Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Wasseroberfläche.
»Und? Was ist mit ihr? Hat sie schon gelaicht?« Änni wackelte aufgeregt mit dem Kopf.
»Nein. Hier, sieh selbst.« Alena hielt ihr den Eimer hin. »Wir haben sie mit meinem Urin ersäuft.«
»Verdammt! Dabei war ich mir so sicher, dass meine Mutter es genau so bei der Nachbarin gemacht hat.« Ännis Näschen kräuselte sich.
»Wirklich? Wie alt warst du denn da?«
»Vier oder fünf, glaube ich. Aber ich weiß ganz genau, dass es so gewesen ist. Die Kröte hatte gelaicht, nachdem die Nachbarsfrau einen ganzen Tag lang darauf gepinkelt hatte. Monate später brachte die Frau einen Jungen zur Welt.«
»Das hast du bestimmt geträumt.« Alena trat einen Schritt vor und kippte den Eimer samt Kröte aus.
»Ach, Leni. Es gibt doch keinen Zweifel mehr, dass du schwanger bist. Willst du es nicht langsam den anderen sagen?«
In Alenas Bauch breitete sich wieder dieses merkwürdige Gefühl aus. Mit einem Mal fühlte sie sich unendlich traurig. Den Grund dafür wusste sie selbst nicht genau. Sie wischte sich mit dem Hemdsärmel eine Träne von der Wange und starrte auf die tote Kröte. Wie würde Gotthardt reagieren, wenn er es erfuhr? Er wünschte sich einen Sohn, das wusste sie. Aber würde er nun auch liebevoller mit ihr umgehen? Nicht dass sie Verlangen nach seiner Zärtlichkeit hätte. Nur hin und wieder ein liebevolles Wort aus seinem Mund, ein bisschen Beachtung, mehr wünschte sie sich gar nicht.
»Du weinst ja schon wieder, Leni. Früher hättest du nie ohne Grund Tränen vergossen. Ganz gewiss trägst du ein Kind unter dem Herzen.« Änni stemmte besserwisserisch die Hände in die Hüften.
»Was weißt du denn schon?« Missmutig blickte Alena der Magd in die Augen. Sie konnte sich ja selbst nicht erklären, warum sie in den letzten Tagen so nah am Wasser gebaut hatte.
»Suchst du etwa Streit?«, fragte Änni angriffslustig. Doch der Schalk in ihren Augen verriet, dass sie nicht wirklich böse auf Alena war.
Nun liefen Alena die Tränen in einem Sturzbach über die Wangen. Sie wandte sich von Änni ab, hob die Röcke und eilte durch das hohe Gras zu den Apfelbäumen. In ihrem Schatten ließ sie sich nieder, um sich ausweinen zu können. Das Gesicht in den Händen verborgen, bemerkte sie nicht, dass Änni ihr folgte und ihr nun den Arm um die Schulter legte.
»Wein ruhig, Leni. Die Traurigkeit geht bald vorüber. Da bin ich mir sicher.«
Änni behielt recht. Kurz darauf war die Schwermut von Alenas Herzen gefallen. Mit dem Rockzipfel wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und schenkte ihrer Freundin ein dankbares Lächeln. »Ich glaube, es geht wieder.«
»Siehst du! Na, dann komm.« Änni sprang auf und zog Alena an der Hand aus dem Gras. »Lass uns sehen, ob Mergh nicht bereits nach uns sucht. Sonst bekommen wir wieder eine Strafarbeit aufgebrummt.«
Aus der Bibliothek drangen Merghs und Gotthardts Stimmen, die sich angeregt unterhielten.
Änni hielt Alena am Arm zurück. »Pst, lass uns lauschen, worüber sie reden. Es klingt, als wäre Mergh ganz aus dem Häuschen.«
Gotthardt ergriff soeben das Wort. »Wie stellt Ihr Euch das vor, Mutter? Woher soll ich das Geld nehmen?«
»Ach, Gotthardt, das hast du doch schnell beisammen. Sieh dir nur den Bürgermeister an. Wie ist er denn zu seinem prachtvollen Haus gekommen? Ich war bestimmt nicht die Einzige, die ihn für einen kleinen Gefallen entlohnt hat.«
»Ihr vergesst, dass sich ein Aufruhr ankündigt. Dafür sorgt dieser Gülich, der im Rat herumschnüffelt und die Bürger aufwiegelt. Wir alle stehen unter Beobachtung.«
»Nun stell dich doch nicht dümmer an, als du bist!«, schnaubte Mergh. »Du musst sein Vertrauen wecken. Sag ihm, dass du es leid bist, wie im Rat mit Rotz und Kotz herumgeworfen wird.«
»Ich soll mich gegen Cronenberg und die anderen im Syndikat stellen?«
»Ach was! Hier sprichst du so, dort andersherum. Jeder bekommt das zu hören, was er hören will. Ach, ich sehe mich schon, wie ich den ersten Empfang in unserem neuen Haus vorbereite.«
Alena schaute Änni verwundert an. »Ein neues Haus?«, flüsterte sie und zog ihre Freundin ein paar Schritte von der Tür fort.
»Bezahlt von Bestechungsgeldern«, raunte die Magd und blies die Wangen auf.
»Ich will nicht weg von hier, Änni. Dies ist das Haus meines Vaters. Nirgendwo sonst würde ich mich wohl fühlen.« Ein Stich zuckte durch Alenas Herz.
»Er muss erst einmal das Geld zusammenraffen. Vielleicht hat man ihn bis dahin längst am
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