Die Magd von Fairbourne Hall
altmodischer Haube kam von der High Street her direkt auf sie zu. An ihrer Taille hing ein Schlüsselbund. Aus den Augenwinkeln bemerkte Margaret, wie die alte Köchin und Joan die Schultern strafften. Sie tat es ihnen nach.
Die Matrone blieb vor dem Seil stehen. Ihr Blick wanderte über den Löffel der Köchin und blieb an Joans Bürste hängen. Sie stellte sich als Haushälterin von Hayfield vor und stellte Joan einige Fragen – wie lange sie schon in Dienst war, wo und in welcher Funktion sie zuletzt angestellt gewesen war, warum sie die Stellung verlassen hatte, ob sie ein gutes Mitglied der Kirche von England war, ob sie gesund war …
Joan beantwortete alle Fragen ruhig, stolperte kurz über die Frage, warum sie ihre letzte Stellung verlassen hatte, und bot an, ihr Zeugnis zu zeigen, das Margaret ihr geschrieben hatte, bevor sie von Peg aufgebrochen waren.
»Ich verlasse mich lieber auf mich selbst.« Die Frau betrachtete das gefaltete Schriftstück voller Misstrauen. »Ich warne dich, ich erkenne ein gefälschtes Zeugnis auf hundert Schritt. Soll ich es wirklich lesen?« Eine stahlgraue Braue hob sich. »Ich kann nicht versprechen, dass ich es dir zurückgebe.«
Joans Hand zitterte leicht, doch ihr Ausdruck blieb gleichmütig. »Dieses Zeugnis hat meine Herrin geschrieben. Sie werden feststellen, dass alles seine Ordnung hat.«
Die Haushälterin sah Joan kurz in die Augen, dann griff sie nach dem Papier. Margaret hatte vorher noch nie ein Zeugnis geschrieben. Diese Dinge hatten ihre Haushälterin oder auch ihre Mutter erledigt. Vielleicht gab es bestimmte Bedingungen oder gebräuchliche Wendungen, die sie nicht kannte. Würde die Frau Joan als Lügnerin bezeichnen und sie festnehmen lassen? Wie viel Ärger würde Margaret der armen Joan noch bereiten?
Die Frau faltete das Schriftstück auf, registrierte die Papierqualität und fing an zu lesen. Ein- oder zweimal runzelte sie die Stirn und Joan warf Margaret einen flehenden Blick zu.
Schließlich blickte die Frau auf. »Dieses Zeugnis ist zweifelsfrei von einer Damenhand geschrieben und stammt von einer gebildeten Person. Ich werde mich selbst noch schriftlich an die Dame wenden, damit sie mir das Zeugnis bestätigt, doch im Moment genügt mir das.«
Joan nickte.
»Gut …«, die Frau warf einen abschließenden Blick auf das Schriftstück, »Joan Hurdle. Die Bezahlung beträgt acht Pfund im Jahr. Es wird erwartet, dass Sie abwechselnd mit den anderen Dienstboten einmal im Monat zur Kirche gehen.«
Sie wartete auf Joans Antwort, doch diese nahm nicht sofort an. Sie warf Margaret einen Blick zu, schaute aber gleich wieder weg. »Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihr Angebot. Aber ich habe noch eine Frage … brauchen Sie vielleicht auch eine Zofe oder eine Gesellschafterin? Ich habe in einer früheren Stellung mit dieser jungen Frau zusammengearbeitet und sie sucht ebenfalls Arbeit.«
Die scharfen Augen der Frau flogen zu Margaret hinüber und registrierten mit offensichtlichem Missfallen die Haarbürste, die Brille und das schlecht sitzende Kleid. »Ich glaube nicht.«
Margaret brachte ein ängstliches Lächeln zustande. »Ein zweites Hausmädchen vielleicht«, schlug sie hoffnungsvoll vor. Joan war im Begriff, sie zu verlassen, sie praktisch mittellos in einer fremden Stadt alleinzulassen!
»Ich brauche sonst niemand«, antwortete die Frau. »Und du darfst auch niemand mitbringen, Hurdle, weder Mann noch Frau. Also, willst du die Stellung nun oder nicht?«
Joan presste die Lippen zusammen und warf Margaret einen entschuldigenden Blick zu. Sie öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann zögerte sie. Ihre Schultern sanken herab. »Vielleicht könn ten Sie sie an meiner Stelle nehmen? Sie hat eine sehr schöne Stimme und kann Ihnen jeden Tag nach der Arbeit vorlesen.«
Es lag Margaret schon auf der Zunge zu sagen: » Ich kann auch frisieren. Und ich kann sehr gut nähen. « Doch sie schwieg.
Die Frau sah Joan mit zusammengekniffenen Augen an. »Willst du nicht auf Hayfield arbeiten? Hast du irgendetwas über uns gehört?« Sie deutete mit dem Kopf auf Margaret. »Oder stimmt etwas nicht mit ihr außer ihren schwachen Augen, und du versuchst, sie mir anzudrehen? Ist sie vielleicht deine Schwester?«
»Nein, wir sind keine Schwestern. Es liegt auch nicht daran, dass ich nicht für Sie arbeiten möchte. Ich dachte nur …«
»Nein, Joan, du nimmst die Stelle.« Margaret hatte die Worte ausgesprochen, bevor sie darüber nachdenken oder sich
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