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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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er tot ist.« Ihr Blick ist starr geradeaus gerichtet, als ob ich gar nicht anwesend wäre. »Ich konnte natürlich nicht ahnen, dass er … Aber es gibt Schlimmeres im Leben, oder?«
    »Clementine, bist du …?«
    »Es gibt Schlimmeres im Leben. Er hätte auch tot sein können, er hätte auch …« Sie unterbricht sich, und allmählich sickern ihr die eigenen Worte ins Bewusstsein. Sie mahlt mit den Kiefern, ihre Knie geben nach. Darauf war sie nicht vorbereitet. Und jetzt bricht sie auseinander.
    Ich packe ihren Arm und ziehe. Es wird Zeit zu verschwinden. Am Ende der Regale – diesmal sind sie wirklich zu Ende – öffne ich eine Metalltür. Die verstaubten Regale im vierten Stock spucken uns aus, und kurz darauf landen wir auf dem blank polierten Büroflur im ersten Stock des Hauptgebäudes.
    Die Sirenen der Wagenkolonne gellen immer noch durch die Halle. Der Präsident muss inzwischen im Archiv eingetroffen sein; wahrscheinlich ist er bereits mit Dallas und Rina im SCIF. Die Sirenen müssten jeden Augenblick verstummen. Aber während wir uns in Richtung Lobby aufmachen und ich das unter dem Mantel versteckte Buch fest unter meinen Arm presse, heulen die Sirenen unaufhörlich weiter. Als ich mit meinem Dienstausweis vor dem Lesegerät hin und her fahre und sich die schwere Tür mit einem dumpfen Klicken öffnet, erwartet uns bereits ein halbes Dutzend bewaffneter Agenten des Secret Service in der Lobby. Die Sirenen heulen lauter denn je.
    Ein Windstoß unangenehm feuchtkalter Dezemberluft fegt von draußen beinahe den Weihnachtsbaum in der Lobby um, als die Papierdekoration in alle Richtungen davonweht. Die automatischen Türen zur Pennsylvania Avenue sind weit geöffnet.
    »Machen Sie Platz, Platz da … ein Notfall …!«, schreit jemand. Im nächsten Moment wird eine glänzende Metallbahre von zwei teilnahmslosen Rettungssanitätern in dunkelblauen, langärmligen Hemden hineingeschoben.
    »Was ist denn hier los?«, frage ich den nächsten uniformierten Secret-Service-Mann. »Ist dem Präsidenten etwas zugestoßen?«
    Er wirft einen Blick auf meinen Dienstausweis, um sich zu überzeugen, dass ich zur Belegschaft gehöre. »Glauben Sie, wir würden dann hier noch rumstehen? Wir haben den Präsidenten bereits vor sechs Minuten hier weggeschafft. Es geht um einen von Ihren Leuten.«
    Ein Fetzen des Christbaumschmucks weht mir ins Gesicht und bleibt an meinem Ohr hängen. Ich merke es nicht. Ich spüre überhaupt nichts. »Was soll das heißen, einer von uns?«
    »Einer von denen da«, präzisiert er und deutet mit einem Nicken auf die Leute von der Security am Empfangstresen. »Offensichtlich hatte irgendein armer Kerl einen Anfall oder eine Herzattacke, sie haben ihn auf dem Fußboden seines Büros gefunden. Ich glaube, er heißt …«
    »Orlando …?«, schreit plötzlich ein Wachmann am Empfangstresen.
    »Orlando …?«, platzt Clementine hinter mir heraus.
    Nein. Nein, nein. Das hat er nicht gesagt …
    Der Papierstreifen gleitet von meinem Ohr und kreiselt auf den Boden der Marmorlobby. Clementine sagt kein Wort.
    Das kann nicht sein. Ich war doch gerade … er war eben noch …
    »B … Beecher«, flüstert Clementine hinter mir.
    Ich renne los und zerre sie mit einer Hand hinter mir her.
    Dies passiert nicht wirklich. Bitte sag mir, dass das alles nicht wirklich passiert.
    Aber das tut es.
     

10. Kapitel
    »Schnell … schnell!«, schreie ich und laufe so schnell ich kann durch die strahlend weiße Halle des Erdgeschosses mit ihrem Boden in weiß-grauem Schachbrettmuster. Der magische Schlüssel schlägt gegen meine Brust, während ich mich durch die wachsende Menschentraube vor Orlandos Büro kämpfe.
    Ich bin nicht besonders groß. Auch nicht stark. Aber ich habe zwei ältere Schwestern. Klar weiß ich da, wie man kriegt, was man will.
    Ich lüge.
    »Wir gehören zu ihnen …!«, schreie ich und deute auf die Sanitäter, die kaum zwanzig Meter vor uns sind und Clementine und mich jetzt mit durch die Menge schleusen.
    Kein Archivmitarbeiter versucht auch nur, mich aufzuhalten. Archivare sind nicht für Auseinandersetzungen gemacht. Sie taugen zur Beobachtung, was auch erklärt, warum überall in der Halle Gruppen von Schaulustigen herumstehen; die Schlange reicht bis zum Büro der Security.
    Während ich laufe, höre ich das Raunen. Orlando …? Orlando … – Er soll einen Anfall gehabt haben … Orlando …
    »Du solltest nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen. Vielleicht ist er ja okay«, beruhigt

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