Die Männer von Bravo Two Zero
Windschutz. Morgen würden wir es noch mal versuchen.
Die Senke war kaum einen Meter tief. Wir legten uns dicht nebeneinander. Es war schrecklich. Wir waren elend lange marschiert, um weniger als zehn Kilometer in Richtung Nordwesten zurückzulegen. Aber es war besser, die Streckenleistung einer Nacht zu verlieren als einen Mann. Zwei Kilometer weiter im Norden sahen wir die Schotterstraße. Die Senke verlief zwar in Windrichtung, aber wir waren einigermaßen geschützt. Wir drängten uns aneinander und hielten die Augen offen.
Im Morgengrauen des 26. vergewisserten wir uns, daß wir nicht direkt oberhalb einer feindlichen Stellung saßen. Es gab nur eine Anhöhe, von der aus man uns hätte sehen können, und da wir uns an eine Seite der Bodensenke drängten, war nicht damit zu rechnen.
Das Wetter war umgeschlagen. Nicht eine Wolke stand am Himmel, und als die Sonne durchkam, war das eine Wohltat, psychisch gesehen, denn es war noch sehr kalt. Der eisige Wind pfiff unverändert, und wir waren bis auf die Haut durchnäßt.
Ich hatte einen kleinen Feldstecher dabei, ein hervorragendes Gerät, das ich bei einem Juwelier in Hereford gekauft hatte. Ich blickte nach Norden zur Straße hin, die zu einer Tankstelle führte. In regelmäßigen Abständen kamen Fahrzeuge, alle paar Minuten: Öl-Lkw, Wassertransporter, LandCruiser mit Zivilisten, der Ehemann am Steuer und die Frau ganz in Schwarz gehüllt im Fond. Meistens kamen die Fahrzeuge in Dreier- oder Vierergruppen. Es waren auch viele Militärkonvois unterwegs, Panzerfahrzeuge und Lastwagen.
Nach Süden hin sah ich in zwei Kilometer Entfernung Strommasten, die in südöstlich-nordwestlicher Richtung verliefen, parallel zur Straße. Drei oder vier Fahrzeuge fuhren ebenfalls nach Südosten an der Linie von Strommasten entlang, als würden sie sie zur Orientierung benutzen. Wir befanden uns zwischen Straße und Strommasten.
Wir rückten eng zusammen, um uns zu wärmen, und versuchten, uns wach zu halten, aber es passierte immer wieder, daß wir eindösten und dann aus dem Schlaf aufschreckten. Wir hatten die Nacht überlebt, und jetzt hoffte ich bloß, daß wir wieder bis Sonnenuntergang durchhalten würden.
Wir versorgten unsere Füße. Dabei darf sich immer nur einer einen Stiefel ausziehen. Mittlerweile waren wir zwar an strammes Marschieren unter harten Bedingungen gewöhnt, aber die Anstrengungen der letzten Nacht übertrafen alles. Wir waren zwölf Stunden marschiert, hatten weit über 50 Kilometer zurückgelegt, und das unter Wetterbedingungen, wie man sie sich schlimmer kaum vorstellen kann. Unsere Füße hatten einiges mitgemacht.
Dinger erinnerte sich, daß Chris Goretex-Schuhe getragen hatte, die ihn 100 Pfund gekostet hatten. »Falls der noch auf den Beinen ist, sind seine Füße in den Gucci-Schuhen bestimmt okay«, sagte er, während er sich die wunden Zehen massierte. Wir aßen eine kalte Ration. Aufwärmen war nicht möglich, weil das Gelände zu offen war. Unser Proviant würde noch ein paar Tage reichen; was wir dringender brauchten, war Wasser.
Wir ruhten uns aus und beratschlagten. Vor allem mußten wir heute nacht das Hochland hinter uns lassen, um tiefer gelegene Gebiete zu erreichen, wobei es sich der Karte nach um steiniges Flachland handelte, über das wir dann zur Grenze spazieren könnten. Theoretisch könnten wir es in dieser Nacht über die Grenze schaffen, wenn wir uns richtig anstrengten. Das hieße bloß, noch einmal zwölf Stunden an einem Stück marschieren. Positiv war, daß wir nicht viel Gewicht zu schleppen hatten, denn wir trugen nur unsere Gürteltaschen und Waffen. Und wir hatten ein Ziel, das hieß: Raus aus dem Irak, rein nach Syrien. Wir hatten keine Ahnung, wie die Grenze aussah; das würden wir dann sehen, wenn wir da waren.
Wir studierten noch einmal die Karte, um sicherzugehen, daß wir alle wußten, wo wir waren, wohin wir gingen und was wir aller Wahrscheinlichkeit nach unterwegs sehen würden - was nicht besonders viel war, da wir nur Luftkarten hatten. Der Verlauf von Stromleitungen und ähnlichem ist auf solchen Karten nur ungefähr eingezeichnet, aber wir wußten, daß sich etwa drei Stunden nach Norden zu unserer Rechten ein größeres besiedeltes Gebiet befand.
Langsam kamen wir alle wieder zu Kräften. In den nächsten Stunden erzählten wir uns im Flüsterton dreckige Witze, um bei Laune zu bleiben. Allmählich ließ sich alles wieder ganz gut an. Uns war zwar noch kalt, aber wir kamen damit klar.
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