Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
er Léti geliehen hatte. Grigán untersuchte die Waffe besorgt, fand aber nichts an ihr auszusetzen: Sie war ein kostbares Werk der Schmiedekunst. Rey wich Corenns missbilligendem Blick aus.
Als Nächstes nahm Léti das kleine Pferd in die Hand, das Bowbaq für sie geschnitzt hatte. Es war ein hübsches Spielzeug, und sie dankte ihm herzlich. Doch er erklärte verlegen, das sei nicht das eigentliche Geschenk. Es stehe nur für ein Versprechen. Er würde ein Tier ihrer Wahl für sie zähmen. Die junge Frau wusste, was für eine langwierige und schwere Aufgabe so etwas war, selbst für einen Erjak. Das Band der Freundschaft, das er zwischen ihr und dem Tier knüpfen würde, wäre unzertrennlich. Es war ein wundervolles Geschenk.
Corenn überreichte ihr ein dickes Buch mit verziertem Ledereinband. Léti blätterte neugierig darin, aber es enthielt nur wenige Zeichnungen. »Es ist wunderschön, Tante Corenn. Aber ich kann doch nicht lesen …«
»Dann bitte Yan, es dir beizubringen! Ich bin sicher, dass dir das Buch gefallen wird.«
Léti nickte lächelnd. Nun hatte sie gleich zwei gute Gründe, lesen zu lernen. Corenn hatte das Geschenk mit Bedacht gewählt. Auf dem einen oder anderen Weg erreichte sie immer ihr Ziel.
Nun öffnete Léti den schweren Sack aus grobem Leinen, den Grigán vor ihr abgestellt hatte. Sie stieß einen Freudenschrei aus, als sie darin eine schwarze Lederkluft fand. Sie sah genauso aus wie Grigáns, nur dass sie nicht vom jahrelangen Tragen abgewetzt und an mehreren Stellen ausgebessert war. Er hatte die Überraschung von langer Hand vorbereitet und eine der Schneiderinnen des Schlosses gebeten, Létis Maße zu schätzen. Dann hatte er die Lederkluft bei einem Gerber in der Stadt in Auftrag gegeben.
An einigen Stellen hatte der Handwerker das Leder mit Metall verstärkt, und die Nähte waren dreifach vernäht, was ihre Widerstandsfähigkeit erhöhte. Léti konnte dem Drang nicht widerstehen, die Kluft sofort anzuprobieren. Ohne viel Federlesens zog sie sie über ihre Kleider.
»Jetzt bist du eine richtige Kriegerin«, sagte Yan.
»Sie sieht aus wie Eure Tochter, Grigán«, sagte Rey. »War das vielleicht Absicht?«
»Ich wollte ihr einfach etwas Nützliches schenken«, sagte Grigán abwehrend.
Trotzdem errötete er bis über beide Ohren. Noch nie hatten die Erben ihn so verlegen erlebt.
Léti dankte ihm wortreich und wandte sich schließlich dem Geschenk zu, das sie sich bis zum Ende aufgehoben hatte: Yans.
Sie zitterte leicht, als sie den Stoff aufknotete, in den ein kleiner Gegenstand eingewickelt war. Seit ihrem Gespräch mit Corenn verstanden Léti und Yan sich wieder besser. Doch der junge Mann war immer noch seltsam verschlossen. Am Tag der Versprechen hatten sie sich gestritten, und er hatte es anscheinend nie bereut. Er war ihr Freund, aber war er wirklich nur das?
In dem Stoff lag eine Halskette mit zarten Gliedern und einem Anhänger: ein blank polierter Opal, in den ein kleines Stück goldfarbenes Papier eingeschlossen war.
»Die Kette ist aus echtem Silber«, warf Rey ein. »Yan würde das niemals zugeben, also muss ich das übernehmen!«
Léti dankte Yan mit einem Kuss auf die Wange, der ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb. Sie hatte zwei Fragen. »Wie hast du das Papier in den Opal hineinbekommen?«
»Äh … Mit etwas Magie«, antwortete er verlegen.
Zum ersten Mal zeigte Yan jemand anderem außer Corenn seine Fähigkeiten. Selbst sie hatte nichts von dem Geschenk gewusst.
Corenn nickte bewundernd. Obwohl er noch ganz am Anfang seiner Ausbildung stand, war Yan bereits zu erstaunlichen Dingen fähig.
Sie wurden durch das Eintreten Crépels unterbrochen. Wenn der Haushofmeister es wagte, Séhane zu stören, musste es um etwas Wichtiges gehen. »Majestät. Eine Maz aus Mestebien bittet Euch um eine Audienz. Ich glaube, es ist die Person, auf die Ihr wartet.«
In heller Aufregung scharten sich alle um Crépel. Sie wollten die Frau so schnell wie möglich treffen.
Léti kam nicht mehr dazu, die zweite Frage zu stellen. Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass es vielleicht besser so war.
In ihren Träumen malte sie sich oft aus, was auf dem Goldpapier in dem Anhänger geschrieben stand.
Séhane empfing die Besucherin in jenem Saal, in dem sich die Abgesandten, die das Abenteuer auf Ji überlebt hatten, im Jahr nach ihrer Rückkehr zum ersten Mal versammelt hatten: Arkane von Junin, Tiramis und Yon aus Kaul, Maz Achem aus Ith, Reyan der Ältere, Rafa
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