Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
eindrangen, desto weniger Menschen begegneten ihnen. Um nicht ertappt zu werden, vergrößerte der Zü den Abstand zwischen sich und Corenn. Zähneknirschend ließen sich auch Léti und Rey zurückfallen und wandten den Blick nicht vom Rücken des Priesters ab.
Als Großstadtbewohner waren die Lorelier an Seltsamkeiten gewöhnt, und so beachteten sie die Gefährten nicht weiter. Zudem schreckte der Anblick eines Paars, das von zwei Züu und einer jungen Frau mit mordlüsternem Blick verfolgt wurde, eventuelle Schaulustige ab.
Bald gelangten sie zum vereinbarten Treffpunkt, der Barbier-Enfel-Straße. Grigán und Corenn bogen in die Sackgasse ein, zur offenkundigen Verblüffung des Mörders, der ihnen trotzdem folgte. Léti und Rey gingen ihm nach.
Die Straße war nicht immer eine Sackgasse gewesen. Bevor das Osttor der alten Stadtmauer zugemauert wurde, pulsierte hier das Leben. Nun gab es keine Maultreiber oder Fuhrmänner mehr, und die meisten Läden standen leer. Die Straße lag im Schatten der mehrstöckigen Häuser zu beiden Seiten, und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen.
Als sie das Ende der Straße erreicht hatten, drehten Corenn und Grigán sich um. Der Zü versteckte sich hastig hinter einer großen Säule an einer Fassade. Bei dieser Gelegenheit erblickte er Rey und Léti.
Die Verkleidung des Schauspielers ließ ihn einen Augenblick zögern. Im ersten Moment glaubte er, Rey sei zu seiner Verstärkung gekommen. Doch dann besann er sich eines Besseren. Die junge Frau, die ihn aus zehn Schritten Entfernung mit einem Messer bedrohte, war ganz gewiss keine Verbündete.
»Hört auf, uns zu folgen«, sagte Corenn und ging auf ihn zu. »Kehrt um.«
Der Zü beobachtete die vier Fremden, die ihn umzingelten. Er starrte ihnen nacheinander in die Augen, da er nicht wusste, was er nun tun sollte. Seine Mission war gescheitert - zum ersten und damit auch zum letzten Mal.
»Kehrt um«, wiederholte die Ratsfrau. »Wir tun Euch nichts. Léti, lass ihn durch.«
Rey war einen Schritt zur Seite getreten, um dem Mörder Platz zu machen, doch Léti rührte sich nicht. Sie streckte dem Zü ihr Messer entgegen. Noch vor zwei Monden wäre ihr diese Geste lächerlich vorgekommen, doch jetzt war sie ihr in Fleisch und Blut übergegangen.
»Lass ihn durch, Léti«, befahl Grigán.
Sie schien aus einem Traum zu erwachen und trat drei Schritte zur Seite, ohne den Mörder aus den Augen zu lassen. Sie erwiderte seinen mordlüsternen Blick. Léti hatte keine Angst mehr.
Der Zü auch nicht. Er hatte versagt und musste Buße tun.
Vier Feinde umzingelten ihn. Er musste sie alle töten.
Langsam bewegte er sich auf den Ausgang der Sackgasse zu, so wie es die Ungläubigen von ihm erwarteten. Dann stürzte er sich auf die junge Frau und zückte seinen Dolch.
Etwas schlug neben ihm gegen die Wand, und instinktiv wandte er den Kopf. Gleich darauf spürte er etwas Kaltes an seiner Kehle. Als er sich mit den Händen an den Hals griff, fühlte er einen warmen Strom, den er vergeblich einzudämmen versuchte. Er brach zusammen und erstickte langsam an seinem eigenen Blut.
Angewidert verfolgte Léti den Todeskampf des Mannes. Gleich als er den ersten Schritt auf sie zugekommen war, hatte sie gewusst, was er im Sinn hatte. Sie war auf den Angriff vorbereitet gewesen.
Rey hatte rasch reagiert, doch er warf seinen Dolch zu schnell und verfehlte sein Ziel. Léti sah, wie der Mörder auf sie zustürzte und dann den Kopf zu Seite wandte. Sie machte eine rasche Bewegung mit ihrer Klinge und hinterließ einen dunklen Schnitt auf dem Hals des Mörders.
Das Blut, das aus der klaffenden Wunde schoss, bildete bereits eine Pfütze, doch der Mann stöhnte immer noch und verzog das Gesicht in Todesqualen. Léti wandte sich ab und musste würgen. Dann erbrach sie sich auf die Straße.
Corenn setzte sich in Bewegung und führte die Gefährten zum Ausgang der Sackgasse. Kurz darauf folgte Grigán den anderen. Das Stöhnen war verstummt.
»Wir müssen schnellstens hier weg«, sagte er und schob das Schwert zurück in die Scheide. »Auch wenn niemand die Züu mag, will ich mich nicht mit der Miliz herumschlagen. Schwierigkeiten haben wir schon genug.«
Den ganzen Rückweg über weinte Léti an Reys Schulter.
Vor Raji konnten sie nicht frei sprechen. Der Schmuggler hatte ungeduldig in Bellecs Herberge auf sie gewartet. Seine Hauptsorge galt seinem Geschäft, und er würde keine Ruhe finden, solange diese Leute in seinen Keller
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