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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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jenen, die wir bereits erwähnt haben, Hemmo der Kurze, der noch kleiner war als Björn, aber überungewöhnliche Körperkraft verfügte; er pflegte seine Gegner von hinten mit den Armen zu umschlingen und ihnen den Brustkorb einzudrücken. Ein anderer hieß Torkel Hakenlachs; er fiel Björn dadurch auf, daß er sich ausschließlich von Fischen ernährte, die er unterwegs angelte und in rohem Zustand verschlang. Schließlich war da noch Tosti Einauge, der nur mit einem Auge, dem linken, zur Welt gekommen war. Dies beeinträchtigte zwar sein Sehvermögen, hatte jedoch seinen Geruchssinn derart geschärft, daß er nicht nur Land riechen konnte, bevor es in Sicht kam, sondern auch mit untrüglicher Sicherheit vorauszusagen wußte, ob es bewohnt war. Und wenn dies allein schon erstaunlich genug war, so konnte er darüber hinaus noch riechen, ob sich unter den Bewohnern Frauen befanden. Denn Frauen, behauptete er, zumal mannbare, strömten einen unverwechselbaren Geruch aus. Mit dieser Fähigkeit erwarb sich Tosti Einauge bei der Besatzung große Achtung, und es kam im weiteren Verlauf der Reise des öfteren vor, daß der Steuermann Tosti zu Rate zog.
    Von den übrigen Männern, die hier ungenannt bleiben, nahm Björn nicht mehr wahr, als daß sie zusammen mit ihm an Bord lebten und arbeiteten, daß sie, wie er, hungerten und kämpften und, einer auf diese, der andere auf jene Weise, den Tod fanden.
    Bei mäßigem Wind aus Südwest segelten sie weiter nach Norden. Bald blieb Seeland hinter ihnen zurück, und während auf der Backbordseite die buchtenreiche Küste von Jütland vorüberzog, dehnte sich steuerbord das Meer. Die Männer lagen an Deck, einige schliefen, andere vertrieben sich die Zeit mit Spielen oder lauschten, von den Tafelfreuden des Jarlhofes ermattet, mit halbem Ohr Bjarki Fleischsuppes unglaublichen Geschichten. Björn saß mit Leif auf der Back, und dieser erzählte ihm, daß er aus dem nördlichen Angeln stamme. Nachdem sein älterer Bruder den Hof übernommen habe, sei er in die Stadt zu Vagn gegangen, der ein Vetter seines Vaters war. Doch Vagn habe ihn nicht nur bei jeder Gelegenheit spüren lassen, wie unwillkommen er ihm war, sondern wie einen Knecht behandelt. Manches von dem, was Leif berichtete,erinnerte Björn an die Zeit, die er selbst bei Vagn verbracht hatte, aber davon erzählte er nichts. Er wollte seinen Haß mit niemandem teilen.
    Nachts ankerten sie in Buchten, die sich nur dadurch unterschieden, daß der Wald am Ufer, je weiter sie nach Norden kamen, immer spärlicher und niedriger wurde. Bald fiel es schwer, einen windgeschützten Ankerplatz zu finden, denn statt von Wald waren die Buchten jetzt nur noch von dornigem Gestrüpp gesäumt. Dahinter erstreckte sich bis zum Horizont baumlose, sumpfige Heide. Auch Thormod hatte unterdessen Vertrauen zu Tostis Geruchssinn gefaßt; wenn Tosti Einauge keine Menschen witterte, ließ Thormod einige Männer an Land gehen, um das Essen zu kochen.
    Eines Abends opferte Thormod einen kleinen gelben Hund, der bislang, von den meisten unbemerkt, in einem Verschlag unter dem Schanzdeck eingesperrt gewesen war. Thormod öffnete ihm die Schlagader, ließ das Blut über seine Hände strömen und hob diese dann, den Meeresgott Njörd mit lauter Stimme um seinen Beistand anrufend, zum Himmel empor. Das Bild prägte sich Björns Gedächtnis ein: Thormod, bis zu den Knien in verkrüppeltem Gesträuch auf einem Hügel am Ufer stehend, seine blutigen Hände mit gespreizten Fingern emporgestreckt, dahinter der in ein fleckiges Rot getauchte Abendhimmel. Später ließ Thormod einen Holzstoß errichten, auf dem er den Kadaver des Hundes verbrannte.
    An diesem Abend gab es reichlich zu essen und mehr von Skjalm Hvides Starkbier zu trinken, als einige der Männer vertragen konnten. Halfdan Lämmchen watete trunken am Schiff vorbei in die Bucht hinaus, wo ihn die Strömung erfaßte und auf das Meer hinausgetrieben hätte, wäre er nicht an einem von Torkels Angelhaken hängengeblieben. Bei Ketil Nase führte der übermäßige Biergenuß dazu, daß ihn das Verlangen überkam, Björn einen faustgroßen Stein an den Kopf zu werfen. Da er, wenn er sich überhaupt bewegte, dies sehr langsam tat, gelang es Leif, ihm einen Schlag auf den zum Wurf ausholenden Arm zu versetzen. Erst Ketils Schrei ließBjörn herumfahren und erkennen, in welcher Gefahr er geschwebt hatte. Er dankte Leif und nahm sich vor, Ketil Nase nie wieder den Rücken zuzukehren.
    Thormods Opfer schien

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