Die Männer von Bravo Two Zero
daß sein alter Trupp so gut abschnitt.
In der nächsten Phase war ich ganz auf mich gestellt, und das gefiel mir. Unsere Bewegungen zwischen den einzelnen Treffpunkten waren so verabredet, daß man am Ende der Flucht- und Ausweichphase geschnappt und
taktischen Verhören unterzogen wurde. Man bringt
einem bei – und das darf man nie vergessen –, die graue Maus zu sein. Man will keinesfalls als interessanter Fall herausgepickt und weiter verhört werden. Ich fand diese Phase nicht besonders schwer, denn trotz der verbalen Drohungen griff einen niemand tatsächlich an, und man wußte, daß das auch nicht passieren würde. Man friert und ist durchnäßt und hungrig, und alles ist verdammt unangenehm, aber man muß einfach nur durchhalten,
mehr körperlich als seelisch. Ich konnte es kaum glauben, daß einige noch in diesen letzten Stunden das Handtuch 31
warfen.
Schließlich kam bei einem der Verhöre ein Typ herein, gab mir einen Becher Suppe und verkündete, es sei
vorbei. Darauf folgte eine kurze Besprechung, weil die Verhörer von einem selbst ebensoviel lernen können wie man von ihnen. Doch der Kopf wird bei diesen
Prozeduren schon beeinträchtigt. Überrascht stellte ich fest, daß es sechs Stunden später war, als ich geschätzt hatte.
Als nächstes folgten zwei Wochen Waffenausbildung
in Hereford. Die Ausbilder sahen sich genau an, wen sie vor sich hatten, und behandelten einen entsprechend.
Wenn man frisch aus dem Verpflegungskorps kam,
fingen sie geduldig ganz von vorn an. Wenn man
Infanteriegefreiter war, erwarteten sie ausgezeichnete Leistungen. Dann folgte die Fallschirmjägerausbildung in Brize Norton, und das war nach den Strapazen des
Auswahltests wie zwei Wochen Urlaub.
Als wir nach sechs langen, anstrengenden Monaten
wieder in Hereford ankamen, wurden wir einer nach dem anderen ins Büro des Kommandanten gerufen. Als mir das berühmte sandfarbene Käppi mit dem geflügelten Dolch überreicht wurde, sagte er: »Denk immer daran, daß es schwerer zu behalten als zu kriegen ist.«
Das habe ich damals nicht richtig verstanden. Ich
mußte mich schwer beherrschen, nicht in Jubel
auszubrechen.
Den Löwenanteil der SAS-Neulinge machten wie immer die Leute aus der Infanterie aus, außer ein paar
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Ingenieuren und Meldern. Von den 160 Kandidaten am Anfang hatten nur acht bestanden – ein Offizier und sieben Trooper.
Offiziere dienen in der SAS nur auf drei Jahre, aber sie können eine zweite Dienstzeit absolvieren. Ich mit meinem niedrigeren Rang mußte die volle Zeit meines 22jährigen Vertrags ableisten – theoretisch weitere 15
Jahre.
Dann kamen wir zu unseren Abteilungen. Man kann
angeben, ob man lieber bei der Gebirgs-, Transport-, Marine- oder Lufttruppe sein möchte, und sie
berücksichtigen das, soweit es geht. Ansonsten hängt alles von freien Plätzen und den jeweiligen Kenntnissen ab. Ich ging zu den Heeresfliegern.
Die vier Abteilungen sind sehr unterschiedlich. Es hat einmal geheißen, in einem Nachtclub würden die
Gebirgsjäger hinten an der Wand aufgereiht sitzen und kein Wort sagen, die Marinesoldaten würde zwar reden, aber nur untereinander. Die Transportleute stünden am Rand der Tanzfläche und guckten die Frauen an, und die Flieger gäben beim Tanzen ihr Bestes – und machten sich völlig lächerlich.
Debbie kam aus Deutschland zurück zu mir nach
Hereford. Seit Beginn der Prüfungen im Januar hatten wir nicht viel voneinander gesehen. Sie war auch nicht sonderlich begeistert, als ich am Tag nach ihrer Ankunft zur weiteren Ausbildung auf zwei Monate in den
Dschungel geschickt wurde. Als ich zurückkehrte, war das Haus leer. Sie hatte ihre Sachen gepackt und war zurück nach Liverpool gegangen.
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Im Dezember des folgenden Jahres freundete ich mich mit Fiona an, meiner Nachbarin. Unsere Tochter Kate wurde 1987 geboren, und im Oktober dieses Jahres
heirateten wir. Unser Hochzeitsgeschenk vom Regiment war ein Zweijahresjob im Ausland. Von diesem Trip
kehrte ich 1990 zurück, aber im August, nur zwei Monate nach meiner Rückkehr, wurde die Ehe geschieden.
Im Oktober 1990 lernte ich Jilly kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick – meint sie zumindest.
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Drei
Um 7 Uhr 50 trafen wir uns am Tisch des OC und gingen von dort zusammen zur Einsatzbesprechung. Alle waren in aufgeräumter Stimmung. Wir hatten jeder eine
Thermosflasche dabei und einen Wochenvorrat an
Schokolade. Es würde ein langer Tag werden, und wenn wir die Zeit für
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