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Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Titel: Die Mafia kommt zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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daß sein
Magen wie ein gefräßiger Schäferhund knurrte.
    „Es gibt Gulasch mit Spaghetti“, sagte
Frau Glockner. „Wer Appetit hat, ist eingeladen.“
    „Eigentlich wollte ich ja fasten“,
sagte Klößchen, „wegen meiner Bodybuilder-Ambitionen (Ambition = Ehrgeiz,
Streben). Aber einer so herzlichen Bitte kann ich nicht widerstehen. Vielen
Dank für die Einladung, liebe Frau Glockner.“
     
    *
     
    Nicole lehnte sich zurück und
unterdrückte ein Gähnen. Erschöpfung, als Folge der Aufregung, legte sich wie
ein Gelbschleier über ihr Indianergesicht. Ihr schwarzes Haar umfloß den
schmalen Kopf, und die Augen glänzten so freundlich wie polierte Raketenspitzen.
    Claus Bink war hingerissen.
    „Möchtöst dö völleucht noch önön...“
    ... Cognac, wollte er sagen.
    „Heh!“ meinte sie und sah ihn an, als
reichte sein Hirnriß von Ohr zu Ohr. „Wö rödöst dö dönn?“
    „Entschuldige“, griente er und brachte
seine Zunge in eine normale Stellung. „Ich bin so daran gewöhnt, mit einem
Pflaster auf der Zunge zu reden, daß ich auch außerhalb der Arbeitszeit den
gleichen Ton drauf habe. Naja, das ist ja jetzt vorbei. Ich muß mit einer
Anklage wegen Betrugs rechnen. Aber mehr als eine Geldstrafe ist für mich nicht
drin, zumal ich eine blütenweiße Weste habe. Jedenfalls weiß hier niemand von
den Coups, die wir beide in Italien gedreht haben.“
    Sie saß auf seiner Couch in seinem
Wohnzimmer und zog jetzt die Beine unter sich.
    „Das nenne ich einen Abstieg, Claus. In
Italien haben wir Banken überfallen. Hier sprichst du als Trickbetrüger in
Metzgereien vor. Mit angeblich verletzter Zunge.“
    „Abstieg? Aufstieg? Ich nehme jede Mark
mit, die am Weg liegt und der Zungentrick war gut. Leider habe ich ‘s
übertrieben. Aber wegen solcher Kleinigkeiten nimmt mich niemand in Haft. Und
der nächste Coup wird zombig ( großartig ).“
    Sie nickte, griff zur Cognacflasche und
schenkte sich ein. Sie mochte Claus Bink. Er war ein Komplice aus alten Zeiten.
Zufällig hatte sie ihn hier getroffen. Eine Weile hatte sie geschwankt, ob sie
sich ihm oder Dieter Manowsky zuwenden sollte, als sich abzeichnete, daß das
Bratkartoffel-Verhältnis mit Lothar Voss in die Brüche ging. Für Mano hatte sie
sich entschieden, weil er noch etwas härter, noch etwas brutaler war. Bink
hatte es mehr mit der Hinterhältigkeit. Er bastelte Bomben, war nach außen ein
Schleimi, aber im Herzen wie Dracula. Und heute nachmittag, als sie Hilfe
brauchte, hatte er auf ihren Anruf sofort reagiert — und sie abgeholt mit
seiner Rostlaube. Jetzt versteckte sie sich in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung — und
er schielte vor Begeisterung, denn seit er sie kannte, hatte er versucht, sie
anzugraben (ihr den Hof zu machen). Zwar ohne Erfolg. Aber nach wie vor
machte er sich Hoffnungen. Und die nahm sie ihm nicht, denn wahrscheinlich
brauchte sie ihn noch.
    Er war groß und dürr, zählte 28 Jahre,
und sein linkes Augenlid hing. Auf der Seite sah er aus wie ein Uhu.
    „Hier sucht dich niemand“, sagte er. „Willst
du diesen Manowsky wirklich verständigen?“
    „Er ist doch zur Zeit mein
Beziehungselch.“
    „Hm, hm.“
    „Ich habe ihn schon angerufen, Claus,
und gesagt, daß ich hier bin. Er tanzt an, sobald die Luft rein ist, sobald er
sich vergewissert hat, daß ihn kein Bulle beschattet.“
    „Hm, hm.“

    „Er wird dir gefallen, Claus. Er spielt
gern mit Dynamit und mit Sprengkörpern. Er bastelt Bomben wie du.“
    Soso, dachte Bink. Und sagte: „Den
nächsten, den zombigen Coup wollte ich mit dir machen. Aber wir brauchen einen
Dritten. Wäre das was für ihn?“
    „Mano macht alles, was Geld bringt.“
    Bink stand auf, ging zum Fenster und
sah in die Straße hinunter. Es regnete noch immer, und die Dämmerung brach an.
Die Zwei-Zimmer-Wohnung befand sich in einer häßlichen Mietskaserne.
    „Mit den Klunkern, die ich Voss
abgenommen habe“, sagte sie, „mache ich ‘s wie er. Ich bunkere das Zeug. Das
ist mein Eingemachtes für Notzeiten und später. Es wäre ja auch blöd, wenn ich
die Steine jetzt verkaufen würde. Jeder Hehler wäre versucht, mich abzulinken ( hereinzulegen ).
Ich bekäme nicht mal ein Drittel vom tatsächlichen Wert. Nein, die Steine
bleiben unter Verschluß.“
    Sie streichelte ihre Handtasche, die
neben ihr lag. Lothars Brustbeutel mit den Diamanten befand sich darin - und
die Pistole.
    „Um so nötiger brauchst du Geld“, sagte
Bink. „Also machen wir einen Coup wie in alten Zeiten.“
    Sie

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