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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Breuer
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Gotthardts Händen war … Er würde ihn töten! Wenn er es nicht schon … Sie weigerte sich, den Gedanken zu Ende zu denken. Nein, wenn es so wäre, würde sie es spüren. Genauso wie sie gespürt hatte, dass Gabriel in Gefahr war. Schon hastete sie weiter.
    »Soll ich dir etwas sagen?« Änni folgte ihrem raschen Schritt.
    »Was denn?«
    »Diederich hat Gabriel verraten. Gottschreck hat ihn mit Weinbrand abgefüllt und ihm Gold angeboten. Ich konnte in der Abstellkammer hören, wie dein Mann mit dem Brauereipferd darüber sprach.« Änni nahm Alena die kleine Sophie aus dem Arm und drückte das Kind an sich.
    »Wusste ich’s doch.« Alena ballte die Fäuste und biss die Zähne aufeinander. »Wenn ich diesen Mistkerl in die Finger bekomme, dann gnade ihm Gott!«
    »Zuerst müssen wir Gabriel befreien. Glaub mir, ich werde mich bis zum Scheitel bewaffnen, wenn wir im Haus sind. Notfalls steche ich alle beide ab.« Änni bleckte die Zähne.
    »Nein, so geht das nicht. Wir müssen vor allem die Ruhe bewahren.« Doch wie ihnen das gelingen sollte, war auch Alena ein Rätsel. In ihrem Herzen tobte ein Sturm, der alle klaren Gedanken durcheinanderwirbelte. Angst und Mut fochten einen erbitterten Kampf aus. Je näher sie dem Weismarkt kamen, desto häufiger lag ihr Mut am Boden. Alena zitterte so sehr, dass sie glaubte, ihre Beine könnten sie nicht mehr tragen. Sie sehnte sich nach einem Heer Soldaten, das hinter ihr stehen würde. Wie sollte sie bloß vorgehen? Mit Änni ins Haus spazieren und sagen: »Gib mir meinen Sohn zurück«? Das war undenkbar. Gotthardt würde den Kleinen auf der Stelle töten.
    Als sie schließlich vor ihrem ehemaligen Zuhause stand und an der Fassade unter dem Stufengiebeldach hinaufschaute, verknoteten sich in ihrem Leib Herz und Magen zu einem dicken Klumpen. Die Jahre, die sie hier verbracht hatte, zogen in grausigen Bildern vor ihrem inneren Auge vorüber und kamen mit Gabriels Geburt zum Stillstand. Sie sog tief den Atem ein, um ihren Herzschlag zu beruhigen.
    Änni kramte den Schlüssel aus ihrer Schürzentasche hervor. »Bist du bereit?«
    Alena schüttelte den Kopf und hielt ihre Freundin am Arm zurück. »Ich bringe es nicht über mich, ins Haus zu gehen.«
    Änni strich über ihre Hand und legte ihr Sophie in den Arm. »Das verstehe ich, Leni. Lass mich hineingehen. Ich sehe nach, ob die Luft rein ist. Warte hinter der nächsten Häuserecke auf mich. Ich hole dich, so schnell es geht.«
    Nachdem hinter Änni die Tür ins Schloss gefallen war, begann die kleine Sophie zu quengeln. Alena suchte sich eine ruhige Ecke, setzte sich auf einen Mauervorsprung und legte mit bebenden Fingern ihre Brust frei. Vielleicht hätte sie die Kleine doch bei Fyen lassen sollen. Sophie war nun ebenso in Gefahr wie sie selbst. Tränen wollten sich in ihre Augen drängen, doch Alena hielt sie zurück. Sie hatte Theres versprochen, sich der Kleinen anzunehmen. Wie hätte sie das Mädchen zurücklassen können? Nein, alles, was sie bisher getan hatte, war richtig gewesen. Sophies zufriedene Schmatzer gaben ihr die Ruhe, die sie brauchte, um sich auf die nächsten Stunden zu konzentrieren. Dann fiel ihr ein, dass auch Gabriel Hunger haben könnte. Wer würde ihn nähren? Mergh etwa? Und womit? Übelkeit breitete sich in ihrem Leib aus. Sie sprang auf, nahm Sophie von ihrer Brust und bedeckte sich. Das Mädchen schien satt zu sein, denn es beschwerte sich nicht über den plötzlichen Nahrungsentzug. Friedlich schob es sich den Daumen in den Mund und blickte neugierig um sich.
    Alena vertrat sich die Beine, als befände sie sich in einem Käfig: drei Schritte vor, drei zurück. Wo blieb Änni? Plötzlich hörte sie die Stimme der Freundin, die leise ihren Namen rief. Alena fuhr herum und schaute in Ännis Augen.
    »Komm! Gottschreck und das Brauereipferd sitzen im Speisezimmer und schlagen sich die Bäuche voll. Gabriel ist nicht bei ihnen. Es bleibt uns etwas Zeit, nach ihm zu suchen.«
    Alena lief ihr hinterher. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
    Nachdem sie das Haus betreten hatte, kehrten schmerzhaft die Erinnerungen an vergangene Zeiten zurück. Der Geruch von gebratenem Fleisch waberte durch den Flur, an dessen Ende die Tür zum Garten lag. Unter ihren Schritten knarzten die Holzdielen. Als sie hier noch zu Hause gewesen war, hatte sie das nicht bemerkt. Sie dachte an ihren Vater und hielt nur mit Mühe die Tränen zurück. Er war nun ein Stern am hohen Himmel und sah von dort aus auf die Ereignisse

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