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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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hatte sehr gute Zähne, wenn auch ziemlich lange. Und irgendetwas an den schimmernden Zähnen, den harten blauen Augen und dem dunklen Haar erinnerte sie an einen Wolf.
    Er gab ihr einen freundlichen Schubs. »Du weißt doch, wo der Destillierraum ist, oder?«
    »Natürlich.« Mit erhobenem Kinn drehte Margaret sich auf dem Absatz um und marschierte durch den Anrichtraum und über die Treppe ins Souterrain hinunter.
    Der Destillierraum. Erinnerungen an Lime Tree Lodge stiegen in ihr auf. Der gemütliche Raum, in dem ein fröhliches Feuer brannte und das Sonnenlicht durch die hohen Fenster auf schimmernde Kupferkessel und bunte Glasflaschen fiel. Mit eigenem Herd, Steinbackofen, Arbeitstisch, Waschbecken, Regalen mit Töpfen und Pastetenformen und Schränken mit Tee, Kaffee und mehr. Erfüllt mit dem Duft nach süßen und pikanten Gewürzen – Ingwer und Koriander, Nelken und Rosmarin. Wo an einem Tag Pasteten und Gebäck zubereitet und am nächsten Getränke destilliert wurden. Wo an einem Tag Essig, Sauerkonserven und Konfitüren, am anderen Seifen, Kosmetika und Arzneien hergestellt wurden.
    Ach, wenn sie an die Stunden dachte, die sie in Lime Tree Lodge bei Mrs Haines auf einem Stuhl gesessen, mit dem Kupfermesser Ingwerkekse geschnitten oder Kaffee gekocht hatte!
    Unten ging sie am Dienstbotenwohnzimmer, an der Küche und am Zimmer der Haushälterin vorbei. Der nächste Raum war der Destillierraum, die Domäne von Mrs Budgeon und dem Destillierraum-Mädchen, in dem diese ihre vielen Aufträge ausführte und Rezepturen braute.
    »Hallo Hester.« Margaret lächelte dem hübschen Mädchen mit den runden Wangen zu.
    »Hallo Nora.« Hester erwiderte ihr Lächeln und hob grüßend die Hand. »Was führt dich um diese Tageszeit nach unten in die Verliese?«
    »Der Lakai braucht etwas, das Deutsche Politur heißt.«
    »Ah ja. Und warum ist das dein Problem?«
    »Ich weiß nicht. Er hat mich gefragt, deshalb dachte ich, es gehört zu meinen Aufgaben.«
    »War es Thomas?«
    Margaret nickte.
    »Craig ist ein Lämmchen, aber hüte dich vor Thomas. Er mag sehr charmant sein, aber er ist auch stinkfaul. Bringt das neue Mädchen dazu, ihm seine Sachen zu holen!« Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht waren in deiner letzten Stellung die Hausmädchen für Möbelpolituren und Schuhwichsen und dergleichen verantwortlich; hier ist das jedenfalls die Aufgabe des Lakaien. Aber egal. Jetzt bist du hier und ich freue mich über jede Gelegenheit zu einem Schwätzchen.«
    Hester setzte ihre Arbeit fort. Sie war dabei, Rosenblätter in ein Gefäß mit Salz zu legen.
    »Äh … und hast du diese Politur?«, fragte Margaret.
    Hester blickte auf. »Du musst sie zubereiten, Kleine. Hast du das noch nie getan?«
    »Leider nicht.«
    »Ist weiter nichts dabei.« Hester wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und führte Margaret zu dem langen, niedrigen Kochherd, auf dem bereits mehrere Töpfe vor sich hin blubberten und simmerten. Sie holte einen irdenen Topf mit drei Füßchen und Griff.
    »Zuerst musst du ein Pfund gelbes Wachs und eine Unze schwarzes Harz in dieser Tüllenkanne schmelzen.« Hester nahm die genannten Ingredienzen aus mehreren Schubladen und Regalen. Sie legte das Wachs und das Harz in den Topf und gab Margaret einen Holzlöffel. »Wenn es geschmolzen ist, musst du zwei Unzen Terpentin zufügen. So ungefähr. Und dann gut umrühren.«
    Margaret rührte und als die Mischung geschmolzen war, fügte sie das Terpentin hinzu.
    »Das warʼs schon. Ich glaube, das war das Erste, was mich Mrs Budgeon gelehrt hat, als ich hierhergekommen bin. Damit ich dafür sorgen konnte, dass die Lakaien es richtig zubereiten.«
    Hester stellte das zugedeckte Gefäß in das Becken im Destillierraum, schüttelte es und kam wieder zum Herd. »Gießen wir es hier rein. Vorsichtig. Verbrenn dich nicht. Sag Thomas, er muss warten, bis es abgekühlt ist. Er weiß es zwar, aber manchmal mogelt er ganz gern, wenn er weiß, dass er damit durchkommt.«
    Margaret wollte das Gefäß nehmen, doch sie verbrannte sich die Hand und stellte es schnell wieder auf den Arbeitstisch.
    Hester schüttelte amüsiert den Kopf. »Deine Schürze, Kleine, deine Schürze.«
    Margaret nickte und hob das Gefäß wieder auf, doch diesmal schützte sie ihre Hand mit einem Zipfel ihrer Schürze. Sie war seltsam zufrieden mit sich, die kleine Aufgabe gemeistert zu haben, obwohl sie kaum mehr getan hatte als zu rühren.
    Thomas wartete im Wohnzimmer, als sie zurückkehrte, und

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