Die Maechtigen
machen wir es.«
Nach sechs Minuten und neunzehn Sekunden sitzen Clementine und ich in dem himmelblauen Mustang, verlassen die Tiefgarage des Nationalarchivs und stürzen uns in den Feierabendverkehr.
Ich weiß, dass Totte sich Sorgen macht. Er macht sich immer Sorgen. Aber wenn ich daran denke, was wir heute durchgemacht haben …
Was soll schon Schlimmeres passieren?
47. Kapitel
Der Archivar musste noch kurz etwas erledigen.
Da Beecher jetzt weg war, würde es nicht lange dauern.
Nur kurz noch mal in die Suchhilfe, und dort zum ersten … zweiten … dritten … vierten Bücherregal auf der rechten Seite. Der Archivar sah sich um, obwohl er wusste, dass niemand hier war. Genau deswegen hatten sie diesen Raum ja überhaupt ausgewählt.
Der Präsident war dagegen vollkommen auf den SCIF fixiert. Das war auch durchaus sinnvoll. Denn der SCIF war sicher. Der SCIF war einfach perfekt.
Bis gestern, jedenfalls.
Der Archivar griff nach dem obersten Regalbrett, schob die schwarzen Aktenordner beiseite und griff direkt nach dem Buch. Ein Problem aus der Hölle.
Aus der Tasche holte der Archivar eine kleine Plastikflasche von der Größe einer kleinen Phiole. Sie hatte eine dreieckige Pipette an der Spitze, das heißt, eigentlich war es ein Schwamm. Der Archivar öffnete das Buch, kippte die kleine Flasche auf den Kopf und ließ die Flüssigkeit in den Schwamm fließen. Dann strich der Archivar damit über die Seite. Innerhalb von Sekunden wurde die zierliche, grüne Handschrift sichtbar.
Der Archivar las den Text rasch; das meiste kannte er bereits. Aber gegen Ende …
Der Archivar nickte. Soweit es um Beecher ging, genau … und was Clementine betraf … Genau so mussten sie es machen.
Die Wörter verblassten wieder, bis sie vollkommen verschwanden, und der Archivar klappte das Buch zu. Dann ging er durch die Lobby hinaus und trat auf die kalte Pennsylvania Avenue.
»Taxi!«
Ein schwarz-gelbes Taxi hielt an.
»Wohin geht’s denn heute Abend?«, erkundigte sich der ältere Taxifahrer leutselig. Er hatte eine runde Nase, dicke Brillengläser und hielt dem Archivar eine Plastikkarte hin, als der einstieg.
»Was ist das?«, erkundigte sich der Archivar.
»Meine Firmenphilosophie.«
Auf der Karte hieß es: Ich bringe Sie in einer möglichst angenehmen Atmosphäre zu Ihrem Ziel. Darunter waren die lokalen Radiosender aufgelistet.
Typisch Washington D. C. Hier war jeder ein verdammter Streber.
»Biegen Sie einfach da vorn um die Ecke und halten Sie«, erwiderte der Archivar. »Ich warte auf ein paar Freunde in einem hellblauen Mustang.«
»Meinen Sie den da?«, fragt der Taxifahrer und zeigt durch die Frontscheibe auf den Oldtimer, in dem Beecher und Clementine saßen. Sie kamen aus der Tiefgarage und fädelten sich in den Verkehr ein.
»Genau den meine ich. Schönes Auto, oder?«
»Soll ich ihm folgen? Wie im Film?«, fragt der Taxifahrer.
»Bleiben Sie lieber etwas zurück. Selbst wenn Sie ihn aus den Augen verlieren«, antwortete der Passagier, der das Buch Ein Problem aus der Hölle neben sich liegen hatte . »Ich weiß ohnehin, wohin sie fahren.«
48. Kapitel
»Fühlst du dich jetzt etwas besser?«, frage ich Clementine.
»Ja.«
»Klingt nicht sehr überzeugend.«
Darauf erwidert sie nichts, sondern schaut nur in den Seitenspiegel auf ihrer Seite und beobachtet die hellen Scheinwerfer der Autos hinter uns. Ich werfe ebenfalls einen Blick in den Rückspiegel und registriere, wer uns folgt. Ein blauer Acura, ein paar SUVs, etliche Hybridfahrzeuge und wie üblich zur Hauptverkehrszeit viele Taxis. Nichts Ungewöhnliches. Trotzdem fühle ich mich nicht besser.
»Totte hasst mich«, sagt Clementine.
»Wie kommst du darauf?«
»Du meinst, abgesehen von seinen vorwurfsvollen Blicken? Und seiner Bemerkung, als ich telefoniert habe. Sinngemäß hat er gesagt: Mit wem sprechen Sie da? Ich hasse Sie! «
»Er ist nur meinetwegen besorgt.«
»Wenn er sich Sorgen machte, würde er jetzt hier im Auto sitzen. Er mag mich nicht. Er traut mir nicht.«
»Vielleicht. Aber ich vertraue dir.«
Ich biege wieder rechts ab und folge dem Verkehr in die Constitution Avenue. Clementine reagiert nicht auf meine Worte.
»Was? Traue ich dir etwa auch nicht?«, hake ich nach.
»Beecher, du warst heute schließlich für mich da … bei Nico. Ich weiß, wie du empfindest. Und ich hoffe, du weißt auch, wie ich fühle. In all diesen Jahren … Niemand war so gut zu mir wie du. Nur eins verstehe ich nicht: Warum
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