieselte von ihnen herab und landete auf ihm. Die Böe trug ihm einen sehr bekannten Geruch zu, und Vouivre hob das gekrönte Haupt mit dem Rubinauge.
    »Pratiwin, mein Bester. Du hast Neuigkeiten für mich?« Er zog den Leib etwas mehr zusammen und richtete das vordere Drittel auf.
    Der schwarze, fünfköpfige Drache war gelandet und legte die Schwingen an, damit er besser unter den Walnussbäumen hindurchpasste. »Die habe ich,

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