Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
versuchte, ihren Hals von ihnen zu befreien. Aber sosehr sie auch kämpfte, es gelang ihr nicht. Sie brauchte Luft! Luft! Gotthardt jedoch kannte keine Gnade. Mit kalten Augen blickte er seine Mutter an, bis es um sie herum dunkel wurde.
Alena bezahlte die Korbmacherin auf dem Aldemarkt und nahm Änni die Kinder aus dem Arm. Nachdem die Magd die Bettchen auf den Karren geladen hatte, legte Alena den sorgsam eingehüllten Gabriel und die kleine Sophie hinein.
Änni schaute über den Marktplatz, über den soeben ein Mann einen Tanzbären an einer Kette hinter sich herführte. »Sieh nur!«, kicherte sie.
Alena folgte ihrem Blick. »Der ist bestimmt vom Hochfest übrig geblieben.«
»Wie es aussieht, wird er auch heute Kunststücke aufführen. Sollen wir zuschauen?«
Alena winkte ab. »Heute nicht, Änni. Wir haben noch so viel zu erledigen. Ich brauche Kämme, Hemden und Schuhe. Und etwas Fleisch für eine gute Suppe wäre auch nicht schlecht.«
»Aber es ist noch früh am Tag, Leni. Außerdem wartet niemand auf uns. Warum sollten wir uns sputen?« Die Enttäuschung stand Änni ins Gesicht geschrieben.
»Mir ist nicht danach, Änni. Lass uns die Einkäufe erledigen und dann nach Hause gehen.« Seit Iven sie fortgeschickt hatte, herrschte Leere in Alenas Herzen. Obwohl sie manchmal vor Glück hätte weinen mögen, wenn sie Gabriel anschaute, quälte die Sehnsucht nach Iven sie jeden Tag und hinderte sie daran, dieses Glück und ihre Freiheit zu genießen.
»Ach, Leni, du solltest glücklich sein, Gabriel endlich den ganzen Tag um dich zu haben.« Änni legte die Hand auf Alenas Arm und schaute sie besorgt an.
»Ja, du hast recht.« Alena versuchte zu lächeln, doch es schien, als hätte sie Essig getrunken.
Änni verzog die Lippen zu einem schiefen Strich. »Schon gut, Leni«, sagte sie und griff mürrisch nach der Deichsel des Karrens.
Die Einkäufe waren schnell getan, und Alena zog sich mit den Kindern in ihre Kammer zurück, um sie zu nähren. Doch es dauerte nicht lange, und Änni steckte den Kopf durch die Tür.
»Darf ich?«
Alena nickte. »Ja natürlich.«
Seufzend ließ Änni sich auf der Truhe nieder und blickte hinauf zu den Deckenbalken. »Leni, so geht es nicht weiter. Warum sprichst du nicht noch einmal mit Iven?«
»Das ist unmöglich. Ich könnte es nicht ertragen, wenn er mich wieder abweist.«
»Das kann ich verstehen. Aber vielleicht braucht er nur etwas Zeit.« Änni kratzte sich nachdenklich am Kopf.
Plötzlich ertönte von unten ein heftiges Klopfen.
»Es ist jemand an der Tür«, flüsterte Änni und sprang auf.
Alenas Herzschlag stockte. Sie legte die Kinder in die Körbchen und eilte der Freundin hinterher. Doch sie wurde enttäuscht. Gülich stand vor der Tür. In der Hand hielt er den Hut mit der langen Feder. Sein Gesicht strahlte Zufriedenheit aus. Auch Änni strahlte über das ganze Gesicht, als sie Gülich erblickte.
»Es gibt Neuigkeiten. Wenn ich darf …?« Gülich deutete mit der Hand ins Innere des Hauses.
Nun fiel es Alena wieder ein. Die Gerichtsverhandlung hatte am Tag zuvor stattgefunden. Es wunderte sie, dass Änni noch kein Wort darüber verloren hatte.
Ehe sie dazu kam, Gülich Einlass zu gewähren, schob Änni sie zur Seite und sagte: »Komm herein, Nikolaus.« Ungeniert griff sie nach seiner Hand und geleitete ihn in die Bibliothek.
Alena folgte den beiden und stellte fest, wie fremd ihr das eigene Haus geworden war.
Mit einem glückseligen Lächeln auf den Lippen eilte Änni in die Küche und kehrte in Windeseile mit einem Krug Wein zurück. Nachdem sie drei Kelche gefüllt hatte, setzte sie sich in einen der Lehnstühle, ohne den Mann aus den Augen zu lassen.
Gülich nippte an dem Wein und holte tief Luft. »Crosch ist zum Tode durch das Schwert verurteilt worden.«
Ein tiefer Seufzer entwich Ännis Kehle. »Ha! Endlich! Und was ist mit dem Brauereipferd?«
Alena spürte Übelkeit aufsteigen und holte tief Luft. Die neugewonnene Freiheit hinterließ einen bitteren Beigeschmack. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass ihr nun alles allein gehörte, dass sie aber auch alles allein zu verwalten hatte: das Haus, des Vaters Tuch, das im Gürzenich lagerte, und das Geld, das er besessen hatte. Ein riesiger Berg türmte sich vor ihr auf. Verzweifelt blickte sie zu Gülich.
»Zu einer Verurteilung der Crosch kam es nicht mehr. Die Angelegenheit erledigte sich von selbst. Gotthardt schickte sie ins Fegefeuer. Er hat sie erwürgt.« Gülich erhob sich und
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