Die Magie des Falken
zurücksinken.
»König Olafr ist schwer zu greifen in seinem Rattennest«, brummte er. »Können ihn die Dänen da herauslocken?«
»Gewiss. Und mehr als das. Er ist in Jomsburg, und wenn er heraus will, so muss er an uns vorbeifahren. Wir werden ihn stellen«, sagte der Bote.
»Dann sei es. Richtet König Sveinn aus, dass Eirikr Jarl aus Norwegen noch in diesem Sommer zu ihm stoßen wird. König Olafr ist ein toter Mann.«
Der Bote nickte und machte auf dem Absatz kehrt. Die Axt blieb hinter ihm im Pfahl zurück.
Olafr Skotkonung war zögerlicher. Als sie zwei Wochen später in seiner Halle aufwarteten, bedurfte es größerer Überzeugungskraft. Gurun kam diesmal zu ihrem eigenen Unmut kaum zu Wort. Hingegen war es diesmal Kyrrispörr, der den König überzeugte. »Ich kenne die Magie der Finnen und jene der Norweger«, erklärte er. »Ich vermag auf den Schwingen des Falken zu reisen und ferne Dinge zu sehen. Ich habe gesehen, wie Ihr das Schlachtfeld als Sieger verlassen habt. Aber bedenkt – ein Orakel ist niemals Gewissheit.«
»Und wenn ich König Sveins Ansinnen abschlage?«
Kyrrispörr holte zwei weiße Möweneier hervor. »Diese sind das Zeichen für Euer Leben.«
Der König nahm die Eier und wog sie unschlüssig in seiner Hand.
»Nehmt nun jedes, haltet sie nacheinander vor Euere Lippen und sprecht zum einen Kämpfen und zum anderen Zögern.«
»Kämpfen«, sagte der König. Er beäugte das Ei, als könne es jeden Augenblick in Flammen aufgehen.
»So sei es. Gebt her.«
Kaum dass er es entgegengenommen hatte, warf Kyrrispörr es in die Luft, dass es an einem Dachbalken zerschellte. Kyrrispörrs Hand schnellte hoch, als ob er die Schalen auffangen wollte, und als er seine Faust öffnete, lag darin eine schwere Goldmünze.
»Dies wird der Lohn für Euren Mut sein«, stellte Kyrrispörr fest und reichte dem verblüfften König das Gold. »Doch nun zeigt, was die Götter sagen würden, wenn Ihr zögert.«
Der König nahm das zweite Ei vor den Mund und sagte: »Zögern.« Seine Stimme klang unsicher. Kyrrispörr nahm ihm das Ei ab, stieß einen Schrei aus, als habe er sich an glühendem Eisen verbrannt, und eine Wolke aus Ruß hüllte ihn ein. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schüttelte er die geschwärzten Eierschalen von seiner Hand.
»Das ist das Urteil der Götter«, ächzte er, während er immer noch seine Hand rieb.
»König Sveinn wäre es eine Ehre, an Eurer Seite zu kämpfen, dem berühmten Schwedenkönig«, hakte der Bote nach, nachdem sie sich von dem Schrecken erholt hatten.
»Ich werde morgen entscheiden«, verkündete Olafr Skotkonung. Seine Stimme hatte jede Sicherheit verloren.
Am nächsten Morgen verkündete der König seine Entscheidung. Es roch eigentümlich in der Halle, und nur Kyrrispörr kannte die Ursache dafür. Eyvinds magische Sämereien hatten ihre Wirkung getan.
»Ich habe übel geträumt. Mir war, als schwebe ich durch die Dunkelheit. Mir träumte von Dingen, die ich nie zuvor geschaut. Da war ein Ei, das ich nicht zertreten wollte, und daraus kroch ein Lindwurm hervor, der die Welt verschlungen hat. Und dann ist ein Rabe Oins selbst zu mir gekommen, aber er hatte einen Schnabel und Klauen, scharf wie die eines Falken, und verkündete mir, ich solle kämpfen.«
Er machte eine Pause. Nach einer Weile fuhr er fort:
»Richtet also dem König der Dänen aus, dass ihm mein Schwert sicher sein wird. König Olafr wird fallen.«
Olafr Tryggvason war immer noch in Jomsburg. Sveinr hatte Jarl Sigvalde zu ihm gesandt, damit er nicht zu früh aufbrach und ihnen in die Falle ging. Derweil belegte die Flotte des Dänenkönigs die meisten Liegeplätze in Heiabýr. Während er in der Hochburg residierte, bereiteten sich seine Mannen auf den Kampf vor. Noch galt es, sich in Geduld zu üben: Eirikr Jarl lag mit seinen Schiffen zwar im Verborgenen bereit, aber Olafr Skotkonung war noch nicht eingetroffen. Kyrrispörr prüfte mit Hvelp und Halfdan das Schiff, ließ die Männer ihre Äxte nachschleifen und einen Vorrat an reichlich Pfeilen an Bord schaffen. Er ahnte, dass Jarl Sigvalde alle Hände voll damit zu tun haben würde, Olaf Tryggvason gegenüber Sveins wahre Absichten zu verschleiern, denn zweifellos würde Olafr von der Flotte in Heiabýr erfahren.
Æringa sah, dass sie Kyrrispörr nicht von seinen Plänen abbringen konnte, am Kriegszug teilzunehmen.
»Dann stell dich in den Dienst des Christen Sveinn Tjúguskeggs«, beharrte sie daher, »aber bitte, zieh
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