Die Maechtigen
Apfelbaum.
Als er näher kam, konnte er die Namen am Sockel des Obelisken entziffern: Lt. Walter Gibson Peter, zwanzig Jahre, und Col. William Orton William, dreiundzwanzig Jahre. Dem Friedhofsführer zufolge waren diese beiden Cousins Verwandte von Martha Washington gewesen. Als Palmiotti in dem Führer weiterlas, erfuhr er, dass die beiden hier gemeinsam in Parzelle 578 begraben lagen, weil sie als Spione gehenkt worden waren.
Palmiotti faltete die Broschüre zusammen, schob sie in die Manteltasche und versuchte, an etwas anderes zu denken.
Hinter ihm knirschte es. Als würde jemand durch den Schnee stapfen.
Er fuhr hastig herum und wäre fast auf dem Eis ausgerutscht. Es war niemand zu sehen. Einen Moment lang war er versucht, augenblicklich wieder zu gehen … einfach zu verschwinden, aber als er sich wieder zu dem Grab umdrehte, sah er, wonach er gesucht hatte. Er kniete sich hin und wischte den Schnee vom Sockel des Obelisken. Ein paar nasse Blätter lösten sich und ein paar Klumpen Dreck. Dann hörte er ein hohles Klappern, und dann sah er ihn: den hellen braunen Stein, der ungefähr die Größe seiner Handfläche hatte.
Der Stein war rund und glatt. Und aus Plastik. Sowie hohl. Ein perfektes Versteck.
Wie für einen Spion gemacht, dachte er, während sein Blick die Grabinschriften für Lt. Walter Gibson Peter und Col. William Orton Williams streifte. Ein Windstoß fegte über den Hügel, und Palmiotti griff in seine Jackentasche. Er zog ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus, auf dem stand: Ich vermisse dich .
Es war ganz schlicht. Und einfach. Wenn jemand es fand, würde er nicht weiter darüber nachdenken. Es sei denn, er könnte zwischen den Zeilen lesen.
Und auch wenn Beecher die Sache mit der Tinte herausgefunden hatte, war er dennoch nicht in der Lage, die wirkliche Botschaft zu entziffern.
Mit dem Daumen öffnete Palmiotti die Unterseite des Steines, schob den Zettel hinein und drückte ihn wieder in den Schnee.
Die ganze Sache hatte nicht mal eine Minute gedauert. Selbst wenn jemand ihn beobachtet hätte, hätte er ihn einfach für einen Hinterbliebenen gehalten, der am Grab trauerte.
Als Palmiotti jedoch auf den zementierten Weg zurückging und der Schnee seine Socken durchfeuchtete, wurde ihm klar, dass das Ende nahte. Dass er sich hier draußen herumtrieb und jemand herausgefunden hatte, was sie vor all den Jahren gemacht hatten, kündete davon.
All das würde bald zu Ende sein. Es ging nicht anders.
Um so weit zu kommen und aufzusteigen, musste man sehr viele Dinge beherrschen. In jener Nacht vor so vielen Jahren hatte Palmiotti herausgefunden, wozu er fähig war, als er ihre Zukunft beschützt hatte, seine Träume und die seines Freundes Wallace. Es war nicht leicht für ihn gewesen. Und das war es immer noch nicht. Er hatte jedoch von seinem Vater gelernt, dass ein großes Leben zu führen große Opfer fordert. Allerdings hatte Palmiotti sich damals in Ohio nicht im Traum vorgestellt, das er selbst jemals ein großes Leben führen würde. Er hatte sich ein gutes Leben erhofft, sicher. Aber nicht ein großes. Bis er am ersten Tag auf der Highschool Orson Wallace kennengelernt hatte. Wallace war der lebende Beweis für Palmiotti gewesen, dass ein großes Leben tatsächlich möglich war.
Aber wenn Palmiotti betrachtete, was er im Lauf der Jahre dafür geopfert hatte, seine Zeit, seine Ehe, seine medizinische Praxis, und dann überlegte, dass alle diese Opfer vergeblich gewesen sein sollten …
Nein. Palmiotti war zu weit mehr fähig, als irgendjemand erwartete. Genau deswegen hatte der Präsident ihn immer in seiner unmittelbaren Nähe behalten.
Ganz gleich was passierte, dies hier würde das Ende sein.
Und Beecher würde es nicht aufhalten können.
64. Kapitel
Totte und ich warten vor dem Wachhäuschen, vor uns die gelbe Metallbarriere im Beton, und zücken unsere Ausweise.
»Einen wunderschönen guten Morgen.« Der Wachmann mit den strahlend weißen Zähnen winkt uns durch, ohne sich dem Auto auch nur zu nähern.
Die Metallbarriere verschwindet mit ihrem üblichen Kreischen im Boden. Wir winken beide verwirrt zurück.
Keine Ausweiskontrolle, keine Bombensuche? Gestern waren wir noch Staatsfeinde, heute sind wir die besten Freunde.
Der Wachmann zwinkert uns sogar noch einmal zu, als wir an seiner Bude vorbei in die Garage hinunterfahren. Er zwinkert!
»Irgendwas ist hier faul«, erklärt Totte.
Natürlich ist hier was faul! Aber während ich noch einmal Dallas’
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