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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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immer gehasst, aber an einem Tag wie heute, wenn am späten Nachmittag der Wind vom Kapitol herunterfegte und in den Häuserschluchten der Pennsylvania Avenue seine ganze Wucht entwickelte, hielt eine Mütze natürlich warm. André Laurent jedoch wusste wie jeder Friseur, dass Hüte und Mützen vor allem eines bewerkstelligen: Sie ruinieren die mühsame Arbeit eines ganzen Tages.
    Doch als sich Laurent jetzt gegen den Wind zu dem großen Gebäude aus Granit kämpfte, dachte er kein einziges Mal daran, das rote Baseballcap der Washington Nationals abzunehmen.
    Er wusste ihre Vorzüge zu schätzen, vor allem als er jetzt noch einmal scharf nach rechts abbog, den Windkanal der Pennsylvania Avenue verließ und die schützende Markise vor den automatischen Türen des Nationalarchivs erreichte.
    »Sieht fast so aus, als ob Dorothy und Toto durch das Land Oz fliegen!«, meinte der Wachmann an der Rezeption, als Laurent in die Lobby trat und einen kräftigen Schwung kalter Luft mitbrachte.
    »So schlimm ist es auch wieder nicht«, erwiderte Laurent.
    Er meinte es ernst. Verglichen mit dem ewigen grauen Ohio waren die Winter in Washington geradezu angenehm. Aber als er sich dem Empfangstresen näherte, hatte Laurent das Gefühl, dass dies auch das Einzige war, was in Washington besser war.
    Besonders in den letzten Monaten.
    »Irgendwelche Nachforschung oder haben Sie eine Verabredung?«, fragte der Wachmann.
    »Recherche«, antwortete Laurent. Ihm fielen die buschigen Augenbrauen des Wachmanns auf. Die sollten wirklich dringend geschnitten werden, dachte er und griff nach dem Ausweis, den Palmiotti ihm gegeben hatte, dabei kontrollierte er unauffällig den Sitz des Baseballcaps. Sie schützte sein Gesicht vor der Sicherheitskamera an der Decke.
    »Wie lautet Ihr Name noch einmal?«
    Laurent lehnte sich gegen den Tisch, der ihm bis zur Brust reichte. Er kam nicht gern her. Aber wie allgemein bekannt war, konnte sich auch der Präsident schließlich nicht jeden Tag die Haare schneiden lassen. »Erkennen Sie mich denn immer noch nicht? Ich bin doch dauernd ständig hier«, erwiderte Laurent und hielt den Ausweis hoch. »Ich heiße Dustin Gyrich.«
     

41. Kapitel
    »Haben Sie schon mit Rina über mich gesprochen?«, will Diamond wissen.
    »Sie machen wohl Witze«, entgegne ich. »Für wie schnell halten Sie mich?«
    »Für ziemlich schnell.« Er nickt Totte zur Begrüßung zu und wirft einen kurzen Seitenblick auf Clementine. »Ungefähr so schnell wie ich mit dieser unsichtbaren Tinte.«
    Er hebt die Brauen. Offenbar findet er sich zum Schreien komisch. Er wirbelt zum Labor herum und lädt uns mit einer Handbewegung ein, ihm zu folgen.
    »Übrigens, woher kommt sie eigentlich?« Er zeigt mit dem Daumen auf Clementine, ohne sich umzudrehen.
    »Sie …«, ich schiebe hastig den roten Besucherausweis, den Totte ihr besorgt hat, unter den Aufschlag ihrer Jacke. »… arbeitet im Bereich Modernes Militärwesen im College Park«, erkläre ich. Das ist unsere Einrichtung in Maryland. »Sie heißt Lucy.«
    Lucy? Clementine verzieht den Mund.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Lucy«, sagt Diamond, immer noch mit dem Rücken zu uns gewandt. »Nur merkwürdig, dass einer unserer Angestellten hier einen Besucherausweis tragen muss.«
    Ich sage kein Wort, als wir an einer Reihe von Kartenräumen und Lagerabteilen vorbeikommen. Es sollte mich nicht überraschen, dass er den Ausweis bemerkt hat. Es ist schließlich Diamonds tägliches Brot, sich um jede Kleinigkeit zu kümmern.
    »Hören Sie, Daniel«, setzt Totte an.
    »Totte, es ist mir vollkommen gleichgültig. Wirklich«, fährt er ihm in die Parade. »Beecher, Hauptsache, Sie legen bei Rina ein gutes Wort für mich ein. Fairer Tausch?«
    Ich nicke. Das ist ein fairer Tausch.
    »Also, kommen wir zu Ihrem Schreckgespenst«, sagt er, als er uns zu dem quadratischen Labortisch führt, auf dem eine Menge himmelblauer Plastikschalen mit Entwicklungsbädern stehen, wie man sie auch in einer Dunkelkammer findet. Auf der Ecke des Tisches liegt unser Exemplar von Entick’s Dictionary . »Wie viel wissen Sie über unsichtbare Tinte?«
    »Ich erinnere mich an eine naturwissenschaftliche Vorführung in der fünften Klasse: Jemand schreibt etwas mit Zitronensaft, dann erwärmt man das Papier, und voilà …«
    Ich schlage das Wörterbuch auf und sehe ein Blatt durchsichtiges Seidenpapier zwischen jeder Seite. Aber außer der bekannten Inschrift – Exitus Acta Probat – sehe ich nur leere

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