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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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kräftiger Statur, etwa Mitte dreißig, mit breiten, abfallenden Schultern und leichtem Bauchansatz. Sein Haar war hellbraun, genau wie seine Augen. Sein Gesicht war rund, sympathisch und kam ihr vage bekannt vor.
    Er betrachtete sie eindringlich, was ihr höchst unangenehm war. Sie hoffte, dass er nicht einer von diesen Männern waren, die nach solchen Frauen suchten. Doch er wirkte ganz und gar nicht so und sie hoffentlich ebenso wenig – allerdings hatte sie in letzter Zeit gelernt, ihrem ersten Eindruck zu misstrauen.
    Er schien zu merken, dass sie seinem allzu direkten Blick auswich, denn er wandte die Augen ab. Sie folgte seinem Blick und sah, dass er die Haarbürste betrachtete, die sie noch immer in der Hand hielt.
    »Sind Sie …?«, fing er an und hob dabei fragend die Brauen.
    Sie unterbrach ihn, voller Eifer, weil sie glaubte, einen eventuellen Arbeitgeber vor sich zu haben. »Oh, ich suche eine Stelle!« Dann fiel ihr wieder ein, dass sie ja ihre Stimme verstellen wollte, wenn auch nur ein bisschen, schließlich wollte sie ja nicht für die Spülküche engagiert werden. »Am liebsten als Gesellschafterin oder Gouvernante. Haben Sie Kinder?«
    Er zog den Kopf ein. »Nein, ich habe keine Kinder. Aber …«
    »Oder als Zofe – deshalb die Haarbürste.« Sie hob die Bürste leicht an. »Oder auch als Hausmädchen«, fügte sie dann hinzu und hörte mit Widerwillen, wie verzweifelt ihre Stimme klang.
    Er betrachtete sie wieder mit schräg gelegtem Kopf. »Sie suchen eine Stelle hier in Maidstone?«
    Was für eine komische Frage! »Nun … ja.«
    Zwischen seinen Brauen bildete sich eine Falte. »Sie erinnern sich nicht an mich.«
    Sie runzelte die Stirn und sah ihn zögernd an. »Ich …«
    »Sind Sie nicht die junge Frau, die verhindert hat, dass ich gestern Abend von diesen üblen Gesellen überfallen wurde?«
    Ihr blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen. »Natürlich! Ich dachte doch gleich, dass Sie mir bekannt vorkommen!«
    »Ich muss bekennen, dass ich selbst erstaunt war, Sie hier zu sehen, wo ich doch dachte, dass unser Schutzengel noch immer in London wäre. Ich hoffe, dass Sie die Stadt nicht unseretwegen verlassen mussten. Haben die Kerle Sie ebenfalls bedroht?«
    »Ja …« Es schien ihr die einfachste Erklärung zu sein. »Und da ich nur als Gast dort war …« Sie ließ die Worte verklingen.
    »Gut denn. Was für ein Glück, dass Sie da waren, als wir uns verfahren hatten. Erlauben Sie mir, Ihnen zu danken.«
    »Keine Ursache. Ich habe gern geholfen.«
    Er holte tief Luft. »Sie …. Sie suchen also eine Stellung?«
    »Ja.«
    In seinen runden Wangen bildeten sich Grübchen und seine Augen funkelten vor Vergnügen. »Sind Sie denn schon jemals in Dienst gewesen?«
    »Nein … das heißt, in meiner letzten Stellung … war ich für eine junge Dame zuständig. Ich habe ihr beim Ankleiden und Frisieren geholfen, habe ihr vorgelesen, sie begleitet, wenn sie Besuche gemacht hat …« Sie merkte, dass sie abschweifte. All das hatte sie mit Caroline gemacht. Sie hasste es noch immer zu lügen. Ihr Vater hatte sie gelehrt, die Wahrheit zu lieben und Lügen zu verabscheuen. Einen winzigen Moment lang war sie beinahe froh, dass er nicht mehr lebte und sie jetzt nicht sehen konnte.
    Der Mann sagte: »Die Herrin ist sich noch nicht sicher, ob sie wieder eine Zofe braucht, nachdem ihre letzte in den Ruhestand gegangen ist. Ich kann Ihnen also nicht die Möglichkeit bieten, Ihre schöne Haarbürste zu benutzen. Dennoch, eine gute Tat verdient ihren Lohn. Ich kann Ihnen eine Stellung als Hausmädchen anbieten, unter der Voraussetzung, dass Sie lernwillig sind.«
    Margaret Macy – ein Hausmädchen? Der Gedanke war demütigend und erschreckend zugleich. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was für Pflichten sie als Hausmädchen hatte.
    Doch sie konnte es sich nicht leisten, das Angebot abzulehnen, und musste darauf vertrauen, dass der Mann, der es ihr machte, vertrauenswürdig war und es ernst meinte.
    Zögernd sagte sie: »Darf ich fragen, warum Ihre Frau keine Zofe möchte?«
    Sein Gesicht verfärbte sich. »Sie ist nicht meine Frau, und ich bin auch nicht der Herr. Sie haben mich missverstanden. Ich bin der Hausverwalter. Warum die Herrin des Hauses keine neue Zofe wünscht, vermag ich nicht zu sagen. Soweit ich es mitbekommen habe, hilft das Erste Hausmädchen ihr« – er verfärbte sich noch stärker und zögerte kurz vor dem Weiterreden – »beim Ankleiden und … dergleichen.«
    »Ich

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