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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Breuer
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auf irgendeinem Acker niederlassen.« Die Verwalterin leierte die Regeln und die Verbote herunter, als wäre sie dieser Aufgabe längst überdrüssig.
    Nur mit halbem Ohr hörte Theres zu. Ihre Gedanken waren von schwarzen Wolken verhangen.
    »… gebadet wird zweimal in der Woche. Kein Kranker darf zum Einkaufen in die Stadt. Die Schlafenszeit bestimmt der Hospitalmeister …«
    Die Worte der Verwalterin verhallten. Ihre Augen brannten von den aufsteigenden Tränen. Was kümmerte es sie, wann sie schlafen gehen musste? Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle ins Bett verkrochen.
    »Nur zu den kirchlichen Hochfesten darfst du zum Betteln in die Stadt gehen«, fuhr die Verwalterin fort. »Dabei hast du den Siechenmantel sowie weiße Handschuhe und einen schwarzen Hut zu tragen. Wenn du mit einem Gesunden sprechen willst, musst du aus dem Wind gehen.«
    Theres’ Gedanken überschlugen sich. Sie mochte mit ihrem pockigen Gesicht nicht betteln gehen. Lieber wollte sie sich hier verstecken.
    »Das Wirtshaus des Campus befindet sich hinter der Kirche an der Mauer zur Straße. Du siehst aus, als könntest du einen Schluck Bier vertragen. Ach ja …« Die Verwalterin griff in die Schürzentasche. »Hier ist deine Pfründe für diese Woche.«
    Theres hielt die Hand auf, und die grauhaarige Frau zählte sieben Albus hinein.
    Die windschiefe Tür zum Wirtshaus öffnete sich fast wie von Geisterhand, als sie dagegenstieß. Theres sehnte sich nach einem Gespräch unter Gleichgesinnten, denen sie in ihrem alten Leben nie begegnet war. Wo trifft man in den Gassen von Köln auch Sieche, wenn es nicht gerade der Tag war, an dem sie mit der Klapper betteln gehen durften? Sie wollte mit jemandem reden, der nicht die Augen vor Schreck weitete, wenn er ihr Gesicht sah, und dann vor lauter Abscheu das Weite suchte.
    Unsicher strich sie mit den Fingern über die Pocken. Durch das Gasthaus waberte der Duft von knusprig gebratenem Fleisch. Hinter der Theke stand der stämmige Wirt und trocknete mit einem Tuch Tonkrüge, bevor er sie in das Regal stellte. Als er Theres erblickte, nickte er ihr mit einem Lächeln zu. Ein Mann und eine Frau saßen an einem der grobgezimmerten Eichentische unter dem Fenster. Sie unterhielten sich angeregt, doch dann wies der hagere Mann in Theres’ Richtung. Sein schwarzes Haar war mit weißen Fäden durchzogen. Die Frau folgte seinem Blick. Sie wandte sich um, wuchtete ihren fülligen Körper von dem Stuhl und näherte sich lächelnd. Ihre braunen Augen blickten freundlich und gar nicht entsetzt über das, was sie sahen. Sie streckte Theres die Hand entgegen. Anstelle der Finger waren knotige Geschwülste zu sehen, durch die an manchen Stellen das rohe Fleisch schimmerte.
    »Mein Name ist Fyen. Du bist wohl heute erst auf den Hof gekommen. Wie heißt du denn, Liebchen?«
    »Theres.« Sie spürte erneut, wie Tränen in ihren Augen brannten.
    Die dicke Frau griff mit der gesunden Hand nach ihrer und zog sie zu dem Tisch, an dem sie gesessen hatte. »Komm, gesell dich zu uns. Das ist mein Gemahl. Eigentlich heißt er Conradt, aber alle nennen ihn Bloitworst. Er ist Bader von Beruf. Doch als die Sieche uns heimsuchte, durfte er nicht weiterarbeiten. Für das wenige Geld, das wir gespart hatten, haben wir dann hier die Pfründe erworben.« Sie rückte den freien Stuhl vom Tisch und wies mit der kranken Hand darauf.
    Theres ließ sich nieder. Der Kloß in ihrem Hals schwoll an, und plötzlich konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Erst nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, erzählte sie Fyen und Bloitworst von ihrem Mann. »Berthold hat mich zu meinen Eltern zurückgebracht, als die Pusteln in meinem Gesicht immer dicker wurden. Er wolle nicht sterben, hat er gesagt.« Theres holte tief Luft. »Dabei wusste er nicht einmal, ob es die Sieche ist.«
    »Du Ärmste, das muss schlimm für dich gewesen sein.« Fyens Augen zeigten ehrliches Mitgefühl. Sie griff über den Tisch nach Theres’ Hand und drückte sie. »Bloitworst hat der Aussatz zuerst befallen. Doch ich hätte ihn nicht allein auf den Hof der Leprosen ziehen lassen.« Fyen warf ihrem Mann einen liebevollen Blick zu. »Und dann hat es nicht mehr lange gedauert, bis auch bei mir die Sieche ausbrach.«
    Theres blickte Bloitworst fragend an. Von einem Aussatz war bei ihm nichts zu sehen.
    »Es ist sein Fuß.« Es schien, als hätte Fyen ihre Gedanken gelesen.
    Theres wagte einen vorsichtigen Blick unter den Tisch. Dort, wo der rechte Fuß

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