Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
hüpfen.
»Heute war der junge Mann hier, weißt du, der, der uns auf dem Aldemarkt mit dem Karren helfen wollte.«
»Das habe ich mitbekommen. Schließlich habe ich ihn hereingelassen.«
Alenas Wangen brannten. »Hast du seine Augen gesehen?«
»Ziemlich traurig, fand ich. Wie auf dem Aldemarkt. Leidet wohl arg unter der Armut.«
»Grün wie Moos.« Sehnsüchtig schaute Alena in die Ferne.
»Was? Leni, hast du dich etwa in ihn verguckt?« Änni starrte die Freundin fassungslos an.
»Sie passen so gut zu seinen rot-braunen Locken. Findest du nicht?«
»Leni, Leni, hör auf damit! Das darfst du nicht. Du bist eine verheiratete Frau. Stell dir nur vor, Mergh oder Gotthardt bekommen davon etwas mit. Das wäre ein gefundenes Fressen für sie.«
»Was denn? Womit soll ich aufhören?« Alena wusste nicht, was so verwerflich war, wenn sie von dem jungen Mann sprach. »Man wird doch wohl über die Besucher reden dürfen, die in unser Haus kommen. Was hast du nur?«
»Dein Herz schlägt so laut, dass ich es hören kann. Du bist verliebt! Dabei hast du den Mann doch nur zweimal gesehen. Denk einfach nicht mehr an ihn.«
»Ach was, Änni. Ich bin doch nicht verliebt.« Alenas Ohren glühten wie Kohlen. Sie glaubte, Hunderte Schmetterlinge in ihrem Bauch zu spüren, deren Flügelschläge herrlich kribbelten.
Änni erhob sich. »Komm, wir gehen ins Haus, bevor du noch ganz den Kopf verlierst.«
Alena wunderte sich über das Betragen ihrer Freundin. Änni war doch sonst nicht so ernsthaft. Warum nur stellte sie sich so an? »Deine Laune ist im Augenblick wohl nicht die beste, oder? Stimmt etwas nicht?«
»Ja, ich sorge mich um dich. Damals, als ich klein war, starb eine junge Nachbarsfrau an gebrochenem Herzen. Das habe ich nie vergessen.«
»Woher willst du das wissen? Wenn du noch Kind warst, hattest du doch gar keine Ahnung von solchen Dingen.«
»Das ganze Dorf hat darüber gesprochen. Da ist mir nichts entgangen, glaub mir.«
Alena musste lachen. »Mein Herz bricht nicht, mach dir keine Sorgen. Dafür gibt es keinen Grund.« Plötzlich verstummte sie und dachte wieder an den jungen Mann. Er war einfach davongerannt. Dabei hatte er sich doch gar nicht zu schämen brauchen. Es war schließlich nicht seine Schuld, wenn sie nicht besser als eine Magd behandelt wurde. Wie gern hätte sie ihm das gesagt. Hoffentlich gab es dazu ein anderes Mal eine Gelegenheit. Vielleicht kam er nun öfters ins Haus. Stumm schickte Alena ein Stoßgebet gen Himmel und bat darum, dass es so sein möge.
»Du warst wieder bei der Hure!«, keifte Mergh. »Gotthardt, wie oft habe ich dir gesagt, dass du von ihr lassen sollst.«
Ungerührt fuhr Gotthardt fort, die vor ihm ausgebreiteten Baupläne zu studieren, und reagierte überhaupt nicht auf die Worte seiner Mutter. Mergh kochte innerlich vor Zorn. Hatte Gotthardt denn nichts als Strohhalme im Kopf? Das durfte doch nicht wahr sein! Geräuschvoll schnappte sie nach Luft. »Hör mir zu! Wenn du weiterhin so leichtsinnig bist, dann können wir uns das neue Haus bald aus dem Kopf schlagen. Ein Syndikus, der die Ehe bricht …«
»Ich habe schon einen Steinmetz gefunden, der die notwendigen Arbeiten erledigt. Es läuft alles bestens. Der Mann kam heute zufällig vorbei.«
»Gotthardt!«, schrie Mergh. »Lass von dieser Hure, wer immer sie auch ist. Das sage ich dir jetzt zum allerletzten Mal.«
»Ich kann den Steinmetz zwar noch nicht bezahlen, aber auch dafür gibt es eine Lösung, glaubt mir, Mutter.«
»Ich fass es nicht!« Mergh griff sich ans Herz und ließ sich auf den Stuhl vor dem Schreibpult fallen. »Es wird keinen Steinmetz, kein neues Haus und kein gar nichts geben, wenn du so weitermachst.«
»Ich werde nicht von Wilhelmina lassen. Schlagt Euch das aus dem Kopf. Ich bringe es nicht über mich. Und wenn Ihr Euch noch so oft ans Herz fasst.«
»Das kann doch nicht dein Ernst sein! Bitte, sei einsichtig. Mein Sohn, ich flehe dich an.« Welch ein Sturkopf! Mergh erkannte ihren eigenen Sohn nicht wieder. Die Hure war eine Hexe! Daran konnte es keinen Zweifel geben.
»Ein Haus. Das Amt des Syndikus. All das bedeutet mir nichts, wenn ich dafür auf Wilhelmina verzichten muss.« Gotthardt ließ den Blick schweifen. Gedankenverloren strich er mit dem Finger über die Pläne.
Plötzlich sprang Mergh auf. Niemals würde sie zulassen, dass diese Hexe ihr Leben zerstörte. Nein, das würde sie zu verhindern wissen. Sie wandte sich von Gotthardt ab und stürmte aus dem
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