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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Breuer
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andere Wahl? Offensichtlich hielten die beiden Gabriel nicht im Haus versteckt. Sie wäre nicht seine Mutter, wenn sie nicht Merghs Forderung nachgäbe, um sein Leben zu retten. »Ich werde die Aussage widerrufen, ganz wie Ihr wünscht.« Eine eiserne Faust zerquetschte in dem Moment ihr Herz.
    Änni hatte für Alena ein Lager aus Decken im Schuppen hinter den Apfelbäumen bereitet. Mergh und Gotthardt hatten ihr verboten, im Haus zu nächtigen. Im Garten fühlte sie sich immerhin in Gabriels Nähe.
    Alena löschte das Öllicht, zog die Beine an und umklammerte die Knie mit den Armen. Durch die Ritzen der Holzplanken pfiff der Wind. Ihr Sohn war sicher in der Nähe, das spürte sie. Doch wo hatten sie ihn versteckt? Sie hatte gemeinsam mit Anni jeden Winkel im Haus abgesucht. Vielleicht trog sie das Gefühl, und Mergh hatte den Jungen in der Obhut einer Amme gelassen. Durch Alenas Kopf wirbelten die Gedanken. Die ganze Nacht hindurch starrte sie in die Dunkelheit.
    Mergh trank in hastigen Zügen den Kräutersud, der ihre Kopfschmerzen vertreiben sollte. Seit den frühen Morgenstunden trommelte der Regen gegen das Fenster ihrer Kammer. Im Haus war die Luft so feucht, dass sich alles klamm anfühlte, was sie berührte. Sie würde die Kutsche nehmen, um mit Alena zum Haus der Gaffel Himmelreich am Heumarkt zu gelangen. Hoffentlich erschien die Hure pünktlich. Aber darum brauchte sie sich wohl kaum zu sorgen. Um das Leben der Teufelsbrut zu retten, war das Weib zu allem bereit.
    Mergh verzog hämisch die Lippen. Selbst wenn Alena ihre Aussage zurückzog, ein gutes Ende konnte sie nicht erwarten. Ihre Brut gehörte ins Feuer und die Hure des Satans ebenfalls. Doch das hatte noch ein wenig Zeit. Sollte Alena getrost glauben, dass sich alles zum Guten wenden würde, wenn sie nach ihrer Pfeife tanzte. Mergh lachte leise auf und verließ ihre Kammer.
    Im Speisezimmer saß Gotthardt bereits mit einem mürrischen Ausdruck im Gesicht am Tisch. Er studierte einen Stapel Schriftstücke. Der Wecken auf dem Teller vor ihm war unangetastet, ebenso die Schale mit dem Hirsebrei.
    Mergh setzte sich zu ihm und wünschte ihrem Sohn einen guten Morgen.
    »Ebenfalls«, entgegnete er unwirsch.
    »Was ist denn nun schon wieder los?« Mergh griff nach dem Wecken und stippte ihn in die Schale mit der Butter.
    »Das fragt Ihr noch? Die Hure hat eine Aussage bei Gülich hinterlegt. Auch wenn sie sie widerruft, kann er sie gegen mich verwenden.«
    Mergh winkte ab. »Unsinn! Er wird sie vor meinen Augen zerreißen müssen. Dann steht im schlimmsten Fall Wort gegen Wort.«
    »Ich habe ein merkwürdiges Gefühl dabei, Mutter.«
    »Das ist überflüssig.« Mergh biss in den Wecken.
    Kurz darauf begab sie sich in den Stall und wies Thomas an, den Wallach vor den Wagen zu spannen.
    Es dauerte nicht lange, und Alena erschien vor dem Haus. Ihr Haar war zerzaust, und die grauen Röcke wirkten zerknittert. Sie sah aus wie eine Bettlerin, die in den Rundbögen der Stadtmauer wohnte. Mergh konnte sich unmöglich mit ihr in einer Kutsche sehen lassen. Was sollten denn die Leute denken?
    »Wann fahren wir?«, fragte Alena ohne ein Wort des Grußes.
    »Ich fahre, du gehst. Mach dich getrost schon auf den Weg.« Mit diesen Worten ließ Mergh Alena im Regen stehen und rief nach Thomas, damit er die Kutsche vorfuhr.
    Auf dem Heumarkt fand ein Viehmarkt statt. Vom Ackergaul bis zum Schimmel wurden Gäule in allen Größen feilgeboten. In Reih und Glied waren sie an einen langen Trog gebunden. Dazwischen quietschten Ferkel, und ein Schwarm Hühner stob auf.
    Mergh hielt sich ein Spitzentuch vor die Nase, um die Ausdünstungen des Viehs nicht einatmen zu müssen. »Auch das noch«, stöhnte sie.
    Der Regen spülte den Mist durch die Gassen. Als sie vor dem Haus der Gaffel Himmelreich angelangt waren, legte Thomas zwei Bretter in den Schlamm, damit Mergh sich nicht die Röcke und die feinen Lederschuhe beschmutzte. Sie schob sich aus der Kutsche und trat vorsichtig auf das Holz. Vor ihr erhob sich die Fassade mit den unzähligen bunten Fenstern, die bis unter das Stufengiebeldach reichten. Ohne auf Alena zu warten, betrat sie das Haus, um dem Regen zu entrinnen. In der Vorhalle begrüßte sie eine verrostete Ritterrüstung, die vor zahllosen Weinfässern wachte. Mergh nahm den Hut ab und ordnete ihr Haar. Da betrat Alena die Halle. Von ihrem Haar perlte das Wasser, und die Röcke hingen in schweren Lappen um ihre Beine, als wäre sie gerade den Fluten des Rheins

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