Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
zu ihnen spricht.«
Selten hatten Reys Alarmglocken so laut geschrillt. Er wusste instinktiv, dass er in eine Falle lief. Aber da er nicht sagen konnte, woher die Gefahr drohte, schob er mit der Spitze seines Messers sachte die Tür auf.
Plötzlich wurde sie von innen aufgerissen, und ein Wächter mit erhobener Lowa erschien im Türrahmen. Das Zü-Gewand brachte ihn einen Augenblick lang aus der Fassung. Rey nutzte sein Zögern und stieß ihm das Messer in die Kehle. Blut besudelte seinen Arm, während der Tote langsam zu Boden glitt.
»Sehr gut!«, rief der Junge und klatschte in die Hände. »Wie schnell du reagiert hast! Er hatte keine Chance!«
»Halt die Klappe«, befahl Rey. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Er stieg über die Leiche des Wallatten und betrat einen Raum, der tatsächlich ein Privatgemach zu sein schien. Mehrere fünfarmige Kerzenleuchter erhellten das Zimmer, das im Gegensatz zu dem Rest des Palastes alles andere als schmucklos war: Wohin er auch blickte, sah er Seidentücher, Teppiche, Kissen und prunkvoll bestickte Decken. Doch ihm stand nicht der Sinn danach, sich in Ruhe umzusehen. Inmitten dieser verschwenderischen Pracht lag ein Körper, auf den sich Rey mit einem mörderischen Funkeln in den Augen stürzte.
Saat. Er musste es sein. Die ausgemergelten Glieder und das bis zur Unkenntlichkeit zerfurchte, eingefallene Gesicht konnten nur einem Mann gehören, der seit fast zweihundert Jahren auf der Welt war. Der letzte Gesandte der Insel Ji. Ein Untoter. Ein grauenerregender Hexer, hingestreckt auf einem Bett, das viermal so groß war wie ein gewöhnliches Ruhelager.
Dennoch war Rey nicht so feige, ihn im Schlaf zu erstechen. Er rüttelte ihn an der Schulter und kämpfte dabei gegen den Ekel an, den ihm die unnatürlich eisige Haut einflößte. Aber als er Schritte in dem Flur hörte, durch den er gekommen war, wog die drohende Gefahr schwerer als seine Skrupel. Mit angewidertem Gesicht stieß er dem Greis das Messer ins Herz und stürzte hinaus.
Der Junge war immer noch da. Er stellte sich ihm in den Weg und stemmte die Fäuste in die Hüften. Hinter ihm kamen mehrere Dutzend bewaffnete Männer herangestürmt.
»Du heißt in Wirklichkeit gar nicht Raji, stimmt’s?«, sagte er triumphierend. »Wohl eher de Kercyan. Dein Vorfahr hatte die gleiche dumme Visage wie du.«
Mit einem Wutschrei sprang Rey dem Verräter an die Kehle. Zum zweiten Mal in dieser Nacht las er Angst in den Augen des Hexers, doch leider rissen ihn die Wachen zurück, bevor er seinem Feind etwas antun konnte. Er wehrte sich erbittert, bis er sich erschöpft geschlagen geben musste. Sie hatten ihn. Alles war verloren.
»Du Schlingel!«, spottete der Knirps und trat ihm gegen das Bein.
Dann sackte der besessene Junge plötzlich in sich zusammen, als hätte jemand die Luft aus ihm herausgelassen. Rey, der sich immer noch keuchend und mit den Haaren im Gesicht im Griff vierer Männer wand, versuchte zu begreifen, was vor sich ging. In diesem Moment erlebte er die nächste Überraschung.
»Einen Mann feige im Schlaf zu überfallen«, sagte eine höhnische Stimme hinter ihm. »Wie niederträchtig. Und das als Erbe eines Herzogs. Fast möchte man meinen, dass Euch ein Dämon beherrscht.«
Der Griff der wallattischen Wachen war so fest, dass Rey den Kopf nur mit Mühe dem Sprecher zuwenden konnte. Der Anblick ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Die Mumie, in der er den hohen Dyarchen erkannt hatte, war aus ihrem Gemach getreten, um sich dem Eindringling in ihrer ganzen Hässlichkeit zu zeigen. Das Blut, das in Strömen aus ihrer Wunde schoss, schien sie nicht zu stören.
Saat blickte ihn triumphierend, ja frohlockend an, doch aus seinen Augen blitzten Hass und Wahnsinn. »Durchsucht ihn«, befahl er. »Ich will wissen, wie er sich gegen meine Magie schützt.«
Obwohl sich Rey heftig wehrte, nahmen ihm die Gladoren die Waffen ab und leerten sein Bündel.
»Das da«, sagte Saat und zeigte auf den Dara-Stein. »Bringt mir das.«
Einer der Männer tat wie geheißen. Der Hexer riss das Gwel gierig an sich, roch daran und streichelte es, als wäre es ein kostbarer Schatz. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Gefangenen, und Rey spürte, wie er von seinem Geist Besitz ergriff.
»Ich wusste es!«, flüsterte der hohe Dyarch so entzückt, dass sich sein Gesicht zu einer Fratze verzog. »Keiner von Euch ist der Erzfeind!«
Rey versuchte noch einmal,
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