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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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die Fensterläden zurück und hörte, wie sich im Bett hinter ihr etwas rührte.
    »Wo ist Betty?«
    Margaret atmete tief durch, um sich zu beruhigen, und ermahnte sich selbst, auf keinen Fall zu vergessen, dass sie ihre Stimme verstellen musste. In gesellschaftlichem Rahmen hatte sie Helen Upchurch zwar seit zwei Jahren nicht mehr gesehen, aber sie musste trotzdem vorsichtig sein.
    »Ihr ist etwas dazwischengekommen, Miss. Sie hat mich gebeten, sie heute Morgen zu vertreten.«
    Helen betrachtete sie. »Du bist das neue Mädchen.«
    »Ja, Miss.« Margaret knickste, froh, einen Grund zu haben, den Kopf zu senken.
    »Wie heißt du?«
    »Nora, Miss. Nora Garret.«
    »Herzlich willkommen bei uns, Nora.« Helen lächelte sie schläfrig an.
    Mit dem freundlichen Lächeln auf den Lippen und dem offenen Haar, das ihr auf die Schultern fiel, sah Helen Upchurch sehr viel jünger und hübscher aus als sonst, sogar in dem abgetragenen, schmuck­losen Nachthemd.
    »Ich hoffe, mit Betty ist alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Oh, es ist nichts Ernstes. Wir hinken einfach mit unserer Arbeit ein bisschen hinterher, das ist alles.«
    »Ich hoffe, die Freizeit wegen meines Geburtstags hat keine Probleme verursacht …«
    »Nein, Miss, so habe ich es nicht gemeint. Das war sehr nett von Mr Upchurch und Ihnen, Maʼam.«
    »Das freut mich zu hören. Haben Sie alle den Nachmittag genossen?«
    Margaret goss ein wenig heißes Wasser in die Schüssel und legte ein frisches Handtuch heraus. »Ja, Miss, sehr.« Ein wenig zu sehr , dachte sie, dann fragte sie: »Und hat Ihnen Ihr Abendessen geschmeckt?«
    »Oh ja. Monsieur Fournier hat sich wirklich selbst übertroffen. Es war ein köstliches Büfett und ein sehr schöner Abend. Nur …« Sie zögerte. »Ich hätte mir gewünscht, meine Brüder beide an diesem Abend bei mir zu haben.« Einen Augenblick sah Helen sehr traurig aus, doch dann hellte ihr Gesicht sich wieder auf. »Aber Lewis hatte dringende Geschäfte in der Stadt zu erledigen und konnte nicht bleiben. Er war selbst so enttäuscht deswegen!«
    »Das ist wirklich schade, Miss.«
    Während Helen sich wusch, ging Margaret in das Ankleidezimmer, öffnete den Schrank und begutachtete den Inhalt. Sie war überrascht über die geringe Auswahl. Viele Kleider waren schon seit Jahren völlig aus der Mode, noch viel mehr als Margarets eigene Sachen, seit Sterling ihre Ausgaben immer weiter eingeschränkt hatte.
    »Was möchten Sie denn heute anziehen, Miss?« Sie zog ein königsblaues Kleid heraus, in dem sie Miss Upchurch noch nie gesehen hatte. Es war wirklich schön.
    Helen seufzte. »Ich weiß auch nicht …«
    »Wenn ich darf, Miss … wie wäre es mit diesem schönen blauen Kleid?«
    Helen warf einen Blick herüber und ihr Mund öffnete sich unwillkürlich. Dann runzelte sie die Stirn. »Nicht dieses. Das trage ich nicht.«
    Warum behalten Sie es dann? , fragte Margaret sich, doch sie hütete sich, die Frage laut auszusprechen.
    »Das graue genügt völlig.«
    Das hatte sie schon an Miss Upchurch gesehen. Mehrmals.
    Margaret biss sich auf die Lippen und schüttelte das Kleid, um die Falten zu glätten. Dann nahm sie eine Kleiderbürste, mit der sie rasch mehrere Male über den Rock und die Ärmel fuhr. Sie half Helen in ein frisch gebügeltes Unterhemd und hielt ihr dann ein Korsett hin, allerdings eines ohne Stäbe. Wenigstens auf diesem Gebiet fühlte sie sich sicher, hatte sie doch ihrer Schwester früher oft geholfen. Helen steckte die Arme durch die Armöffnungen und wandte Margaret dann den Rücken zu. Sie war ganz eindeutig ebenso daran gewöhnt, dass man ihr beim Ankleiden half, wie Margaret früher. Wieder war sie erleichtert, der Frau nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
    »Nicht so eng, bitte.«
    »Tut mir leid, Miss«, murmelte Margaret, obwohl sie es schade fand. Mit ein wenig mehr Schnürung hätte Helen mit ihrer weiblichen Figur sehr attraktiv ausgesehen.
    Sie schnürte das Korsett, dann half sie ihr in einen Petticoat und Strümpfe und band die Bänder über Helens Knien. Schließlich streif te sie ihr das Kleid über.
    Zum Schluss setzte Helen sich auf einen kleinen Stuhl vor dem Frisiertisch und breitete ihre Röcke um sich herum aus. Sie nahm eine elegante Bürste und fing an, ihr langes braunes Haar zu bürsten, wobei sie sich im Spiegel betrachtete.
    Margaret hatte plötzlich heftiges Heimweh, nicht nach dem Haus der Bentons, sondern nach ihrer Schwester und ihrem Bruder, ja, sogar nach ihrer Mutter. Wie oft hatte

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