Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Schöffe des Hohen Weltlichen Gerichts lässt sich mit dem des Syndikus der Stadt Köln nicht vereinbaren. Auch wenn es noch so verlockend ist.« Er steckte den Fingernagel in den Mund, um nun mit den Zähnen den Dreck zu bearbeiten.
»Warum nicht?« Obwohl seine Mutter bestens im Bilde war, stellte sie sich dumm.
Gotthardt ahnte, dass sie Ahnungslosigkeit nur vorgab, weil sie die Gegenargumente schon in der Kehle stecken hatte. Doch es half nichts. Er musste versuchen, sie von ihrer Idee abzubringen. »Mutter, das Hohe Weltliche Gericht untersteht dem Kurfürsten. Sein Verhältnis zum Rat der Stadt Köln ist alles andere als freundschaftlich – milde ausgedrückt, versteht sich«, murmelte er mit dem Fingernagel zwischen den Zähnen.
»Gotthardt, nimm den Finger aus dem Mund!«
Er gehorchte und betrachtete den Nagel. Der Dreck war immer noch da. Wie zufällig verbarg er die Hände hinter dem Rücken, um sich nun heimlich seiner Aufgabe zu widmen.
Zu seinem Glück fixierte der Mutter Blick das Schreibpult.
Gotthardt holte tief Luft. »Der Kurfürst akzeptiert für Köln immer noch nicht den Stand der Reichsstadt. Insgesamt sechsundzwanzig Verletzungen der Gerichtsgewalt liegen mittlerweile vor.«
»Mach dir doch um Maximilian Heinrich keine Sorgen! Wo steckt er doch gleich? In der Abtei Sankt Pantaleon, wie ich gehört habe«, gab sie sich selbst die Antwort auf die Frage. »In einer einfachen Zelle soll er leben und die Kutte eines Ordensbruders tragen.« Mergh griff nach ihrem Glas und nahm einen kräftigen Schluck. »Lass mich mal machen, mein Sohn. Ich werde das Gespräch mit ihm suchen. Anschließend wird er glücklich darüber sein, dich in dem Amt zu wissen. Sucht er nicht förmlich nach Verstößen des Rates?«
Gotthardt nickte stumm. Wenn seine Mutter die Angelegenheit in die Hand nahm, dann war mit einem guten Ergebnis zu rechnen. Der Gedanke an Macht und Reichtum gefiel ihm, doch im Augenblick hatte er keine Ambitionen, sich mit der Mutter an solchen Aussichten zu entzücken. Seine Gedanken schweiften zu Wilhelmina, die ihn bereits erwartete. Als er an ihre nackte Gestalt und ihre weiche Haut dachte, zog ein Flattern durch seinen Bauch und hinunter in seine Lenden. Versonnen betrachtete er seine Nägel und stellte erleichtert fest, dass er den Dreck beseitigt hatte.
»Den Cronenberg werde ich mit einem hübschen Sümmchen bestechen. Was meinst du, werden 600 Reichstaler genügen?«
Gotthardts Gedanken kehrten zurück in seine missliche Lage. »Woher wollt Ihr so viel Geld nehmen?«
»Dein Vater …« Mergh bekreuzigte sich. »Dein Vater hat mir damals etwas hinterlassen.«
Gotthardt sah sie ungläubig an. »Das weiß ich, aber Vater ist seit 38 Jahren tot. Ihr selbst habt gesagt, das Vermögen sei aufgebraucht. Nur deswegen musste ich Alena heiraten.«
»Nun, eine kleine Reserve habe ich behalten. Für den Notfall, der nun eingetreten ist.«
»Ihr wollt Euer letztes Vermögen dem Bürgermeister in den Rachen werfen?«
»Ohne Bestechung geht es nicht, das weißt du doch. Aber lass mich nur machen. Ich werde mich der Sache annehmen. Vielleicht bedarf es gar keiner allzu hohen Summe. Abwarten. Und wenn du erst einmal im Amt bist, ist das Geld schnell wieder reingeholt.« Mutter streckte den Rücken. Endlich erhob sie sich. »Lass uns nun zu Abend essen, mein Sohn.«
Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, und Gotthardt dachte nicht daran, seine Ungeduld noch länger zu zügeln. Mit einem Satz sprang er von seinem Stuhl auf. »Entschuldigt mich, Mutter! Aber es ist spät geworden. Eine wichtige Verabredung erwartet mich.« Mergh starrte ihn an. »Mit wem triffst du dich so spät des Abends?«
»Ihr kennt ihn nicht. Ein alter Freund aus Studienzeiten.«
»Erzähl mir von ihm. Vielleicht kenne ich ihn ja doch.« Mergh ließ sich wieder auf den Stuhl sinken und goss sich und ihrem Sohn das Glas voll.
»Nein, Mutter, gewiss nicht.«
Mergh wurde missmutig, wenn sie nicht über alles informiert war, was ihren Sohn betraf. Das wusste Gotthardt. Doch bei aller Liebe, dieses pikante Detail aus seinem Leben konnte er ihr nicht anvertrauen. Nie und nimmer hätte sie Verständnis dafür. Schlimmer noch, die größte Sünde auf Erden wäre es in ihren Augen. Auch wenn es ihm schwerfiel, sich ihr zu widersetzen, und er an die Konsequenzen nicht denken wollte, erhob er sich. Flüchtig küsste er Merghs Hand und verließ das Arbeitszimmer, noch ehe sie den Mund schließen konnte.
Als Wilhelmina die
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