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Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)

Titel: Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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der Zü tat es ihr gleich, um sie besser zu hören. Grigán spannte seine Muskeln an wie ein Panther, der sich zum Sprung bereit macht.
    »Wir beide wissen«, sagte sie in vertraulichem Tonfall, »dass die Boten bisweilen als gewöhnliche Mörder missbraucht werden. Manche Auftraggeber scheren sich nicht um Zuïa, ihr Urteil oder die Gerechtigkeit.«
    Der Priester antwortete nicht: eine schweigende Zustimmung und Aufforderung an Corenn, weiterzusprechen. Mehr hatte sie nicht zu hoffen gewagt.
    »Es ist offensichtlich, dass dies auch in unserem Fall zutrifft. Der Mann, der vorgibt, im Namen der Göttin zu sprechen und uns die Boten auf den Hals hetzt, führt Euch hinters Licht. Er glaubt nicht an Zuïa.«
    »Er hat den Judikatoren von Lus’an ein Opfer gebracht«, antwortete der Mörder. »Das ist Beweis genug für seinen Glauben an die Göttin.«
    Corenns Herz machte einen Hüpfer. Unwissentlich hatte der Zü ihr soeben etwas Wichtiges verraten. Ein Mann. Ihr Feind war ein Mann.
    Sie schwieg eine ganze Weile und musterte den Zü ernst. Dann zog sie ihr Ass aus dem Ärmel. »Auch wir würden Zuïa gern ein Opfer bringen.«
     
     
    Yan fixierte die bläulich schimmernde Muschel. Seit er die verhasste Münze durch den geliebten Gegenstand ausgetauscht hatte, hatte er wieder Spaß an der Übung.
    Wenn er sich auf die Muschel konzentrierte, dachte er an Léti, und an Léti zu denken, half ihm, sich zu konzentrieren. Allmählich schien er eine höhere geistige Stufe zu erreichen, so als wären seine Gedanken bislang in einer engen, finsteren Höhle eingesperrt gewesen und könnten sich nun auf einer weiten Ebene ausbreiten und dort anschwellen. Bei jedem Schritt über diese Ebene wurde sein Geist mächtiger.
    Natürlich geschah das nur in seiner Vorstellung. Aber Yan spürte, dass er Fortschritte machte. Manchmal kam es ihm vor, als schliefe er mit offenen Augen. Dann dachte er an nichts als die Muschel und die Kraft, die er brauchte, um sie zu Fall zu bringen. Wenn er aus diesem Zustand erwachte, war er zutiefst erschöpft. Sobald er wieder bei Kräften war, versenkte er sich erneut in das Bild von der Muschel.
    Während einer Ruhepause kamen ihm leise Zweifel. Das neue Bewusstsein, das er allmählich erlangte, ließ ihn innehalten. Warum wollte er die Prüfung eigentlich schaffen?
    Warum wollte er unbedingt Magier werden? Die Magie war eine sehr schwierige Disziplin, und ihre Anwendungsmöglichkeiten schienen begrenzt zu sein. Drei Tage seines Lebens hatte er damit verschwendet, eine Münze anzustarren.
    Warum reichte es ihm nicht zu wissen, dass es so etwas wie Magie gab und dass er sich ihr genähert hatte? Musste er tatsächlich kleine Gegenstände bewegen können, ohne sie zu berühren? Brauchte man eine solche Fähigkeit?
    Mit einem Mal begriff er, warum er zweifelte: Er stand kurz vor einer tief greifenden Veränderung, und diese Veränderung machte ihm Angst. Wenn er diesen Weg weiterging, würde es kein Zurück geben. Vielleicht würde er nie mehr umkehren wollen. Vielleicht würde er aber auch irgendwann bereuen, diesen Weg eingeschlagen zu haben.
    Doch als ihm klar wurde, wieso er Magier werden wollte, verflog seine Angst.
    Er wollte diese Fähigkeit entwickeln, weil er nur wenige Begabungen besaß, im Gegensatz zu Léti. Er wollte die Prüfung nicht für sich, sondern für sie bestehen.
    Mit neuem Mut vertiefte er sich in das Bild der Muschel, so wie er es sich selbst beigebracht hatte. Auf der Klippe hatte er bewiesen, dass er seinen Willen gebrauchen konnte. Er hatte das Unmögliche geschafft und ihnen beiden das Leben gerettet. Er versuchte, sich zu vergegenwärtigen, was er in jenem Augenblick gespürt hatte.
    Die Erinnerung stieg in ihm hoch, viel zu deutlich für seinen Geschmack. Das angstverzerrte Gesicht seiner Freundin. Die Felsen im Meer vierzig Schritte unter ihm. Seine Hilflosigkeit.
    Er war zu ihr hingerannt und hatte erst ein Bein, dann das andere und schließlich den ganzen Körper über den Klippenrand geschoben. Er hatte sich an die Felswand geklammert und sein Leben aufs Spiel gesetzt.
    Doch er konnte nichts tun.
    Nichts, nur abwarten, bis die Kraft in seinem Arm nachließ und er in die Tiefe stürzte.
    Er biss die Zähne zusammen und zog, zog immer weiter. Er nahm nichts mehr wahr außer Létis Hand in der seinen und seinen Willen, sie zu sich hochzuziehen.
    Plötzlich war es wieder da. Er spürte die Kraft, die er entfesselt hatte. Hier und jetzt.
    Das Blut hämmerte in seinen Schläfen,

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