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Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)

Titel: Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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protestierte Adémir, der König von Far. »Ihr könnt ihm den Thron nicht geben!«
    »Die Krone Junins macht ihn zu einem Edelmann«, entgegnete Séhane mit bestechender Logik.
    »Wie könnt Ihr so etwas tun?«, empörte sich Adémir. »Junin in die Hände eines Bettlers zu geben! Das werde ich nicht zulassen!«
    »Die Abkommen geben Euch nicht das Recht, Euch in die Angelegenheiten meines Königreichs einzumischen«, sagte Séhane schneidend. »Als Herrscher eines anderen Fürstentums müsst Ihr Euch meiner Entscheidung beugen oder die Kleinen Fürstentümer verlassen.«
    Der König sah sich auf der Suche nach Unterstützung im Saal um. Mehrere Fürsten schienen bereit, sich seiner Rebellion anzuschließen. Ein kleiner Funke würde reichen, um das Pulverfass in die Luft zu jagen.
    »Lasst uns einen Seher befragen!«, rief Adémir. »Wenn die Götter Perbas wohlgesinnt sind, werde ich mich Eurer Entscheidung beugen.«
    Er sagte nicht, was er andernfalls tun würde. Alles verlief nach Plan. Corenn konzentrierte sich. Sie wusste noch nicht, worin ihre Aufgabe bestehen würde, aber sie war bereit.
    Der König von Far gab jemandem aus seinem Gefolge ein Zeichen, und eine alte Frau trat in die Mitte des Saals. Ihre Haut war runzelig, und sie war kahlköpfig, was ihr das Aussehen einer Birne aus Wastilien verlieh - einer überreifen Birne. Verlegen grüßte sie die Anwesenden und zog vier Elfenbeinsteine aus einem kleinen Lederbeutel, der mit mystischen Zeichen verziert war.
    Wahrsagerei mit itharischen Würfeln. Sehr gut. Das wird ein Kinderspiel, dachte Corenn.
    Die Seherin kniete sich hin und murmelte Beschwörungsformeln, um die Aufmerksamkeit der Götter auf sich zu lenken. Mit einer erstaunlich geschmeidigen Bewegung nahm sie die vier Würfel zwischen beide Daumen und wartete auf eine Frage.
    »Ist es der Wille der Götter, dass Perbas den Thron von Junin besteigt?«, fragte der König von Far.
    Die Frage war geschickt gestellt. Die Würfel zeigten nur sehr selten ein eindeutiges Ja. Meistens war die Antwort uneindeutig und eine Frage der Auslegung. Und die Seherin würde alles tun, um sich bei ihrem Herrn beliebt zu machen.
    Mit einer ruckartigen Bewegung warf sie die Würfel, und die kleinen Elfenbeinsteine rollten über den Boden. So schnell hatte Corenn ihren Willen noch nie auf ein Ziel gerichtet. Es gelang ihr, zwei der Würfel aufzurichten, ohne dass jemand etwas bemerkte.
    »Zwei Zwillinge und ein Dreieck«, verkündete der König von Galen, nachdem er sich über die Würfel gebeugt hatte. »Die Götter geben ihr Einverständnis.«
    »Aber es ist das Dreieck des Feuers«, wandte Adémir ein. »Die Dämonen sind einverstanden. Außerdem zeigt der Würfel der Erde den Wind an. Die Entscheidung ist folglich nicht endgültig. Wir müssen uns Zeit lassen.«
    Corenn konnte nicht fassen, dass sich die Fürsten bei politischen Entscheidungen nach den Würfeln richteten. Doch niemand schien die Fähigkeiten der Seherin infrage zu stellen. Schließlich bat König Adémir sie um ihre Auslegung.
    Die alte Frau rührte sich nicht. Auf ihrem Gesicht erschien ein seltsamer Ausdruck, so als versuchte sie vergeblich, eine Grimasse zu unterdrücken. Ihre Lippen öffneten sich, und ein dünner Speichelfaden lief ihr aus dem Mundwinkel. Ihrer Kehle entrang sich ein Stöhnen.
    Die Umstehenden wichen zurück, während Corenn zu der Frau eilte, um ihr zu helfen. Sie schüttelte die Seherin und versetzte ihr sogar eine Ohrfeige, doch die Alte blieb regungslos.
    Plötzlich packte sie Corenns Schultern mit verblüffender Kraft, näherte das Gesicht dem ihren bis auf wenige Zoll und starrte ihr in die Augen. Dann sprach die Seherin, doch nicht mit ihrer eigenen Stimme. Aus ihrem Mund erklang die Stimme eines vom Alter erschöpften und vom Hass verzehrten Mannes.
    »Die Erben werden sterben«, stieß sie hervor. »Schon bald. Ihr werdet alle sterben …«
    Bei den letzten Worten überschlug sich ihre Stimme und bekam einen irren Klang. Dann stöhnte die Frau auf. Zwei Männer kamen Corenn zur Hilfe, da es ihr nicht gelang, sich aus dem Klammergriff der Alten zu befreien. Sie brachten die Seherin, die den Verstand verloren hatte, in ein Nebenzimmer.
    »Was meinte sie bloß?«, flüsterten die Fürsten. »Séhane hat keine Kinder. Geht es um Perbas? Aber warum sprach sie dann von ›den Erben‹?«
    Allen Anwesenden war die Szene unheimlich, selbst denen, die sie für ihre Zwecke nutzen konnten.
    Corenns Schreck war am größten, denn

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