Die Magd von Fairbourne Hall
geholt hat, brachte mich auf die Idee, dass er euch beide gedrängt hat zu heiraten. Der Druck muss in der Tat groß gewesen sein, wenn er dich dazu bewogen hat, davonzulaufen. Wenn er dich«, er deutete zu ihrer Perücke und dem Federwisch hinüber, »sogar hierzu bewogen hat.«
Sie nickte. »Du hast recht.«
Sein Blick glitt über ihr Gesicht. »Ich bin froh, dass du nach Fairbourne Hall gekommen bist.«
Sie sah ihn unsicher an. »Wirklich?«
»Ja«, sagte er, den Mund zu einem schiefen Lächeln verzogen, »wir haben ein neues Mädchen gebraucht.«
Er beugte sich vor und küsste sie wieder.
Stimmen im Flur ließen die beiden zusammenzucken. Dies war nicht gerade die beste Art und der beste Ort, ihre Charade zu beenden. Sie strich sich rasch das Haar zurück und setzte die Perücke wieder auf. Er band ihr die Haube fest und ging zur Tür, während sie ihre Brille aufsetzte.
Fiona stieß die Tür auf und erschrak, weil Nathaniel so dicht dahinter stand. »Verzeihung, Sir.«
»Keine Ursache. Ich wollte gerade gehen.«
Fiona warf Margaret einen Blick unter hochgezogenen Brauen zu. Margaret hoffte, Fiona würde ihre eigenen Brauen – beziehungsweise das Fehlen der dunklen Brauen – nicht bemerken.
Dann zuckte sie die Achseln und warf Fiona ihrerseits einen verwirrten Blick zu. Er war zweifellos überzeugend. Denn sie war in der Tat verwirrt.
Nathaniel ging pfeifend zurück in die Bibliothek.
Helen blickte von ihrem Roman auf. »Was macht dich so glücklich?«
Er grinste nur.
Hudson, der am Fenster stand, tippte den alten Standglobus an und fuhr mit dem Finger den Äquator entlang, als er sich drehte.
Helen beobachtete ihn. »Wie viel von der Welt haben Sie schon gesehen, Mr Hudson?«
»Oh, als ich jünger war, habe ich viele Orte gesehen. Das Horn von Afrika, Trinidad, Tobago, Antigua … ich war mehrere Jahre mit einem Handelsschiff unterwegs, bevor ich beschlossen habe, mich auf Barbados niederzulassen.« Er blickte zu ihr hinüber. »Und Sie, Miss Helen?«
»Ich? Ich bin nirgendwo gewesen, außer in London. Vermissen Sie das Reisen?«
Mit einem Blick auf Nathaniel sagte er entschuldigend: »Ich muss zugeben, ich empfinde eine wachsende Rastlosigkeit, weil ich so viel im Haus bin und so weit weg vom Meer. Ich bin an der Küste aufgewachsen, wissen Sie. Und später auf Barbados war ich auch nie weit vom Meer entfernt.«
Sie nickte nachdenklich.
»Ich nehme nicht an, Miss Helen …«, begann er vorsichtig, als fürchte er sich vor ihrer Antwort. »Ich nehme nicht an, dass Sie sich ein Leben außerhalb von Fairbourne Hall vorstellen können?«
Sie sah nachdenklich zur Decke hoch. »Ehrlich gesagt, Mr Hudson, nach all den Jahren selbst auferlegter Abgeschiedenheit sehne ich mich nach einer Veränderung. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber meine erste Liebe war ein Kapitän. Ich hatte mich sehr auf das Leben an der Küste und auf die Reisen, die ich von Zeit zu Zeit mit ihm zu unternehmen hoffte, gefreut.«
Hudsons Augen trübten sich. »Ihr Verlust tut mir sehr leid.«
Sie nickte. »Ich habe gelitten. Lange. Zu lange. Es war schlimm, aber es ist vorbei. Ich kann es hinter mir lassen.«
Hudson betrachtete sie prüfend. »Das freut mich zu hören.«
»Was genau?«
Er lächelte. »Alles.«
Nathaniel freute sich ebenfalls.
Arnold erschien in der offenen Tür. »Dieser Mr Tompkins ist wieder hier, Sir. Er will Sie sehen.«
Nathaniel schürzte überrascht die Lippen. »Ach wirklich? Gut, ich komme ins Morgenzimmer.«
Hudson ging zur Tür. »Soll ich mitkommen?«
»Nein, danke. Ich kümmere mich selbst um ihn.«
»Dann muss ich mich wohl wieder meinen Pflichten widmen«, meinte Hudson ohne große Begeisterung.
Helen blickte zu ihm hinüber. »Ich hätte noch ein paar Dinge mit Ihnen zu besprechen, Mr Hudson – wenn Sie nichts dagegen hätten, noch ein wenig zu bleiben?«
Hudson blieb stehen. »Aber gern, Miss.«
Dann wandte sie sich an Nathaniel. »Es sei denn, du wünschst, dass ich dich begleite, wie das letzte Mal …?«
Immer die verantwortungsbewusste große Schwester. »Nicht nötig; bleib ruhig hier.«
Nathaniel verließ die Bibliothek, in der Helen und Hudson leise ihre Unterhaltung fortsetzten, und ging durch die Halle zum Morgenzimmer. Als er die Tür öffnete, stand der kahlköpfige Mann auf, den Zylinder in der Hand. Warum hatte er ihn nicht dem Butler anvertraut?
Nathaniel sagte: »Nun, Tompkins, ich bin überrascht, Sie zu sehen. Ich dachte, Sie feiern
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