Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
Vom Netzwerk:
ihm ins Wort. »Ihnen gehört der Jugendclub …«
    »Gehören ist etwas übertrieben.« Der Betreuer lächelte freundlich. »Ich betreibe ihn nur. Aber Lisa und Sam sind gerne dort. Ihr Neffe kommt immer gerne vorbei. Er ist etwas still, aber ansonsten ein aufgeweckter Junge. Ihre Nichte war zuletzt nur noch selten da.« Er hielt kurz inne. »Es ist unvorstellbar, was ihr widerfahren ist. Es tut mir wirklich leid.«
    »Ja, ja«, erwiderte Frank unwirsch. Dann hob er plötzlich seine Augenbrauen. »Moment mal, Ihr Freund, das ist doch … Alex Lindner, richtig?«
    »Oh«, entfuhr es Jäger. »Ja, ich hab’ davon erfahren. Aber beim besten Willen, ich kann mir das nicht vorstellen. Alex ein Mörder? Das ist …«
    »Es wäre besser, wenn er selbst mit mir redet«, unterbrach Lauras Schwager ihn erneut. »Haben Sie eine Ahnung, wo er steckt?«
    »Nein.« Der Betreuer schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, ich habe seit Tagen nichts mehr von ihm gehört. Aber noch einmal …« Mit einem Blick auf Laura dämpfte er seine Stimme. »Diese grässlichen Dinge, nein, ich bin überzeugt, damit hat er …«
    »… uns alle getäuscht«, brummte Frank und eilte wieder davon.
    Jäger schüttelte den Kopf. »Ich bin überzeugt, er findet den wahren Mörder.«
    »Ich hoffe«, murmelte Laura. »Ich hoffe, dass …« Der Rest ihres Satzes ging im Lärm der Sirenen unter.
    Alex folgte dem Fingerzeig seines Freundes. Paul rannte auf einen Hügel zwischen Bäumen zu. Die dunkle Öffnung war von Büschen halb verdeckt, aus der Ferne kaum zu erkennen. Als sie jedoch davorstanden, war sie nicht mehr zu übersehen, ebenso wenig wie der Gang, der in eine völlige Schwärze führte. Alex trat ohne Zögern hinein. »Du wartest hier.«
    Paul hielt ihn zurück. »Hey, Mann, du gehst auf keinen Fall alleine da rein.«
    Alex stieß ihn zurück. »Einer von uns muss den Eingang im Auge behalten. Oder glaubst du, ich möchte eine unliebsame Überraschung von hinten erleben?«
    Paul grummelte, blieb aber stehen. Alex schaltete die Taschenlampe an und tastete sich in den Tunnel vor, bis er im zuckenden Lichterkranz einen Treppenabsatz erspähte. Er konnte sich an die brüchigen Stufen erinnern, die er als Teenager zusammen mit seinen Freunden hinabgestiegen war, wann immer sie sich mittags nach der Schule in Finkenwerda verabredet hatten. Stundenlang hatten sie sich in den Bunkerräumen herumgetrieben, geraucht, getrunken und …
    Er richtete die Taschenlampe in die Tiefe. Von grauen und gelben Flecken übersät, von einem Netz haarfeiner Risse durchzogen, sahen die verputzten Wände aus, als wären sie viel älter als die Bäume, die im Wald über ihnen wuchsen.
    Nervös drehte Alex sich noch einmal um. Im Schemen des Ausgangs, schwach erleuchtet vom Tageslicht, erkannte er Pauls Silhouette. Alex holte tief Luft, dann setzte er einen Fuß auf die erste Stufe.
    Kapitel 60
    Alex leuchtete hinab, aber das Licht der Taschenlampe reichte nicht bis zum Boden. Nur wenige Stufen wurden von dem bescheidenen Lampenstrahl erhellt, bevor dieser in der Düsternis entschwand. Alex ging die Treppe hinab. Seine Hände schwitzten. Er nahm die Taschenlampe von einer Hand in die andere und wischte sich die Handflächen an der Hose ab. Der Geruch eines Parfüms kam ihm in die Nase. Er holte Luft. Plötzlich roch er noch etwas anderes, das Aroma von Schimmel und – Verwesung.
    Er sah nach unten und betrachtete die Stufen, die sich im zitternden Licht der Taschenlampe vor und zurück bewegten. Er beugte sich ein wenig nach vorne. Die Stufen mündeten in einen Absatz. Ein Gang führte geradewegs in die Erde hinein. Er folgte dem schmalen Stollen, bis er rechts von sich die erste Kammer bemerkte. Hier war der schimmelige Geruch stärker. Er ähnelte dem durchdringenden Geruch verfaulender Pflanzen. Der Gestank erinnerte Alex an seine Jugend, als er genau diesen Geruch schon einmal wahrgenommen hatte. Unsere Butze. Die Raucherhöhle.
    Es war unnatürlich still, abgesehen von Alex’ keuchendem Atem. Aber er bildete sich ein, er würde noch etwas anderes hören. Er blieb regungslos stehen, lauschte. Ein schwaches Stöhnen drang an sein Ohr. Ein Schluchzen. Aber sicher war er nicht. Er richtete die Taschenlampe nach vorn, direkt auf eine Gittertür. Die hat es früher hier noch nicht gegeben! , schoss es ihm durch den Kopf. Dahinter kam ein blasses Gesicht zum Vorschein.
    »Sam!« Alex stürzte auf den Jungen zu. »Sam, was machst du denn hier?«
    Der Junge brach

Weitere Kostenlose Bücher