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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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Jahre her – waren die sizilianischen Gerichtshöfe die Garanten der politischen und der mafiosen Macht. Nur sehr wenige Richter und Staatsanwälte bekämpften dieses kriminelle Phänomen, viele zeigten sich gleichgültig, einige waren sogar Komplizen der Mafia, unter ihnen hohe Justizbeamte. Im Justizpalast von Palermo, Trapani und Agrigent gab es Staatsanwälte, die vor den Mafiabossen entweder erzitterten oder enge Beziehungen zu ihnen pflegten. Und es gab Gerichtspräsidenten, die im Ruf standen, »Ehrenmänner« zu sein. Die Strafverfahren wurden außerhalb der Gerichtssäle entschieden. Auch der Generalstaatsanwalt des Gerichtsbezirks Palermo, Emanuele Pili, verkehrte mit Michele Greco, er besaß sogar die Schlüssel zu dessen Landgut La Favarella. Lebenslange Freiheitsstrafen erhielten nur psychische Wracks, niemals »Ehrenmänner«.
    In den 1970er Jahren hatten die Generalstaatsanwälte das Wort »Mafia« aus ihren Reden zur Eröffnung des Gerichtsjahres gestrichen. Sie nahmen keinen Bezug mehr auf die Mafia. Sie betrachteten sie als erledigt, als tot. Und ein Mafioso, der auspackte, konnte kein echter Mafioso sein, weil »Mafiosi nicht reden«. Die Cosa Nostra existierte für sie nicht mehr. Doch es war die Zeit unmittelbar vor dem Angriff Totò Riinas auf den Staat. Palermo war ein Sumpf, und die Justizbehörden steckten mitten drin.
    Mit Falcone änderte sich alles. Seine Ankunft im Justizpalast Palermo markierte eine Revolution, einen Generationswechsel und kulturellen Bruch: den Abschied von den Richtern und Staatsanwälten, die nichts sahen und nichts hörten. Im Kampf der Justiz gegen das mafiose Verbrechen gibt es eine Zeit vor und eine Zeit nach Giovanni Falcone.
    73. Hat auch der Polizeiapparat die Mafia geschützt?
    Die älteren Reporter, mit denen ich zu Beginn meiner journalistischen Laufbahn in der palermitanischen Zeitung
L’Ora
zusammenarbeitete, erzählten mir, Luciano Liggio, der Boss von Corleone, habe nur deshalb untergetaucht bleiben können, weil er vom Polizeichef gedeckt worden sei. Damals erschien mir das eine lokale Legende, ein Gerücht, um sich die lange Unauffindbarkeit des Bosses zu erklären. Ich habe nie herausgefunden, ob Liggio tatsächlich von einem Polizeichef beschützt wurde, aber je mehr ich mich mit den Geheimnissen der Cosa Nostra beschäftigte, desto mehr wuchs meine Gewissheit, dass man vielen anderen Bossen gefällig gewesen war, so dass sie unbehelligt im Untergrund leben konnten. In ihrem eigenen Haus. Die Wahrheit ist, dass niemand sie gesucht hat. Sie konnten sich frei und ungehindert in Palermo bewegen. Einige steckbrieflich Gesuchte wie Saro Riccobono oder Gaetano Badalamenti besuchten sogar ihre Freunde im Ucciardone-Gefängnis der Stadt, die in dem berüchtigten Trakt der Bosse untergebracht waren. Sie konnten machen, was sie wollten.
    In den sechziger und siebziger Jahren waren die Mafiosi die unumschränkten Herren von Palermo. Anders lässt es sich nicht erklären, warum so viele von ihnen so lange untergetaucht bleiben konnten. Totò Riina war fünfundzwanzig, Bernardo Provenzano dreiundvierzig Jahre lang unauffindbar. Das war nur möglich, weil er geschützt wurde. Weil irgendjemand dafür sorgte, dass er in Freiheit blieb.
     
    Wir Untergetauchten sind es gewohnt, mit Frau und Kindern zu leben, denn man lässt uns einigermaßen in Ruhe. Ich war viele Jahre untergetaucht und hatte immer meine Frau und meine vier Kinder an meiner Seite. […] Auch wenn Polizisten auf Streife waren und ein Auto mit drei Insassen an Bord entdeckten, hielten sie nicht an. Das habe ich selber erlebt, als ich in einer Parallelstraße zum Viale della Regione Siciliana unterwegs war, um jemanden umzubringen […].
    Wir haben den Mord dann ausgeführt. […] Wir haben sie vonweitem gesehen und sie uns sicher auch. Sie waren in einem hellgelben 128er Fiat unterwegs, welche vom Greifkommando; ein sehr gefährliches Auto: Sie sind auf eine Erdaufschüttung raufgefahren und hätten sich fast überschlagen, um uns vorbeizulassen. Das war leider damals die Realität.
     
    Gaspare Mutolo, Anhörung vor dem parlamentarischen
    Antimafia-Ausschuss, 9. Februar 1993
    74. Warum galten die Mafiosi als unantastbar?
    Es gab eine Komplizenschaft, eine stillschweigende Übereinkunft, sich gegenseitig in Ruhe zu lassen. Die Bosse der Cupola, die alten Paten, garantierten den »sozialen Frieden«, die Ruhe und die öffentliche Ordnung. In Palermo gab es keine Fälle von Handtaschenraub, keine

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