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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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gepflegt worden.
    Doch jetzt starrte Betty auf die Chatelaine in ihrem Schoß und Tränen traten ihr in die Augen. »Ich werde bestimmt keine zwanzig Jahre hierbleiben …«
    »Sag das nicht«, beschwichtigte Margaret sie und tätschelte ihr den Arm.
    Die Tränen hatten es entschieden. Margaret wusste, dass sie etwas sagen, irgendetwas tun musste, bevor Mrs Budgeon und der Verwalter ein Urteil über Betty fällten. Sie hoffte inständig, dass der nette Mr Hudson zugänglich sein würde.
    Schließlich legte Betty die Chatelaine in ein mit Samt ausgekleidetes Kästchen auf ihrem Nachttisch und stand seufzend auf. »Na gut. Dreh dich um, damit ich dir dein vornehmes Korsett schnüren kann. Und dann sollten wir uns an die Arbeit machen. Wie ich immer sage …«
    »Die Fensterläden warten«, ergänzte Margaret.
    Betty hob eine Braue. »Und die Nachttöpfe auch.«
    Margaret machte sich eilends an ihre Pflichten; ihre angespannten Nerven gaben ihr die Kraft, die ihr normalerweise wegen des Schlafmangels gefehlt hätte. Um sich abzulenken, gab es nichts Besseres als das Wissen, dass man etwas Falsches getan hatte und dass jede einzelne Minute, die man es aufschob, die Sache wieder in Ordnung zu bringen, einen anderen oder einen selbst in Schwierigkeiten bringen konnte. Margaret hatte ihre Aufgaben in Rekordzeit erledigt – wie gut, hätte sie nicht sagen können.
    Mit feuchten Handflächen klopfte sie dann an die Tür von Mr Hudsons Büro im Erdgeschoss, gleich hinter der Haupttreppe.
    »Herein«, hörte sie von drinnen und stieß daraufhin die Tür auf; dabei wischte sie ihre Hände schnell noch einmal an der Schürze trocken.
    Doch dann blieb sie zögernd stehen. Mrs Budgeon war ebenfalls da; sie saß vor dem Schreibtisch.
    »Was liegt an, Nora?«, fragte Mr Hudson.
    »Ich … es eilt nicht, Sir. Ich komme wieder, wenn Sie Zeit haben.«
    »Sie sind jetzt hier. Was ist los?«
    »Ich wollte … das heißt, ich muss Ihnen sagen, dass das mit der Vase nicht Bettys Schuld war. Es war meine Schuld. Ich habe sie erschreckt und …« Sie spürte Mrs Budgeons Blick und ließ den Kopf sinken. »Bitte, entlassen Sie sie nicht, weil ich einen Fehler gemacht habe.«
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«, fragte Mrs Budgeon.
    Margaret spürte, wie sie rot wurde, und wagte nicht, den Kopf zu heben. »Ich hatte Angst, Maʼam. Das war falsch von mir.«
    Wie verlegen sie war, während die beiden Augenpaare auf ihren gesenkten Kopf gerichtet waren! Sie riskierte einen Blick und sah, dass Mr Hudson sie beobachtete. »Gut, Nora. Wir hatten ohnehin schon beschlossen, Betty nicht zu entlassen, aber wir danken Ihnen, dass Sie es uns gesagt haben.«
    Erleichterung überflutete sie. »Danke, Sir.«
    Als Betty eine halbe Stunde später aus Mr Hudsons Büro auftauchte, rechnete Margaret damit, dass sie fröhlich und erleichtert sein würde, doch sie hielt den Kopf gesenkt und hatte die Lippen fest zusammengepresst.
    »Betty, was ist denn?« Sie folgte ihr zur Hintertreppe. »Du bist doch nicht entlassen, habe ich gehört.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht entlassen. Aber mein Lohn wird das nächste Vierteljahr gepfändet.«
    »Oh nein! Aber ich dachte …«
    »Ich glaube, es war Mrs Budgeons Entscheidung. Um mich zu ermahnen, in Zukunft vorsichtiger zu sein.«
    »Aber ich habe ihnen gesagt, dass es mein Fehler war.«
    »Das weiß ich. Mr Hudson hat es gesagt, und ich weiß es zu schätzen. Aber ich bin das Erste Hausmädchen, deshalb hatte ich die Verantwortung.«
    Margaret stöhnte. »Wirst du es schaffen?«
    Betty seufzte. »Es wird schon gehen. Aber mein …« Der Satz verklang unbeendet.
    »Dein was?«, bohrte Margaret.
    Betty hob ihr zitterndes Kinn. »Nichts; ich komme schon zurecht.«

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
11

    Ich bin immer noch »auf Stellungssuche« wie ein Dienstmädchen ohne Herrschaft. Ich habe vor Kurzem entdeckt, dass ich ein echtes Talent fürs Putzen, Reinigen von Herden, Abstauben, Bettenmachen und so weiter habe. Wenn also alles fehlschlägt, kann ich mich immer noch diesem Beruf zuwenden.
    Charlotte Brontë in einem Brief
an ihre Schwester Emily
    Am nächsten Tag kam Margaret rückwärts aus dem Wohnzimmer und zog gerade die Doppeltür hinter sich zu, als plötzlich Thomas, der Erste Lakai, praktisch aus dem Nichts auftauchte und sie neckisch in den Arm zwickte.
    »Hol mir ein bisschen Deutsche Politur, sei so lieb.«
    Margaret zögerte. Gehörte das auch zu ihren Pflichten?
    Thomas lächelte sie an. Er

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