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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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denen Kyrrispörr gar nichts wusste. »Und er ist enger Vertrauter Tryggvasons gewesen. Du warst bei dem Festmahl dabei. Also hat dein Vater dich die Kunst des Sei gelehrt?«
    Kyrrispörr nickte. Er spürte die prüfenden Blicke der Anwesenden auf sich lasten. Wenn er sich nur nicht immer noch so fürchterlich zerschlagen fühlen würde …
    »Bist du bereit, an meiner Seite und an der meiner Getreuen den Tod deines Vaters zu rächen, und sei es mit deinem eigenen Leben?«
    Abermals nickte Kyrrispörr. Ruhig zu sitzen, begann ihm schwerer und schwerer zu fallen.
    »Gut! Dein Wort gilt. Aber wie ich sehe, bedarfst du der Erholung. Morgen werden wir die Titlingsiedlung erreichen. Dort wirst du deine Kräfte wiederfinden. Ich danke dir.«
    Damit war Kyrrispörr entlassen. Nur mit Mühe gelang es ihm, aufrecht aus dem Zelt zu treten. Im Weggehen hörte er Jarnskegge sagen:
    »Eyvindr, das ist fast noch ein Knabe. Er ist noch nicht einmal mannbar gemacht worden.«
    Eyvinds letzte Worte, die Kyrrispörr vernahm, ehe er außer Hörweite kam, waren merkwürdig:
    »Er mag noch keine Frau beglückt haben, aber er hat einen eisernen Willen und zäh ist er, das sage ich. Die Ehre der Mannbarkeit werden wir ihm bald …«
    Und damit fiel Kyrrispörr Æringa in die Arme, denn wäre sie ihm nicht entgegengeeilt und hätte rasch zugegriffen, hätten seine Knie vor Erschöpfung unter ihm nachgegeben. Schwarze und rote Flecken zerplatzten vor Kyrrispörrs Augen, und allein Æringas angenehmer Nähe mochte es zu verdanken sein, dass er nicht die Besinnung verlor.
     
    Eyvindr hatte gleich nach seiner Ankunft in Titling Boten mit Þingzeichen in alle Richtungen gesandt, die von Dorf zu Dorf eilten und die Seimenn ganz Norwegens zusammenrufen sollten. Titlingr war ein Dörflein, das durch ständige Erbteilung ganz verschachtelt war – hier hatte ein Onkel, dort ein Bruder, gegenüber ein Neffe ein Haus hingebaut, kleine Hütten neben den zwei großen Langhäusern der beiden Sippen, und alles recht eng beieinander, weil Titlingr in einem schmalen Tal lag. Zwischen den Zäunen schlängelten sich die Wege.
    Nach den ersten Tagen Ruhe unter mütterlicher Zuwendung durch Æringa hatte Kyrrispörr sich leidlich erholt. Am Morgen, als er sich wieder ohne Mühe auf den Beinen halten konnte, war er gleich von dem Schwertmeister Orm Hrolofson in Beschlag genommen worden.
    »Die Waffen, die du beherrschst?«
    »Den Bogen und das Messer«, gab Kyrrispörr zur Antwort. »Ein wenig wohl auch Axt und Speer.«
    Ormr Hrolofson befühlte Kyrrispörrs Oberarme.
    »Speere wie die Schweden und Äxte wie die Angelsachsen«, brummte er. »Wie steht es mit dem Schwert?«
    »Geübt hab ich damit, aber nie eins besessen«, gab Kyrrispörr zur Antwort. Schwerter waren kostbare Waffen.
    »Zeig, was du kannst. – Feilanr!« Ein Jüngling mit blondem Schopf, der ihm wie bei Kyrrispörr bis auf die Schultern reichte, kam herbei und richtete fragend seine blauen Augen auf Orm. Kyrrispörr schenkte er nur einen flüchtigen Blick.
    »Hol zwei Schilde und Knüppel. Kyrrispörr hier wünscht zu kämpfen.«
    Feilanr nickte und holte das Gewünschte. Kyrrispörr wog den Rundschild in der Linken, als sie sich gegenüberstellten und ihre Positionen einnahmen. Er maß seinen Gegner. Feilanr war um einiges größer als er, also würde er Kopf und Rücken als Ziel wählen, über Kyrrispörrs Deckung hinweg. Zugleich stand der Junge aber so tief, dass Kyrrispörr seine Beine nicht ohne Weiteres erreichen konnte. Ein gefährlicher Gegner. Er griff auch nicht an, sondern lauerte darauf, dass Kyrrispörr selbst aus der Deckung kam.
    Eine Weile umkreisten sie sich. Schließlich stieß Kyrrispörr den Schild vor, täuschte einen Schlag an und zog sich sogleich zurück, gerade noch rechtzeitig: Feilans Knüppel zischte durch die Luft, wo eben noch Kyrrispörrs Schwertarm gewesen war. Der Schlamm spritzte unter ihren Füßen, als sie wieder festen Stand suchten. Nun griff Feilanr an, ebenfalls nur mit Finten, um das Können seines Gegners besser einschätzen zu können. Kyrrispörr atmete heftig und starrte in das blaue Augenpaar. Es erinnerte ihn an damals – und Kyrrispörr sah sich zurückversetzt in eine Zeit von vor drei Jahren, als er zum ersten Mal gegen Hvelp genauso gekämpft hatte wie sie jetzt. Während Hvelpr einen lebensfrohen Blick in seinen grünen Augen hatte und eher den Eindruck eines Sonnenaufgangs unter seinem massigen Haar erweckte, wirkte Feilanr nur

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