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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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sie zu küssen, wenn er ihre dunklen Brauen tatsächlich für rußgefärbt gehalten hatte ….
    Doch unter ihrer Haube war die Perücke. Eine Perücke konnte man nur als Verkleidung verstehen, es sei denn, sie wäre kahl darunter! Nein, er musste es wissen.
    Er hob die Hände, gerade in dem Moment, in dem sie sich voller Seligkeit wünschte, dass er sie doch für immer dort liegen lassen möge, nahm ihr die Haube ab und warf sie auf den Schreibtisch. Wie­der betrachtete er sie. »Ich fürchte, Miss, Ihr Haar, wenn man es denn Haar nennen kann, steht Ihnen ebenfalls nicht besonders gut. Darf ich?«
    Ja, er wusste es. Doch er wirkte nicht zornig, wie sie befürchtet hatte. Oder war er so beherrscht, dass er seinen Zorn nicht zeigte? Jedenfalls wirkte er, als hätte er die Situation und sie selbst vollkommen unter Kontrolle.
    Er zog sanft, doch die Perücke, die mit Nadeln befestigt war, hielt. Es tat weh.
    »Nadeln«, murmelte sie, griff hinauf und zog sie heraus. Half sie ihm etwa? Ja, sie half ihm, wurde ihr klar. Plötzlich wünschte sie sich nur noch eins – als sie selbst, als Margaret, vor ihm zu stehen, ohne Täuschung oder Lüge zwischen ihnen. Ihre Hände zögerten, dann sanken sie herab. Mit klopfendem Herzen, befangener und unsicherer als je in ihrem Leben, wartete sie. Wartete, dass er ihr Haar enthüllte. Ihre Identität.
    Langsam, vorsichtig nahm er ihr die Perücke vom Kopf. Und fragte amüsiert: »Du hattest sie zufällig zur Hand?«
    »Ich wollte sie auf einem Maskenball tragen.«
    Er lachte, ein warmes, tiefes Lachen. Ein vertrauter Klang, der sie erwärmte. »Das hast du auch getan. Auf dem längsten Maskenball aller Zeiten.«
    Er legte die Perücke beiseite. Seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht, ihrem Haar. Er langte hinauf und strich über eine Haarsträhne an ihrer Schläfe, die sich gelöst hatte, als er ihr die Perücke abgenommen hatte.
    Dann legte Nathaniel abermals seine Hände um ihr Gesicht. Er beugte sich vor, neigte sein Gesicht über das ihre, berührte ihr Kinn, drehte leicht den Kopf. Seine Augen nahmen ihre Wangen, ihre Augen, ihre Lippen in sich auf.
    Sie fühlte sich warm, leicht errötet, als hätte sie Orangenwein getrunken. Jetzt kam sein Gesicht noch näher, sie roch seinen süßen Pfefferminzatem und die Rasierseife.
    Mit einer Stimme, die ihr selbst jung und fast frivol in den Ohren klang, fragte sie: »Sind Sie sicher, Sir, dass Sie ein Hausmädchen küssen wollen?«
    Er lachte nicht. »Ich war mir nie im Leben sicherer«, flüsterte er. Sein Atem strich mit jeder Silbe über ihre Oberlippe.
    Er würde sie küssen. Gütiger Himmel! Nathaniel Upchurch würde sie küssen. Plötzlich hatte sie schwache Knie und ihr Herz vibrierte, als stünde sie unter Strom.
    Sein Kopf neigte sich, seine Lippen berührten die ihren, sanft, unendlich liebevoll und zart. Zu zart. Sie konnte nicht anders, sie stellte sich auf die Zehenspitzen und presste ihren Mund auf den seinen. Im nächsten Moment schlang er die Arme um sie und riss sie mit einer Heftigkeit an sich, die ihr den Atem nahm. Ist so die Liebe? Oh, was habe ich versäumt!
    Er löste seinen Mund von ihrem, packte mit festem Griff ihre Schultern und trat einen halben Schritt zurück. »Vergib mir, das hätte ich nicht tun dürfen. Nicht so …«
    Er räusperte sich. Wenn Nathaniel einen Augenblick die Beherrschung verloren hatte, gewann er sie jetzt in schmerzlichem Kampf zurück. Er ließ sie los und sie fühlte sich beraubt, beinah gequält, denn die Leidenschaft hatte sie genauso überwältigt wie ihn. Einen Moment lang fürchtete sie, dass er den Kuss bereute, doch dann beugte er sich vor und küsste sie auf die Wange und vertrieb damit ihre Zweifel. Dann legte er seine Fingerspitzen dahin, wo sein Mund gelegen hatte, und fuhr die Vertiefung unter ihrem Wangenknochen nach.
    Sie fragte: »Wie lange weißt du es schon?«
    »Seit ich dich mit einem Handtuch um den Kopf aus dem Bad kommen sah.«
    »So lange! Und du hast kein Wort gesagt!«
    »Zuerst dachte ich, ich bildete es mir nur ein. Dann fürchtete ich, du würdest dich schämen, in einer solchen Rolle erwischt zu werden. Und zuletzt beschloss ich herauszufinden, was da vorging – warum du hier warst, wovor du wegliefst – bevor ich mich verriet.«
    »Und hast du es herausgefunden?«
    »Ich habe von deinem Erbe erfahren und herausgefunden, wie verzweifelt Sterling Bentons finanzielle Situation ist. Das im Verein mit der Tatsache, dass er seinen Lieblingsneffen in sein Haus

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