Die Mächte des Feuers
abwechslungsreich, was die Accessoires anging.
Natürlich gab es auch elegantere Abendkleider an denen zu bewundern, die nicht ganz so mutig waren. Die Herren trugen legere Anzüge in den verschiedensten Farben, andere hatten ihre Sakkos schon lange abgelegt und die Hosenträger von den Schultern geschoben, um mehr Bewegungsfreiheit bei den Tänzen zu haben. Silena strahlte über das ganze Gesicht, es gefiel ihr einfach zu gut.
»Kommen Sie, wir gehen nach oben«, rief er ihr ins Ohr, um die Mischung aus lauter Musik und unzähligen Unterhaltungen zu übertönen, und ehe sie sich versah, nahm er ihre Hand und zog sie hinter sich her zur Treppe.
Sie wehrte sich nicht.
In der ersten Etage angekommen, ließ er sie neben einem Tisch los, von dem aus man einen idealen Blick auf das Geschehen hatte. Dort winkte er einen Kellner zu sich, wechselte ein paar Worte mit ihm, die Silena nicht verstand, und kurz darauf wurden zwei Drinks serviert.
»Ist da Alkohol drin?«, wollte sie wissen.
»Ja…«
Sie lächelte entschuldigend und schob das Glas zu ihm hinüber. »Dann müssen Sie es trinken. Bestellen Sie mir ein Glas Milch, bitte?«
Eris tat es, dann deutete er auf die Bühne, wo eine kleine Afrikanerin in einem Bananenröckchen erschien. Die Creole Jazz Band spielte einen verjazzten Tusch, und dann sprang ein Conferencier in einem weißen Anzug und mit einem Strohhut auf dem Kopf auf die Bühne.
»Willkommen im Coco Club, Ladies and Gentlemen. Es ist mir eine besondere Freude, Ihnen die einmalige Josephine Baker anzukündigen! Wir haben sie für diese Nacht aus Frankreich entführen lassen, damit sie uns einen ihrer berühmten Tänze zeigt, und danach sorgt die Creole Jazz Band dafür, dass Ihre Schuhsohlen den heutigen Abend nicht überstehen werden.« Er steppte los und moderierte dabei weiter, als wäre das, was er mit seinen Füßen anstellte, so alltäglich wie Laufen. »Ich möchte jeden heute Abend mindestens einmal auf der Tanzfläche gesehen habe, Ladies and Gentlemen. Dabei muss man nicht unbedingt ein solches Genie sein wie ich oder meine Freunde…« Er zeigte nach rechts und links, und plötzlich marschierten weitere Männer und Frauen im Steppgleichschritt auf die Bühne. Ein Afrikaner sprang nach vorne und legte ein Solo auf die Bretter, dass Silena über so viel Bewegungsgeschick nur staunen konnte. Der Mann steppte und sprang, ließ sich fallen und stand im gleichen Moment wieder da, als sei nichts gewesen.
Die Besucher applaudierten frenetisch, johlten und pfiffen, als sich der Tänzer schweißgebadet bei den Übrigen einreihte, die ihren Formationssteppschritt nicht unterbrochen hatten.
»Einen donnernden Applaus für Mister Hakimbe, Ladies and Gentlemen!«, verlangte der Conferencier und beendete seinen Tanz, hob den Arm, und die Musik setzte mit einem wilden Trompetensolo wieder ein. »Und jetzt genießen Sie den wilden Dschungel Afrikas, die Ursprünglichkeit des Schwarzen Kontinents!« Er zeigte auf die Tänzerin und winkte ihr zu. »Misses Josephine Baker!«
Der Applaus schwoll an, hier und da standen Männer und Frauen auf, klatschten begeistert und anfeuernd zugleich.
Silena hatte eine solche Stimmung noch niemals erleben dürfen. Der Club war ein Gesamterlebnis, die Mischung aus antreibendem Jazz, die Lichter, das Funkeln der Perlen, der Schweißgeruch und das Parfüm, Tabakqualm und eine allgegenwärtige ausgelassene Stimmung, in der nicht einmal die schlechteste Laune bestehen konnte.
Etwas Derartiges gab es in München nicht.
»Gefällt es Ihnen?«, hörte sie Eris' Stimme an ihrem Ohr, und sie nickte, ohne die Augen von der Baker wenden zu können. Halbnackt sprang und hüpfte sie, vollführte unglaubliche Bewegungen, streckte die Zunge raus, schwenkte die Hüfte und wackelte mit den Armen. Was Silena zuerst für lächerlich gehalten hatte, verströmte eine Kraft und Weiblichkeit, die ihr als Westeuropäerin in der Form unbekannt war und sie in den Bann schlug.
Die kleine Afrikanerin hielt lange durch, der Applaus sperrte sie regelrecht ein, bis sie von der Bühne tanzte und noch einmal eine unglaublich lange Zunge zeigte. Der Trommler schlug dreimal auf das Becken, und sofort schwenkte die Band auf ein Charleston-Lied um, zu dem die Gäste augenblicklich auf die Tanzfläche stürmten.
Die Ausgelassenheit riss nicht ab.
Silena trank von ihrer Milch und sog den Coco Club geradezu in sich auf.
»Wie wäre es mit einem Tanz?«, schrie ihr Eris zu und zeigte nach
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