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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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beobachtete.
    »Das muss ja ein Traum gewesen sein, Sir! Haben Sie gestern Abend vielleicht etwas Ungewöhnliches gegessen?«
    »Jetzt, wo Sie es erwähnen – Monsieur Fournier hat Heringe in Knoblauchsoße gemacht und ich habe viel zu viel davon verspeist.«
    Hudsons Augen funkelten. »Heringe also? Das muss ich mir merken.« Er seufzte. »Was man nicht alles tun würde, um solche Träume zu haben!«

    Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr stellte Nathaniel fest, dass seine Augen immer wieder zu den weiblichen Bediensteten wanderten, die er bis jetzt bewusst übersehen hatte, sowohl um ihres Seelenfriedens als auch um seiner Privatsphäre willen. Er starrte sie nicht an, sondern warf ihnen nur hin und wieder einen Blick zu, um einen allgemeinen Eindruck von ihrem Haar und ihrer Gestalt zu gewinnen. War es die? Oder die?
    Hör auf damit . Keine der Frauen, ob jung oder alt, wirkte in seiner Gegenwart auch nur im Geringsten verunsichert. Alle wandten ihm den Rücken zu oder den Kopf ab und taten so, als seien sie unsichtbar, wenn er kam; und wenn er vorbeigegangen war, nahmen sie ruhig ihre Arbeit wieder auf. Er hatte dieses kalte, unpersönliche Verhalten nicht angeordnet, aber es war auf Fairbourne Hall seit der Zeit seiner Großmutter Sitte und er hatte bis jetzt nicht weiter da­rüber nachgedacht.
    Er stieg langsam die Treppe hinauf und beschloss, zu dem Schauplatz seines seltsamen morgendlichen Traums zurückzukehren. Auf dem Flur begegnete ihm ein Hausmädchen mittleren Alters mit kastanienbraunem Haar. Sie zog die Augenbrauen hoch; wahrscheinlich war sie überrascht, dass er zu solch ungewöhnlicher Stunde in sein Schlafzimmer ging, doch sie sagte nichts. Er öffnete die Schlafzimmertür und sah einen Berg Betttücher, die gerade vom Bett genommen wurden, und dahinter die Schürze des unsichtbaren Hausmädchens, das den Berg trug.
    Als die Betttücher sich senkten, blickte das Mädchen auf und schnappte leicht nach Luft. Vielleicht bildete er es sich ja nur ein, aber er meinte zu sehen, dass sie erst blass und dann fleckig rot wurde.
    Jetzt hatte er ein Hausmädchen, das in seiner Gegenwart geradezu alarmiert wirkte! Oder war sie einfach nur erschrocken, weil sie nicht daran gewöhnt war, zu dieser Tageszeit bei der Arbeit gestört zu werden? Er betrachtete sie genauer, doch die junge Frau senkte den Kopf; ihr war ganz eindeutig höchst unbehaglich zumute. Er erkannte das neue Mädchen, das Hudson eingestellt hatte, die mit der Brille, die sein Modellschiff zerbrochen hatte. Er blinzelte und versuchte sich an sein morgendliches Erwachen zu erinnern. Hatte das Gesicht über ihm – ob im Traum oder in Wirklichkeit – eine Brille getragen? Vielleicht … er konnte sich einfach nicht erinnern. Sie hatte sich so schnell umgedreht und war weggelaufen.
    Dunkle Ponyfransen bedeckten die Stirn des neuen Mädchens, der Rest ihrer Haare war unter einer schlaffen Haube verborgen. Ihre Brauen waren ebenfalls dunkel. Ein hübsches Mädchen, zugegeben, aber nicht die Frau, die ein blondes Haar in seinem Bett hinterlassen hatte.
    »Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Machen Sie ruhig weiter. Ich bin Ihnen sofort aus den Haaren.« Warum sprach er mit einem Hausmädchen, das offenbar sehnlichst darauf wartete, dass er wieder verschwand? Aus den Haaren? Einen dermaßen blöden Satz hatte er noch nie in seinem Leben gesagt. Er konnte anscheinend nur noch an Haare denken.
    Trottel , schalt er sich selbst. Er hatte wirklich Wolle im Kopf.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
17

    Tu nichts im Haus deines Herrn, das du verheim­lichen musst, um deine Stelle zu behalten.
    Samuel und Sarah Adams, The Complete Servant
    Nathaniel und Helen saßen wieder einmal im Wohnzimmer und plauderten, als Hudson eintrat.
    »Sie wollten mich sprechen, Sir?«
    »Hallo Hudson. Ich habe Helen gerade von Ihrer Idee erzählt, zur Erntezeit einen Dienstbotenball zu veranstalten.«
    Helen lächelte ihn schüchtern an. »Ich halte das für eine großartige Idee.« Sie legte die Hände in den Schoß und verschränkte die Finger. »Wäre es Ihnen unangenehm, wenn ich Ihnen helfe?«
    Hudson spitzte überrascht die Lippen. »Aber ganz und gar nicht, Miss! Im Gegenteil, es wäre mir ein Vergnügen.«
    Sie strahlte auf. »Sehr schön! Es ist so aufregend und viel zu lange her, dass wir unseren Leuten hier etwas zuliebe getan haben. Haben Sie auf Barbados auch so etwas gemacht?«
    Hudson zog die Brauen zusammen. »Für die Sklaven, Miss?«
    Sie rutschte

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